Interview mit Carsten Rudolph, BayStartUp

„Gezielte Internationalisierung ist der nächste wichtige Schritt“

BayStartUp ist eine wichtige Anlaufstelle für bayerische Gründer auf Kapitalsuche. Geschäftsführer Dr. Carsten Rudolph blickt auf die Gründer- und Venture Capital-Szene in Bayern und blickt auf die New Work nach der Corona-Pandemie.

VC Magazin: Heute gibt es deutlich mehr Serial Entrepreneurs und Investoren in Start-ups als vor fünf oder zehn Jahren. Wie weit sind wir bei der Etablierung einer Gründungs- und Venture Capital-Kultur?

Rudolph: Die Situation ist in der Tat deutlich besser als noch vor einigen Jahren. Ich denke, die frühen Phasen der Start-up-Entwicklungen decken wir durch eine hohe Zahl an Business Angels in Deutschland – die übrigens zunehmend erfolgreiche Start-up-Gründer waren oder sind – und mehr und mehr an Seed- und A-Runden orientierte Venture Capi­talisten gut ab. Dies gilt mittlerweile ebenfalls stark für den Deeptechbereich, auch Hardware-Start-ups haben sehr gute Chancen auf eine ­erste Finanzierung – und das bei steigenden Bewertungen.

VC Magazin: An welchen Stellen besteht weiterer Optimierungsbedarf?

Rudolph: Eine Wagniskapitalkultur braucht ja einen Kreislauf des Geldes – da fehlt es noch. Viele der großen Finanzierungsrunden, die wir aktuell sehen, kommen aus dem Ausland, und dann passieren auch Trade Sales oftmals international. Aus der Perspektive des einzelnen Start-ups ist es grundsätzlich egal bis nützlich, wenn sie international Geld aufnehmen. Für den Wirtschaftsstandort und das Gründer-Ökosystem in Deutschland hat das aber zur Folge, dass Risikogelder, die bei einem Exit an die Investoren ausbezahlt werden, zu einem großen Teil auch ins Ausland fließen. Diese Gelder setzen Investoren ja auch ein, um in weitere Start-ups oder spätere Phasen zu investieren – und ob das dann deutsche Technologien deutscher Gründerinnen und Gründer sind, ist nicht gesichert. Nur ein funktionierender Kreislauf wird nach meiner Überzeugung langfristig auch zu mehr verfügbarem Venture Capital in allen Phasen führen.

VC Magazin: Bayern mit dem Hotspot München ist einer der deut­schen Vorzeigestandorte rund um Gründung und Finanzierung. Was sind die nächsten Entwicklungsschritte für das bayerische Ökosystem?

Rudolph: Ich bin überzeugt, dass eine gezielte Internationali­sierung der nächste wichtige Schritt ist. Damit meine ich die Zusammenarbeit mit ähnlich gelagerten Standorten in den für die unternehmerische Entwicklung der Start-ups interessanten Weltregionen – und das gilt dann in beide Richtungen. München und andere bayerische Regionen sind ja auch die idealen Plätze, um den deutschen oder europäischen Markt zu bearbeiten, gera­de im Bereich der Industriekunden.

VC Magazin: Inwieweit werden die Folgen von Corona und Homeoffice neue Hotspots in den Regionen entstehen lassen?

Rudolph: Ich glaube nicht, dass es dadurch lauter neue Hotspots geben wird, aber dass die Bedeutung eines fixen Bürostand­orts sinken wird. Ein Hotspot würde ja bedeuten, dass es an ­einer Stelle besonders viele Start-ups gibt, aber durch die nun eingeübte Homeofficepraxis werden die notwendigen Aufenthalte für die Mitarbeiter seltener. Gerade für Start-ups hat das vielerlei Vorteile in Sachen Recruiting – und das gilt sowohl für Start-ups in den Regionen als auch in den Ballungsräumen. Das heißt nicht, dass die Bedeutung von Zusammenkünften abnehmen wird, vermutlich eher im Gegenteil, und dann vielleicht gezielter. Aber das bleibt abzuwarten, und auch wir sind gespannt auf die Entwicklungen.

VC Magazin: Welche Unternehmen aus dem süddeutschen Raum haben Sie in den letzten zwölf Monaten besonders beeindruckt?

Rudolph: Ich hebe ja ungern einzelne heraus, aber schon sehr gefreut hat mich die große Zahl an zweistelligen Finanzierungen, die wir in jüngerer Zeit bei den Start-ups sehen konnten, die auch in der Frühphase mal bei uns waren, wie parcelLab, Twaice, Amsilk oder auch tado. Nicht zu vergessen aber auch die zwei Börsengänge von Exasol und Via optronics aus Nürnberg, beide im Jahr 2020. Oder die prominente Rolle, die eine va-Q-tec bei den gekühlten Impfstofflieferung weltweit einnimmt. Es gibt viele Beispiele, die mich begeistert haben!

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview!

Dr. Carsten Rudolph
gestaltet seit 2009 als Geschäftsführer der BayStartUp GmbH die Entwicklung vom Wettbewerb zum heutigen Angebotsspektrum. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in Start-ups und Tech-Unter­nehmen, seine beruflichen Stationen ­waren in Unternehmen wie Microsoft, McKinsey & Co., Siemens AG, netzwerk nordbayern sowie einem Start-up im E-Health-Umfeld.