Vertriebscontrolling – Schlüssel zu Finanzkraft und Unabhängigkeit KMU

Vertriebscontrolling
Vertriebscontrolling – Schlüssel zu Finanzkraft und Unabhängigkeit KMU

Für alle Unternehmen, die unmittelbar vom Geldfluss abhängen, den ihre Kunden erzeugen, ist die Auftragsakquisition der Schlüssel für eine ausreichende Liquidität und Selbstfinanzierungskraft. Viele KMU unterschätzen jedoch die für einen stetigen Auftragseingang und damit gleichmäßigen Geldzufluss erforderliche Akquisitionsleistung. Insbesondere sind Unternehmen aus dem Investitionsgüterbereich anfällig, die mit langen Vertriebszyklen, kleinen Stückzahlen, hohen Auftragswerten und einem zeitlich schwer fassbaren Entscheidungsverhalten der Kunden konfrontiert sind.

Vertriebsschwäche – der größte Risikofaktor

Ohne Zweifel ist der Vertrieb der wichtigste und anspruchsvollste Bereich – denn genau hier, an der Schnittstelle zum Markt, fällt die Entscheidung über Erfolg oder Scheitern. Das Management trägt dieser Tatsache aber vielfach nicht ausreichend Rechnung. Es werden immer wieder die gleichen Fehler gemacht, die Unternehmen in Existenznot bringen:

Fatalismus gegenüber Marktgegebenheiten

Management und Vertrieb fühlen sich dem Markt schicksalhaft ausgeliefert: „Kunde XY hat wieder den Auftrag verschoben“ oder „der Markt befindet sich in einer kritischen Phase“ sind typische Ausreden. Hier gilt es, das charakteristische Markt- und Kundenverhalten zu verstehen – z.B. die Zeitskalen von Auf- und Abschwungphasen und die Zyklen zur Entwicklung der Kaufbereitschaft – und sich darauf einzustellen. Führt die branchentypische Konjunktur zu kritischen Umsatzschwankungen, ist das in der Regel ein untrügliches Zeichen für eine gefährlich schwache Kundenbasis.

Mangelndes Vertriebscontrolling

Häufig verkennen Unternehmen auch die akuten Gefahren, in die sie durch eine Vernachlässigung von Überwachung und Steuerung geraten. Nur ein wirksames Vertriebscontrolling ermöglicht eine auf die Zukunft ausgerichtete marktorientierte Unternehmensführung.

CRM
Viele KMU halten CRM-Systemen für verzichtbar. Zentrale Aufgabe eines CRM-Systems ist es, der Organisation alle relevanten Informationen über jeden Kunden und Interessenten zur Verfügung zu stellen. Nur mit Hilfe von CRM-Systemen gelingt es, sowohl die Bindung von Bestandskunden langfristig zu festigen als auch den teuren Prozess der Kundengewinnung effektiv zu gestalten. In den heutigen komplexen Märkten ist die zielgerichtete Entwicklung von Kundenbeziehungen ohne CRM-Unterstützung nicht mehr zu leisten. Das gilt auch schon für sehr kleine Unternehmen, die ihren Größennachteil zu einem schlagkräftigen Wettbewerbsvorteil machen müssen. Agilität in Verbindung mit einer vom Kunden als echter Wert geschätzten bedürfnisorientierten Kommunikation sind hier Schlüsselaspekte.

Zielvereinbarungen
Im Management fehlt vielfach auch das Bewusstsein für die Wichtigkeit systematischer Zielvereinbarungen, die auf jene Erfolgskriterien ausgerichtet sind, die die operativen und strategischen Ziele wie Umsatz, Umsatzrentabilität, Marktanteil, Wettbewerbsvorteil, Wachstum tragen. Vertriebe werden viel zu häufig „an langer Leine“ laufen gelassen. Die Folgen: nicht planbarer, leistungsschwacher Absatz, viele Chancen bleiben ungenutzt.

Fehlendes Verständnis für Akquisitionsprozesse

Als besonders kritisch aber erweist sich immer wieder ein mangelndes Verständnis für die Kundengewinnungsprozesse. Symptomatisch dafür ist, dass Vertriebsanstrengungen auf ein bestimmtes Periodenziel, z.B. den Jahresumsatz, ausgerichtet sind und nicht als permanente Aktivität verstanden werden. Ist die Fertigung ausgelastet, werden die Vertriebsaktivitäten häufig mit der Begründung gebremst, dass aus Kapazitätsgründen keine neuen Aufträge mehr angenommen werden können. Dieses Verhalten ist insbesondere bei längeren Vertriebszyklen fatal: Eine Verringerung der Vertriebsanstrengungen macht sich zunächst nicht bemerkbar. Unausweichlich kommt man aber dem selbst verursachten Auftragsloch näher, das, wenn es sich erst einmal abzeichnet, dann nicht mehr abzuwenden ist.

Welche Akquisitionsleistung ist tatsächlich erforderlich?

Die entscheidende Frage, wie viele Interessenten nun tatsächlich gewonnen und für den Vertriebsprozess qualifiziert werden müssen, um konkrete Planziele zuverlässig zu erreichen, können auch CRM-Systeme nicht beantworten. Dafür bedarf es ergänzender quantitativer Vertriebsplanungsmethoden.

Der Vertriebszyklus: Nur was messbar ist, kann auch gemanagt werden

Das Herz jedes CRM-Prozesses ist die Metrik zur Bewertung des Vertriebsfortschritts. Die objektive Statuseinschätzung eines jeden Kundenkontakts ist nicht nur für die Überprüfung des Akquisitionserfolgs wichtig, sondern ist auch für die gesamte Unternehmensplanung (Zielplanung, Auslastungsplanung, Ressourcenplanung) unabdingbar.

Wie wird der Vertriebszyklus messbar gemacht?

Voraussetzung für jede vertriebliche Leistungsbeurteilung ist die Definition der Vertriebszyklen. Durch Zuweisung von Bewertungskriterien zu jeder Zyklusphase entsteht ein interner Standard zur Qualifizierung aller Kundenbeziehungen und Messung des Vertriebsfortschritts. Damit kann jedem Kunden eine Abschlusswahrscheinlichkeit zugeordnet und ein belastbarer Vertriebsforecast abgeleitet werden

Welche Vertriebsleistung ist erforderlich?

Die Kenntnis der spezifischen Vertriebszyklen erlaubt nun die genaue Ermittlung, wie viele Kundenkontakte systematisch weiterentwickelt werden müssen, um die gesteckten Ziele tatsächlich zu erreichen. Eine 10%-Skala bedeutet zum Beispiel, dass der Vertrieb während des Verkaufszyklus mindestens zehn qualifizierte Interessenten systematisch bearbeiten muss, um einen Käufer zu gewinnen.

Beispiel

Ein Maschinenbauunternehmen plant mit einem Neukundengeschäft in Höhe von 9 Mio. EUR. Der Vertriebszyklus dauert im Mittel zehn Monate. Der Auftragseingang soll sich möglichst gleichmäßig auf die Kalendermonate verteilen, der Wert pro Auftrag liegt bei 250.000 EUR. Daraus folgt, dass pro Monat drei Vertriebszyklen zum Abschluss gebracht werden müssen:
Meinen_1

 

 

 

Werden die Vertriebszyklen nun mit einem Versatz von jeweils einem Monat gestapelt – es wird ja jeden Monat der gleiche Auftragseingang erwartet – und die Kundenkontakte monatsweise addiert, ergibt sich eine immer konstante Summe von 88.
Meinen_2

 

 

 

 

 

 

Die Berücksichtigung geschäftstypischer Risiken lässt die Anzahl auf über 200 ansteigen. Das heißt, der Vertrieb muss Monat für Monat mindestens 200 qualifizierte Kundenkontakte systematisch weiterentwickeln.

Welche Aussagekraft hat diese Zahl?

Die Anzahl der erforderlichen Kundenkontakte ist eine wichtige Kennzahl für die Absicherung der Geschäftsentwicklungsplanung und erlaubt die Beantwortung von Fragen wie:

  • Stehen genügend Vertriebskapazitäten zur Verfügung?
  • Wird im Marketing genug zur Akquisition von Interessenten unternommen?
  • Finden sich genügend Kunden in den Zielmärkten?
  • Muss der Marktanteil vergrößert werden?
  • Müssen neue Märkte gesucht werden?
  • Ist die Planung realistisch?

Quantitatives Vertriebscontrolling

Daraus können nun auch direkt die auf jeder Stufe des Vertriebszyklus erforderlichen SOLL-Kontaktzahlen als Zielvorgabewerte abgeleitet werden. Durch Vergleich mit den aktuellen IST-Zahlen entsteht ein quantitatives Controlling-Instrument, das Abweichungen von der erforderlichen Akquisitionsleistung bereits in ihrer Entstehung anzeigt und ein sofortiges Gegensteuern ermöglicht – bevor es zu Auftragseinbrüchen kommt.
Meinen_3

 

 

 

 

 

Fazit

Um auch unter sich verschärfenden Existenzbedingungen die Balance zu halten, kommen selbst kleine Unternehmen heute nicht mehr umhin, moderne Controlling- und Risikomanagementmethoden einzusetzen. Hält man sich die überragende existenzielle Stellung des Vertriebs vor Augen, wird deutlich, wo Maßnahmen zur vorausschauenden Unternehmenssteuerung vorrangig ansetzen müssen. Unabdingbar ist dabei immer ein auf die jeweiligen Unternehmensziele abgestimmter quantitativer Ansatz für Vertriebscontrolling und Risikomanagement, der die Verifikation der Geschäftsplanung, die exakte, quantifizierte Zielplanung, die präzise Überwachung und Steuerung der Akquisitions- und Vertriebsaktivitäten und ein weit vorausschauendes Risikomanagement auf Basis präziser quantitativer Prognosen ermöglicht.

 

Tomas Meinen, TMC Partners

Thomas Meinen ist Gründer und Inhaber der Managementberatung TMC Partners. TMC Partners wurde im Jahr 2000 gegründet und ist eine unabhängige, international tätige Unternehmensberatung mit Sitz in München, die auf Innovations- und Technologiemanagement, Strategien und Geschäftsentwicklung im Bereich Neue Technologien spezialisiert ist. Mit dem Thema Vertriebscontrolling hat sich Meinen u.a. in einem White Paper befasst, das man direkt bei TMC Partners erhalten oder über die Landing Page beziehen kann.