Interview mit Ramin Amirsehhi, Amirsehhi Intelectual Property Law

VC Magazin:Wieso ist ein internationaler Patentschutz für deutsche Start-ups wichtig und welche Herausforderungen gibt es?

Amirsehhi: Gut ausgearbeitete Rechte des geistigen Eigentums (IP) sind oft die Voraussetzung für eine erfolgreiche Internationalisierung. Damit ein deutsches Unternehmen eine Option zum Verkauf oder zur Herstellung seiner Innovation in einem anderen Land bewahren kann, ist es oft notwendig, die Erfindung international zu patentieren. Darüber hinaus lässt sich der Erfolg einer Internationalisierung durch Partnerschaften mit größeren ausländischen Unternehmen fördern, die über Ressourcen und Fachwissen verfügen, was den Besitz von ausländischen Patenten bedingen kann. Das ist sogar noch wichtiger für Unternehmen, die noch kein Produkt auf dem Markt haben und die notwendigen Gelder für die Finanzierung ihres Programms aufbringen müssen. Geistiges Eigentum in Form von US-amerikanischen, europäischen und internationalen Patenten ist oft das wichtigste Gut dieser Unternehmen, bietet es doch das Potenzial einer positiven Auswirkung auf die Bewertung des Unternehmens im Bereich M&A, auf die Anziehungskraft auf Investoren sowie auf die Etablierung von Lizenzeinnahmen. Die Sicherung des Patentschutzes kann daher ebenso wichtig sein wie der Kauf von Ausrüstungsgegenständen, die Anmietung von Räumlichkeiten oder die Einstellung von Mitarbeitern. 

Deutsche Unternehmen, die internationalen Patentschutz erhalten möchten, sehen sich jedoch mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Ich nenne nur zwei: Erstens, die Uneinheitlichkeit des Patentrechts im Bereich der Biowissenschaft, insbesondere zwischen den USA und Europa. Der Umfang der Patentansprüche und ihre Zulässigkeit unterscheiden sich deutlich von Land zu Land, was den Prozess zusätzlich erschwert und die Unsicherheit über den erreichbaren Patentschutz erhöht. Zweitens, die mit Patentanmeldungen verbundenen Kosten. Die Kosten lassen sich in Amtsgebühren, Übersetzungskosten und Kosten für externe Berater aufteilen. Die gesamten US-Amtsgebühren sind niedriger als in den meisten anderen Ländern, beispielsweise in Europa. In den USA werden die Amtsgebühren für unabhängige Erfinder, kleine Unternehmen und Non-Profit-Organisationen durch die Statusbezeichnung „Small Entity“ um 50% reduziert. USPTO bietet zusätzlich ein Programm mit 75% Rabatt für kleinere „Micro Entities“. Im Hinblick auf die Anwaltskosten ist es ratsam, eine Patentanwaltskanzlei zu wählen, die bereit ist, mit Startups zu kooperieren und dennoch hochwertige Dienstleistungen zu erbringen. Einige IP-Kanzleien schieben beispielsweise ihre Rechnungen auf, bis das Startup Fördermittel erhält, andere übernehmen Anteile des Unternehmens oder akzeptieren eine Kombination aus Anteilen und Gebühren als Bezahlung. 

VC Magazin: Wie gut können Life Sciences Start-ups vor einem Patentantrag verschiedene Schritte ihrer Forschung schützen?

Amirsehhi: Kurz gesagt sind die ersten Schritte, die vor einer Patentanmeldung ergriffen werden müssen, erstens, die Forschung dokumentieren. Zweitens, Klarheit: Wer sind die Erfinder? War es ein gemeinsames Entwicklungsprogramm? Wer hat das Patent? Wurden staatliche Mittel verwendet oder universitäre Einrichtungen genutzt? Drittens, eine Erfindungsmeldung vorbereiten und ausfüllen, Viertens, in allen Schritten der Forschung Vertraulichkeit bewahren, formale Grundsätze für die Wahrung des Geschäftsgeheimnisses umsetzen, Vertraulichkeitsvereinbarungen vorbereiten und die Verträge der Mitarbeiter in dieser Hinsicht prüfen. Wenn beispielsweise Proben offengelegt oder aus irgendeinem Grund an einen Dritten gesendet werden, muss sichergestellt sein, dass eine Vertraulichkeitsvereinbarung mit diesem Dritten in Kraft ist. Schließlich empfiehlt es sich, vor jeglicher Art von Veröffentlichung oder Freigabe einen Patentanwalt zu konsultieren, selbst wenn bereits eine Patentanmeldung eingereicht wurde.

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview.

 

Zur Person: Ramin Ronny Amirsehhi ist Gründer und Geschäftsführer von Amirsehhi Intelectual Property Law. Der auf US- und europäisches Patentrecht spezialisierte Anwalt hat kürzlich mit seinem Team ein Büro im Innovations- und Gründungszentrum für Biotechnologie (IZB) in Martinsried bei München bezogen.