„Vor nicht allzu langer Zeit waren Startups und Investoren noch exotische Zukunftsvisionäre“

Interview mit Dr. Maximilian Flügge, Unternehmensberater

Dr. Maximilian Flügge, Unternehmensberater
Dr. Maximilian Flügge, Unternehmensberater

Bildnachweis: © Dr. Maximilian Flügge.

Als PR-Berater für Venture Capitalisten kennt Dr. Maximilian Flügge die Wünsche der Investoren. Im Interview berichtet er vom Wandel der Kommunikationsarbeit und welche Trends er aktuell in der Branche sieht.

VC-Magazin: Der VC-Markt ist kompetitiver denn je zuvor. Immer mehr Venture Capital-Fonds, Corporates, Family Offices und Angels buhlen um die Gunst der besten Startups. Wie wichtig ist PR für Investoren heute?
Flügge: Der Markt ist umkämpfter denn je, richtig. An allen Stellen ist zu spüren, dass immer mehr Geld zur Verfügung steht. Und damit stellt sich als Investor die Frage: Wie hebe ich mich im Wettbewerb ab? Was ist mein Mehrwert, mein Alleinstellungsmerkmal? Das lässt den Stellenwert von Kommunikation, insbesondere von PR-Aktivitäten, massiv anwachsen.

VC-Magazin: Was ist der zentrale Wunsch von Investoren?
Flügge: Grundsätzlich geht es darum, sichtbar und von Bedeutung zu sein. Im Fokus stehen da erstmal, ganz klar, Startups. Auf den zweiten Blick geht es jedoch auch um Mitarbeiter und Know-How, was man wiederum seinen Portfoliounternehmen zur Verfügung stellen kann, um sie zu unterstützen.

VC-Magazin: Stichwort Trends, welche Trendthemen beobachten Sie gerade in der Branche?
Flügge: Erst einmal sind das zwei Themen, die auch in fast allen anderen Sektoren mittlerweile eine große Rolle spielen. 1. Vielfalt: female entrepreneurship, female leadership etc. 2. Stichwort: Umwelt und Nachhaltigkeit. Nicht nur, dass die Technologiebranche sehr energieintensiv an sich ist, sondern insbesondere das Thema impact investing. Ich finde beide Trends insofern erwähnenswert, weil damit letztendlich auch klar wird, dass die Digitalbranche kein Nischendasein mehr fristet.
Das große Trendthema für die Digitalbranche selbst ist die starke Nachfrage nach Nähe zu Politik und Verbänden. Früher gab es maximal Fototermine mit einem Politiker oder Verbandspräsidenten am Kickertisch, heute sitzen Investoren als Know-how-Träger in Parlament und Ministerien mit am Verhandlungstisch und sind zu Beratern auf Augenhöhe geworden. Das gleiche gilt für Interessensvertretungen wie Verbände, da ändert sich gerade sehr viel. Vor nicht allzu langer Zeit hieß es aus der Digitalbranche: „Das Letzte, was uns hilft, ist der Kontakt zu einem Branchenverband. Es sei denn, wir gründen einen eigenen.“ Heute wissen wir: man hat dazu gelernt.

VC-Magazin: Wie hat sich die Kommunikation von Investoren und Start-ups in den letzten Jahren verändert?
Flügge: Der Branche kommt gesellschaftlich und volkswirtschaftlich eine immer größere Bedeutung zu. Vor nicht allzu langer Zeit waren Startups und Investoren noch exotische Zukunftsvisionäre, die von Teilen der Gesellschaft als freundliche Spinner abgetan wurden. Kein Wunder, dass die Digitalisierung an vielen Stellen verschlafen wurde. Das hat sich zum Glück geändert.

VC-Magazin: Elon Musk, Investor und Unternehmer, gilt als enfant terrible und wird häufig als idealer PR- und Medienstrategie stilisiert. Stimmen Sie zu? Gibt es vergleichbare Extreme in Deutschland und Europa?
Flügge: Ich teile diese Beobachtung nicht. Viele Investoren und insbesondere Gründer sagen mir: „Machen wir es doch so wie Elon Musk.“ Mal abgesehen davon, dass ich kein Patentrezept daraus ableiten kann, halte ich es auch für wenig empfehlenswert. Alle Versuche, Elon Musk zu kopieren, enden im Desaster, so meine Beobachtung. Aber kürzlich hatte ich ein sehr offenes Gespräch mit einem Kunden, dem deutschen Ableger eines internationalen Fonds, der mir sagte: „Ich bin hier nur für die Inszenierung zuständig, die Investmententscheidung werden in der Zentrale getroffen – und da macht das übernimmt das mittlerweile ein Algorithmus.“

VC-Magazin: Interner PR-Mitarbeiter oder externe Agentur. Wo liegen Vor- und Nachteile?
Flügge: Da bin ich als externer Berater selbstredend etwas befangen. Wenn man von Grund auf startet bzw. neu in einen Markt geht, lohnt sich insbesondere der Blick von außen einer erfahrenen Person. Ab einer gewissen Größe kommt eine Organisation nicht ohne interne PR-Mitarbeiter aus. Aber auch da bin ich ein großer Freund eines sehr konstruktiven Reibungswettbewerbs zwischen intern und extern, da kommt man zu den besten kreativen Lösungen.

Zum Interviewpartner:
Dr. Maximilian Flügge berät Unternehmen und Institutionen im In- und Ausland. Bevor er sich als Kommunikationsberater selbstständig machte, war er Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten, später Lobbyist und Unternehmensberater.
Weitere Informationen unter: www.fluegge.io