„Unser Ziel ist, innovative Ideen in Niedersachsen zu halten“

Interview mit Dr. Ulf Meier und Stephen Struwe-Ramoth, NBank Capital

Dr. Ulf Meier, Stephen Struwe-Ramoth, NBank Capital
Dr. Ulf Meier, Stephen Struwe-Ramoth, NBank Capital

Bildnachweis: © NBank Capital.

Die NBank Capital unterstützt Niedersachsens Gründer und Jungunternehmen mit Kapital bei der Realisierung ihrer Pläne und Ziele. Dass die Start-ups in vielfältigen Branchen unterwegs sind, zeigt das Portfolio der Beteilligungsgesellschaft.

VC Magazin: Ihr Beteiligungsarm gilt als feste Größe für Start-ups in Niedersachsen. Was zeichnet Niedersachsen als Start-up-Standort aus?
Dr. Meier: Die Anziehungskraft von Niedersachsen für junge Unternehmer hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Neben vielen attraktiven Standorten wie Hannover, Oldenburg, Braunschweig und Göttingen bietet das Flächenland Niedersachsen auch viel Raum für Produktionsstätten in den ländlicheren Regionen. Zudem liegt ein Fokus der Landesregierung auf der Gewinnung von Start-ups, wodurch die bereits umfängliche Förderlandschaft weiter ausgebaut werden soll. Hierzu hat das Land einen Aktionsplan aufgesetzt, der elf sehr unterschiedliche Handlungsfelder umfasst. Dazu zählen: unternehmerisches Denken und Handeln in der Bildungslandschaft stärken, mehr Gründungen aus der Wissenschaft, Potenzial von Gründerinnen erkennen und heben, Start-ups durch Coaching in der frühen Phase unterstützen, passende Finanzierungsangebote für alle Phasen, Niedersachsen als Start-up-Standort sichtbar machen, Aufbau von Innovation Hubs, Start-ups im ländlichen Raum, Start-ups bei der Internationalisierung unterstützen, schlanke Verfahren – unkomplizierte Förderung, Ausbau etablierter Start-up-Strukturen. Mit diesem Aktionsplan ist ein Handlungsrahmen gesteckt, der alle Themen bedenkt und den Gründern in Niedersachsen vielerlei Optionen eröffnet.

VC Magazin: NBank Capital hat 50 Start-ups im Portfolio, allein im letzten Jahr sind Sie 25 neue Beteiligungen in Jungunternehmen eingegangen. Welche Branchen zählten zu Ihren Investitionsschwerpunkten?
Struwe-Ramoth: Die NBank Capital hat keinen Branchenfokus. Wir beteiligen uns daher in sehr unterschiedlichen Branchen. Von E-Commerce über Maschinenbau, Informations- und Kommunikationstechnik bis hin zu Medizintechnik haben wir alles im Portfolio. Im letzten Jahr lagen unsere Schwerpunkte bei Unternehmen, die in der Umwelttechnik und in den Life Sciences engagiert sind. Grundlage unserer Strategie ist es, möglichst keine wirtschaftliche und innovative Idee in Niedersachsen zu verlieren. Es geht darum, der niedersächsischen Wirtschaft möglichst viel Know-how aus dem Land heraus zur Verfügung zu stellen. Dabei verlieren wir natürlich nicht aus den Augen, ob eine Idee auch im Markt Erfolg haben kann. Wir fördern nicht alles. Obwohl wir nicht auf das letzte Prozent Rendite schauen, müssen wir schon vom Unternehmen, der Idee und dem Team überzeugt sein.

VC Magazin: Niedersachsen sticht laut Startup Monitor beim Gründerinnenanteil mit 20% positiv hervor und liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Was macht das Bundesland hier besser?
Dr. Meier: Die Zahl der Gründerinnen ist bundesweit sehr niedrig. Hier hebt sich Niedersachsen deutlich ab – auch wenn natürlich noch Luft nach oben ist. Gezielte Initiativen des Landes wie von startup.niedersachsen rücken Gründungen von Frauen in den Fokus: „Noch größer, noch stärker, noch weiblicher: So soll die Startup-Szene in Niedersachsen zukünftig aussehen.“ Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass bei NBank Capital im Vergleich zur Branche überproportional viele Beteiligungsmanagerinnen beschäftigt sind. In der Zwischenzeit sind 40% unserer Beteiligungsmanager Frauen. 

VC Magazin: Laut dem Niedersächsischen Wirtschaftsministerium fällt vielen Gründern die Wachstumsfinanzierung aufgrund mangelnder Venture Capitalisten vor Ort schwer. Was raten Sie den Jungunternehmen hier?
Dr. Meier: Ich empfehle, das angebotene Netzwerk von Start-up-Zentren oder Digital Hubs zu nutzen und die Start-up-Initiative des Landes sowie das umfangreiche Beratungsangebot in Anspruch zu nehmen. Auch möchte ich dabei auf die Beratung der NBank über Fördermöglichkeiten aufmerksam machen. Neben der Förderung mit Beteiligungskapital gibt es viele interessante Förderansätze und -initiativen, von denen Start-ups profitieren können.

VC Magazin: Mit 81 Mio. EUR sind Sie aktuell in insgesamt 89 Unternehmen investiert und haben dabei auch zahlreiche Firmen in der Pandemie unterstützt. Wie fällt nach zwei Jahren Corona-Krise Ihr Fazit aus?
Struwe-Ramoth: Eine Reihe an Unternehmen hat die Corona-Krise stark getroffen. Einige kämpfen noch heute mit den Auswirkungen. Zudem treten sie oft erst zeitversetzt ein. In den letzten beiden Jahren ist NBank Capital auch stärker gewachsen, weil viele private Investoren zurückhaltender agiert haben. Gleichzeitig war neues Kapital aber notwendig. Besonders die Förderung über den NVenture-Fonds der NBank Capital mit Mitteln der KfW konnte erfolgreich eingesetzt werden. Wir müssen uns darüber klar sein, dass wir uns in einer Ausnahmezeit befinden. Das Investitionsumfeld wie auch die normalen Gegebenheiten des Markts sind momentan andere als vor der Krise. 

VC Magazin: Auf den Mittelstand kommen mit dem Krieg in der Ukraine neue Herausforderungen hinsichtlich Absatz- und Produktionsstandorten sowie steigender Inflation zu. Inwiefern spüren Sie das bei Ihren Mittelständlern im Portfolio?
Struwe-Ramoth: Einige Punkte lassen sich hier benennen, wie etwa, dass gestiegene Rohstoffpreise momentan jeden treffen. Auch gestörte Lieferketten machen den Unternehmen arg zu schaffen. Russland, aber auch die Ukraine waren zudem beliebte Standorte für externe Entwickler und Programmierer. Auf diese Dienstleistungen kann im Moment kaum jemand zugreifen. Im Einzelfall wiegt der Verlust von Kunden oder Lieferanten besonders schwer. Die Angst vor Auswirkungen der Sanktionen oder auch Gegensanktionen ist überall spürbar.

VC Magazin: Welche Erwartungen haben Sie für die Venture Capital-Szene mit Blick auf die genannten Herausforderungen für dieses Jahr?
Dr. Meier: Der Ukrainekrieg und die damit verbundenen Folgen werden uns alle genauso beschäftigen wie Nachwirkungen der Corona-Pandemie. Die Unternehmen haben sich in der Pandemiezeit oftmals mit Investitionen zurückgehalten. Wir erwarten, dass aufgeschobene Investitionen nachgeholt werden, was aber in der gegenwärtigen Situation nicht einfach ist. Das führt zu einer größeren Nachfrage nach Beteiligungskapital. Gestiegene Zinsen werden die Unternehmen zusätzlich belasten. Für einige wird der Zugang zum Banken-Kapitalmarkt schwerer werden. Die Nachfrage nach Start-up-Finanzierungen wird einen weiteren Schub erhalten. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass viele Gründerinnen und Gründer die Chance erhalten, ihre Ideen und Visionen erfolgreich umzusetzen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Über die Interviewpartner:
Dr. Ulf Meier ist Mitglied des Vorstands und verantwortet in der NBank unter anderem das Beteiligungsmanagement sowie die NBank Capital GmbH, die als Tochtergesellschaft der NBank Beteiligungen an kleinen und mittelständischen Unternehmen und zunehmend auch an Start-ups übernimmt.
Stephen Struwe-Ramoth ist seit 2010 in der NBank tätig und durchlief im Vorfeld eine klassische Bankenausbildung. Er verantwortete in der NBank unter anderem die Standorte Lüneburg und Braunschweig. Seit 2017 ist er mit kurzer Unterbrechung Geschäftsführer der NBank Capital Beteiligungsgesellschaft mbH und der NBank Capital Verwaltungs GmbH, die geschäftsführend die Geschicke der Niedersachsen Beteiligungs GmbH und Co. KG leitet.