Case Study: Disruptor einer Schweizer Kernbranche

Neon Switzerland AG: Fintech mit großen Ambitionen

Case Study Neon AG: Disruptor einer Schweizer Branche

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Wer an die Schweiz denkt, dem fallen Berge, Schokolade, Uhren und Banken ein. Der alpenländische Finanzstandort gehört zu den traditionsreichsten der Welt. Die Schweizer Geldhäuser werben mit der politischen und wirtschaftlichen Stabilität des Landes, mussten sich aber auch jahrzehntelang den Vorwurf gefallen lassen, Geldwäscherei und Steuerflucht zu begünstigen. Für Innovationen und Digitalisierung standen die Schweizer Institute indes nicht. Doch es finden sich auch Fintechs in Helvetia – zum Beispiel neon. Das Start-up, das Jörg Sandrock, Simon Youssef, Julius Kirscheneder und Patric Ammann gegründet haben, will mit seiner Applikation „das Bankingverhalten der Schweizer sichtbar verändern“.

Mit der App können Nutzer ihre Ausgaben auf ihrem Konto im Blick behalten und Rechnungen bezahlen, mit der neon-Mastercard weltweit online gebührenfrei zahlen und an jedem Geldautomaten Bares ziehen. Damit kann neon mit den internationalen Neobanken Revolut und N26 mithalten. Integriert in die App sind alle in der Schweiz genutzten Zahlungssysteme. Mit spezifischen Schweizer Angeboten wie E-Bills (Onlinebezahlung eingegangener Rechnungen) oder Säule 3a (Schweizer private Altersvorsorge) will das Unternehmen den Swissness-Aspekt erhöhen. Weil neon keine Banklizenz besitzt, kooperiert die 18-Mitarbeiter-Company mit der Hypothekarbank Lenzburg, die sich auch um die Bankprozesse und Lizenz kümmert.

Unter dem Radar von Banken, nicht aber von Investoren

Neon zählt 13 Monate nach dem Start eigenen Angaben zufolge gut 25.000 Kunden in der Schweiz. Durchschnittlich wickelt jeder monatlich acht Transaktionen ab und bewegt damit rund 2.500 CHF. „Die Wettbewerbsintensität ist bei uns niedriger als in Deutschland“, konstatiert Sandrock. Die konventionelle Schweizer Bankenszene nehme neon zwar wahr – gezielte Reaktionen, etwa Umarmungs- oder Abwehrversuche, habe er aber noch nicht festgestellt: „Wir fliegen wohl noch etwas unterm Radar.“ Allerdings hätten verschiedene Jörg Sandrock, NeonInstitute Interesse am erfolgreichen Onboarding der jungen Challenger-Bank bekundet. Bei Investoren ist neon seit Längerem auf dem Schirm. Die Reihe der Wagnisfinanzierer, die sich an dem Aufsteiger beteiligt haben, reicht von der Zürcher Venture Capital-Gesellschaft BackBone Ventures über den Schweizer Medienkonzern TX Group (ehemals Tamedia), die Innovationsstiftung der Schwyzer Kantonalbank bis zu vier der fünf Protagonisten der Gründer-TV-Show „Die Höhle der Löwen Schweiz“ sowie mehreren Privatinvestoren. Die 5 Mio. CHF, die neon in der A-Finanzierungsrunde im vergangenen September eingesammelt hat, sollen in die Produktentwicklung einfließen.

Ausblick

Für Miklos Stanek von BackBone Ventures, der seit 2018 stolze 3 Mio. CHF in das Fintech investiert hat, gibt es drei Gründe, an neon zu glauben: „Ein kompetentes Team mit einer Miklos Stanek, Backbone Venturesaufrechten Kultur und ein klarer Business Case mit einer Positionierung in einem interessanten Zukunftsmarkt.“ Er lobt die Fähigkeit des Managements, „mit schlanken Strukturen und Kosten ein Produkt aufzubauen, das den Hauptbedürfnissen der Endkunden dient“. BackBone stelle seinen Portfoliofirmen neben frischem Kapital sein Netzwerk sowie strategische und technische Unterstützung zur Verfügung. Ins Steuer greife man seinen Zöglingen nicht, wenn man sehe, dass die ihre Ziele umsetzen: „Bei neon ist das der Fall.“ Stanek sieht in dem Zürcher Jungunternehmen das Potenzial, „sich in der Schweiz als ernst zu nehmende digitale Retail-Bank zu etablieren“. Das hofft auch Gründer Sandrock: „Wir wollen noch schneller stark wachsen, unsere App mit weiteren Bankprodukten und anderen Produkten ergänzen und unsere Belegschaft vor allem mit IT- und Customer Service-Mitarbeitern ausbauen.“