Businessplanwettbewerbe in Deutschland

Mehr als nur Pitches um Preisgelder

Businessplanwettbewerbe in Deutschland: Mehr als nur Pitches um Preisgelder
Businessplanwettbewerbe in Deutschland: Mehr als nur Pitches um Preisgelder

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Ob regional oder bundesweit, thematisch breit oder eng – Businessplanwettbewerbe bieten jungen und kreativen Köpfen die Chance, ihre Geschäftsidee zu präsentieren. Im Oktober starteten allerorts wieder die Ausschreibungen. Wer teilnehmen will, sollte sich jetzt in die Startlöcher begeben.

Dr. Nico Reichelmann, Businessplan.org

Wer bei einem der deutschlandweit mehr als 150 Businessplanwettbewerbe überzeugt, kann nicht nur attraktive Preisgelder gewinnen, sondern profitiert auch von Expertenwissen, Kontakten und Feedback. „Im Rahmen von Businessplanwettbewerben haben Gründerinnen und Gründer die Möglichkeit, die Tragfähigkeit ihrer Geschäftsidee, die Annahmen zu Zielgruppen, das Marktpotenzial und die konzeptionelle Umsetzung von Profis kritisch hinterfragen zu lassen“, sagt Nico Reichelmann, Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung Businessplan.org, die Start-ups und Mittelständler bei der Ausarbeitung professioneller Businesspläne unterstützt. Darüber hinaus können wichtige Kontakte geknüpft sowie Businesspartner, Finanzierungshilfen

Dr. Jan Evers, evers & jung

oder Investoren gefunden werden. Dieser Mehrwert ist dabei in aller Regel kostenlos. Meistens sind die Wettbewerbe regional oder überregional; primär nehmen an ihnen Unternehmen und Start-ups aus der jeweiligen Region teil. Zudem kann es einen thematischen Fokus geben, beispielsweise auf digitale Geschäftsmodelle, Healthcare-Themen oder auf Impact Solutions. Des Weiteren existieren nationale Businessplanwettbewerbe wie der Deutsche Gründerpreis oder die GreenTec Awards. „Gründer sollten sich zunächst fragen, worin ihre Ziele liegen, bevor sie sich für die Teilnahme an einem Businessplanwettbewerb entscheiden“, rät Dr. Jan Evers, Geschäftsführer der Digitalfirma evers & jung GmbH und einer der Köpfe hinter der von BMWi und KfW unterstützten Gründerplattform, auf der sich ein bankfertiger Businessplan softwaregestützt erstellen lässt.

Vom Wettbewerb zum Ökosystem

Madlen Dietrich, UVB

Businessplanwettbewerbe tragen zum Aufbau einer Gründerszene am Standort bei. Ein gutes Beispiel ist der 1995 gegründete und damit älteste seiner Art in Deutschland: der Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg (BPW), ein länderübergreifendes Gemeinschaftsprojekt der drei Organisatoren Investitionsbank Berlin (IBB), Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) und Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). „Als wir angefangen haben, gab es in Deutschland noch keine systematische Gründungsunterstützung. Wir haben das Thema etabliert, um ein Ökosystem wachsen zu lassen“, sagt Madlen Dietrich, Referatsleiterin Startup-Wirtschaft und Digitalisierung beim UVB. „Heute, nach 25 Jahren, ist das Ökosystem da und ist zu einem ganz wesentlichen Bestandteil der Wirtschaft in der Hauptstadtregion geworden.“ Mehr als 2.000 Unternehmen mit insgesamt über 15.000 Beschäftigten sind aus dem BPW entstanden, darunter Leuchttürme wie Babbel und Koawach. Der neunmonatige Wettbewerb ist in drei Phasen in Anlehnung an die Businessplanerstellung aufgeteilt: Die erste fokussiert die Idee und das Team, die zweite den Markt, die Kunden sowie den Wettbewerb und die dritte rechtliche wie auch finanzielle Fragen. Jede Phase schließt mit Pitches und einer feierlichen Prämierung ab.

Trend zu mehr Coaching- und Beratungsleistungen

An vielen Standorten werden mittlerweile verschiedenste Programme rund um die Businessplanwettbewerbe angeboten. Der Trend geht zu mehr Coaching- und Beratungsleistungen – weg von klassischen Preisgeldern. „Viele Programme bieten anschließend auch wichtige Infrastrukturen für Start-ups wie Co-Working Spaces und Mentorings an“, weiß Reichelmann. „Bei uns bildet der Wettbewerb nur eine von vier Säulen“, sagt Dietrich. Es geht um Gründungsunterstützung. Das fängt an bei Seminaren und Workshops über die Befähigung zur Businessplanerstellung und Beratungsangebote bis hin zum Netzwerk, das heißt der Möglichkeit, Investoren und Partner vor Ort zu treffen. „Wir nennen uns noch ‚Wettbewerb‘, aber wir sind ein großes Ökosystem rund um Gründung“, erläutert Dietrich.

Hannoveraner Startup-Impuls eingebettet in breites Portfolio

Doris Petersen, hannoverimpuls

Auch beim Hannoveraner Businessplanwettbewerb Startup-Impuls ist der Fokus inzwischen breiter. „Der Wettbewerb ist eingebunden in unser gesamtes Portfolio“, sagt Doris Petersen, Geschäftsführerin der hannoverimpuls GmbH. Dazu zählen die allgemeine und auch zielgruppenspezifische Gründungsberatung, diverse Veranstaltungsformate, ein Accelerator mit 100-tägigem Training, konkrete Fördermittelberatung sowie mögliche Investments durch die Fonds der Tochtergesellschaften. Der erste Startup-Impuls wurde 2003 durchgeführt, 2020 fand er zum 18. Mal statt. Das ursprüngliche Ziel war es, potenziellen Gründerinnen und Gründern am Standort für das Thema Selbstständigkeit zu sensibilisieren und zu motivieren. „Das ist heute natürlich auch noch der Fall“, sagt Petersen. „Erfreulicherweise hat sich aber das Start-up-Ökosystem insgesamt sehr gut entwickelt, es gibt viele gute Gründungsideen und auch insgesamt mehr Aufmerksamkeit für das Thema.“ Inzwischen gehe es auch darum, Hannover als Start-up-Standort in Szene zu setzen. Der Wettbewerb ist branchenunabhängig. Es gibt drei Kategorien: einen Hauptpreis für ein Team, den Sonderpreis „Hochschule und Wissenschaft“ und den Sonderpreis „Solo-Start“. Und auch die Nichtprämierten profitieren: Denn alle erhalten ein Pitchtraining, einen Image-Clip und ein Coaching-Paket. Beispiele für erfolgreiche Start-ups sind die Firmen Wingfield, mediaTest Digital und Graphmasters.

Thüringen setzt auf das regionale Innovationsprogramm Trip

Christiane Kilian, STIFT

In Thüringen entschloss man sich zu einem weitreichenden Schritt: Zwei der drei bisherigen Wettbewerbe, der Thüringer Gründungsideenwettbewerb und der Thüringer Strategiewettbewerb, wurden abgeschafft. Stattdessen setzt man hier auf das neue Thüringer Regionale Innovationsprogramm (Trip). „Es geht um Hightech. Da braucht es andere Produkte, nicht nur Wettbewerbe“, sagt Christiane Kilian von der Stiftung für Technologie, Innovation und Forschung Thüringen und Projektleitung von ThEx innovativ. „Durch das Trip-Programm können wir Gründerinnen und Gründern eine bessere, kanalisierte Begleitung bieten. Mit diesem Tool können die Start-ups auf das nächste Level kommen und Kooperationen mit Hidden Champions schließen.“ Im Fokus stehen fortan die Themen „Investment Readiness“ und „Open Innovation“. Im Rahmen der sechsmonatigen Förderung mit Expertise, Workshops und Budget sowie Vernetzung mit Investoren, KMU, Innovatoren und Corporates geht es um Finanzierungsstrategien, das richtige Geschäftsmodell und gute Investor Relations. „Diese Themen können wir mit den Ressourcen, die wir sonst in die Wettbewerbe gesteckt haben, viel intensiver mit den Start-ups durcharbeiten“, sagt Kilian. Für Sichtbarkeit sollen künftig noch die Investor Days Thüringen, der ThEx Award des Thüringer Wirtschaftsministeriums und andere Veranstaltungen sorgen.

Fazit

Wer gründen will und eine Starthilfe dafür benötigt, steht einem riesigen Angebot an Instrumenten und Maßnahmen zur Gründungsförderung gegenüber. Angesichts dieser unüberschaubaren Vielfalt ist es wichtig, sich vorab über die eigenen Ziele klar zu werden und genau zu entscheiden, wohin man mit seiner Geschäftsidee will. Businessplanwettbewerbe sind nicht das einzige, aber ein sehr effektives Tool, das durch eine öffentlichkeitswirksame Präsentation unter anderem Sichtbarkeit garantiert. Nur wer den Markt und die Zielgruppen genau analysiert hat, kann die Entscheidung treffen, welche Form der Unterstützung die richtige für ihn ist – regional oder überregional, branchenspezifisch oder thematisch breit. Bei den Businessplanwettbewerben selbst zeichnet sich indes eine Entwicklung hin zu einer breiteren Herangehensweise an die Förderung ab, indem es hier nicht mehr nur um die Bereitstellung von Preisgeldern geht, sondern zunehmend mehr Beratungs- und Coachingleistungen mitangeboten werden.