Interview mit Frank Dornseifer, BAI

VC Magazin: Welche Erwartungen stellen die Investoren?
Dornseifer:
Neben einem guten Produkt erwarten deutsche Investoren zudem, dass sich Anbieter mit der anlegerspezifischen Regulierung auseinandersetzen. Wer also über kein Know-how zu Anlageverordnung & Co. verfügt, hat bei entsprechenden Investoren einen schweren Stand. Bei traditionellen Anlagen ist das kein Thema. Bei alternativen Investmentkonzepten hingegen ist es ein Muss. Gerade deshalb wird gerade ja auch so intensiv über die Einführung einer Infrastrukturquote in der Anlageverordnung diskutiert. Investoren wollen wissen, in welcher Quote und unter welchen Voraussetzungen sie bestimmte Assets erwerben können.

VC Magazin: Gibt es für die steigende Nachfrage überhaupt ein ausreichend attraktives und vielfältiges Angebot?
Dornseifer:
Die Nachfrage steigt stetig, aber das Angebot ist tatsächlich begrenzt bzw. muss noch entwickelt werden. Wind- und Solarparks sind aus meiner Sicht eher eine Ausnahme, hier sind einige Anbieter schon recht weit. Insgesamt ist der Markt aber noch unterentwickelt – gerade in Deutschland. Zu lange hat man hierzulande bei Infrastrukturinvestitionen auch auf Public Private Partnerships gesetzt, die sich nicht als Königsweg erwiesen haben. Die internationalen Anbieter wiederum, die auf den deutschen Markt treten, haben Projekte auf der ganzen Welt im Portfolio und aus ganz unterschiedlichen Segmenten. Da ist z.B. auch schon einmal eine Meerwasserentsalzungsanlage in Australien dabei. Wer in Infrastruktur investiert, muss also global oder zumindest europäisch denken.

VC Magazin: Wie wirkt sich die Situation auf das Pricing aus?‘
Dornseifer: Es besteht derzeit durchaus ein Kampf um die besten Anlagemöglichkeiten, was auch zu teilweise hohen Preisen führt. Es ist eine Herausforderung, das richtige Angebot und den richtigen Einstiegszeitpunkt für sich zu finden. In einigen Jahren werden wir sehen, wie sich das Angebot weiterentwickelt. In Deutschland dürften die Bereiche erneuerbare Energien, Geothermie und Biomasse am stärksten ausgebaut werden. Dort allerdings, wo noch staatliche Strukturen dominieren, wie etwa bei Verkehr und sozialer Infrastruktur, fallen Prognosen eher zurückhaltend aus.

VC Magazin: Eine Schwierigkeit für Investoren und Anbieter stellt immer wieder die Bewertung von Infrastrukturprojekten dar. Was gilt hier als Best Practice?
Dornseifer: Es ist aus meiner Sicht derzeit noch zu früh, um von echter Best Practice sprechen zu können. Standards für die Bewertung illiquider bzw. nicht börsengehandelter Assets wurden in der Vergangenheit z.B. in den Bereichen Immobilien und Private Equity entwickelt, auf die nun auch bei Infrastrukturanlagen zurückgegriffen wird. Nach dem Kapitalanlagegesetzbuch KAGB, das seit dem 22. Juli gilt, ist bei Sachwerten jedenfalls je nach Anlagegattung ein Ertragswert- oder ein Substanzwertverfahren anzuwenden. Ausschlaggebend ist, ob eine Kapitalisierung der Netto-Erträge möglich ist oder nur auf die Herstellungs- bzw. Wiederbeschaffungskosten zurückgegriffen werden kann. Alternativ zur Ertragswertmethode kann auch ein Discounted Cashflow-Verfahren angewendet werden, was sich meines Erachtens am Ende auch als Best Practice etablieren könnte. Die zukunftsgerichtete Wertberechnung unter Berücksichtigung des Cashflows wird ja bereits heute bei Projektfinanzierungen fast durchgängig angewendet. Da das Anlagesegment Infrastruktur aber alles andere als heterogen ist, bleibt es abzuwarten, welches Bewertungsverfahren letztlich zum Einsatz kommt bzw. welche Modifikationen vorgenommen werden. Im Bereich erneuerbare Energien sind z.B. Parameter wie Einspeisevergütung, Stromertragsdaten/Leistungskennlinien usw. relevant, die für andere Infrastruktursegmente keine Rolle spielen. Mit anderen Worten: Beim Thema Bewertung gilt Taylormade statt One size fits all. Wichtig ist jetzt, dass die Praxis Unterstützung aus der Wissenschaft bei diesem wichtigen Thema bekommt. Auch diesen Prozess wird der BAI unterstützen.

VC Magazin: Wie werden sich die Regulierungsbestimmungen von Solvency II und AIFM auf die Bereitschaft von Investoren auswirken, in Infrastruktur zu investieren?
Dornseifer: Die AIFM-Richtlinie und das deutsche KAGB bieten nur den Rahmen für alternative Investmentfonds. Der Investor erhält die Sicherheit, dass die Anlage risikodiversifiziert und insolvenzfest ist, dass der Manager von der Bafin reguliert wird, dass geprüfte Bilanzen vorliegen und so weiter. Das alles hilft aber nur wenig, solange z.B. das Versicherungsaufsichtsrecht nicht klarstellt, welche regulatorischen Anforderungen für die Investoren gelten und wie hoch am Ende die Eigenkapitalanforderungen unter Solvency II sind, um nur zwei Punkte herauszugreifen. Im bisherigen Regulierungsprozess wurden einige Besonderheiten von Infrastrukturanlagen nicht hinreichend berücksichtigt. Dies hatte der BAI schon im Jahr 2010 angemahnt. Nach derzeitigem Stand dürfte es zu hohen Eigenmittelanforderungen kommen, was am Ende kontraproduktiv ist. Es gibt viele offene Punkte, die Investoren verunsichern und von Anlagen bislang abhalten. Die Politik widerspricht sich hier selbst: Einerseits fordert sie mehr private Investitionen beispielsweise in Stromnetze, soziale Infrastruktur oder Verkehr. Andererseits schafft sie keine adäquaten Bedingungen dafür. Ein Beispiel ist die notwendige Änderung der Anlageverordnung, die leider in die nächste Legislaturperiode verschoben wurde.

VC Magazin: Danke für das Gespräch, Herr Dornseifer.

Zum Gesprächspartner:
Frank Dornseifer
ist Geschäftsführer beim Bundesverband Alternative Investments e.V. Der Verband vertritt die Interessen von mehr als 130 national und international agierenden Mitgliedern, die alle Bereiche des professionellen Alternative Investments-Geschäfts repräsentieren

BAI-Questionnaire
Der Questionnaire des BAI zu Infrastrukturinvestments kann angefordert werden unter http://vc-mag.de/BAIQ