„Die Investoren machen ihr Portfolio krisenfest“

Interview mit Ulrike Hinrichs, Bundesverband Beteiligungskapital

Sommerinterview mit Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK
Sommerinterview mit Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK

Bildnachweis: (c) brutkasten/BVK.

Die Hochphase der Start-up-Investitionen hat bedingt durch die aktuellen Herausforderungen einen Dämpfer erhalten. Es ist Zeit für ein Fazit zum ersten Halbjahr und einen Blick nach vorn. In den Sommerinterviews erzählen Persönlichkeiten aus der Private Equity- und Venture Capital-Branche von Fundraising- und Investmenterfahrungen, schätzen den aktuellen Markt ein und berichten von ihren Erwartungen für das zweite Quartal.

VC Magazin: Die Venture Capital-Szene zeigt sich seit Beginn des Jahres deutlich zurückhaltender. Welche Stimmungen nehmen Sie in Ihrem Mitgliederkreis aktuell wahr?

Hinrichs: Die Stimmung auf dem Venture Capital-Markt ist durch die inflationsbedingte Ankündigung steigender Leitzinsen leider deutlich eingeknickt. Der Geschäftsklimaindikator ist nach unserem Investorenbarometer in Kooperation mit KfW, Deutsche Börse und Handelsblatt stark gefallen. Von 26,0 Zähler auf nun -18,5 Saldenpunkte. Zusätzlich ist mit dem großen Zinsschritt auch das Fundraisingklima bei Venture Capital-Fonds weiter eingebrochen, was zur Folge hat, dass die Bereitschaft zu Neuinvestitionen bei den Venture Capital-Investoren sinkt. Nach einer laut Marktteilnehmern „ausgedehnten Sommerpause“ ist im dritten Quartal mit einer weiter spürbar abgeschwächten Investitionstätigkeit zu rechnen.

VC Magazin: Sie sind kürzlich zur Vorsitzenden im Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“ von Bundeswirtschaftsminister Habeck ernannt worden. Welche Pläne und Ziele verfolgen Sie in Ihrer neuen Funktion?

Hinrichs: Zusammen mit meiner Co-Vorsitzenden Katharina Jünger sowie den anderen Beiratsmitgliedern wollen wir den Dialog zwischen der Digital- und Gründerszene mit der Politik, besonders mit Herrn Bundesminister Habeck gestalten. Im Fokus steht dabei vor allem die Start-up Strategie der Bundesregierung. Darüber hinaus möchte ich mir vor allem für Gründerinnen und die Beschleunigung der Digitalisierung unserer Wirtschaft stark machen.

VC Magazin: Sie hatten kürzlich Ihren Antrittsbesuch bei Finanzminister Lindner. Welche Punkte hatten Sie für die Branche auf der Agenda, welche Themen konnten Sie anbringen?

Hinrichs: Der Minister hat ein sehr offenes Gespräch mit uns geführt. Dabei war auch Staatsekretärin Prof. Dr. Sabine Hölscher zugegen. Sie ist zuständig für die steuerlichen Themen des Ministeriums. Wir konnten also unsere Anliegen gut diskutieren und sind insbesondere auf die steuerlichen Rahmenbedingungen eingegangen. Außerdem ging es auch um den Investitionsstandort Deutschland im Allgemeinen. Wir bleiben weiterhin im Austausch.

VC Magazin: Die Aussichten für Investments im zweiten Halbjahr sind vielfach eingetrübt. Welche Erwartungen haben Sie?

Hinrichs: Angesichts der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen ist natürlich eine gewisse Zurückhaltung festzustellen. Die Stimmung hat aber sowohl bei Venture Capital als auch bei Buy-outs zu keinem Einbruch der Investitionstätigkeiten geführt. Solange die konjunkturellen Unsicherheiten und das geopolitische Bild anhalten, dürften die Beteiligungsgesellschaften den Fokus weniger auf Neuengagements legen, sondern ihre bestehenden Beteiligungen krisenfest machen. Sich bietende Chancen für neue Investments werden aber mit Sicherheit weiterhin genutzt, denn durch die erfolgreichen Fundraising-Jahre 2020 und 2021 stehen den Gesellschaften noch erhebliche Mittel zur Verfügung.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zum Interviewpartner:

Ulrike Hinrichs ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Beteiligungskapital und Vorsitzende des Beirats Junge Digitale Wirtschaft.