„Für Investoren ist maximales Wachstum nicht mehr der heilige Gral“

Interview mit Adrian Thoma, Gründermotor

Sommerinterview mit Adrian Thoma, Mit-Initiator Gründermotor
Sommerinterview mit Adrian Thoma, Mit-Initiator Gründermotor

Bildnachweis: (c) brutkasten/Gründermotor.

Die Hochphase der Start-up-Investitionen hat bedingt durch die aktuellen Herausforderungen einen Dämpfer erhalten. Es ist Zeit für ein Fazit zum ersten Halbjahr und einen Blick nach vorn. In den Sommerinterviews erzählen Persönlichkeiten aus der Private Equity- und Venture Capital-Branche von Fundraising- und Investmenterfahrungen, schätzen den aktuellen Markt ein und berichten von ihren Erwartungen für das zweite Quartal.

VC Magazin: Der Startup-Verband verzeichnet in seiner aktuellen Studie ein tendenziell rückläufiges Gründerverhalten hierzulande. Welche Stimmung nehmen Sie bei angehenden Gründern aus dem Hochschulumfeld in Baden-Württemberg wahr? Inwiefern haben die aktuellen Herausforderung rund um Inflation, Ukraine-Krieg und Zinswende Einzug in die Köpfe angehender Gründer gehalten?

Thoma: Ja, die Gründungszahlen zeigen schon eindeutig, dass der Ukraine-Krieg einen Dämpfer fürs Start-up-Ökosystem bedeutet. Was die Stimmung angeht, sehe ich aber durchaus eine „jetzt-erst-recht“-Mentalität. Gerade im Bereich der Sustainability-Start-ups, wo es ja um die durch den Krieg noch einmal dramatisch vor Augen geführte Frage geht, wie wir die Energiewende nun wirklich meistern wollen. Vielversprechende, junge Teams wie Metergrid, die eine SaaS-Lösung für Mieterstrom anbieten oder Aampere, die eine Plattform für gebraucht E-Autos anbieten, stehen in den Startlöchern und geben richtig Gas.

VC Magazin: Was empfehlen Sie angehenden Gründern in diesen Zeiten?

Thoma: Erkennbar ist der Trend, dass vor allem für Investoren maximales Wachstum nicht mehr der heilige Gral ist, sondern gesunde Unit Economics und Profitabilität in den Fokus rücken. Der Gründermotor identifiziert sich mit diesem Mindset, da wir eng mit Familienunternehmen und Mittelständlern kooperieren und dort ein funktionierendes Geschäft mehr Akzeptanz findet als ambitionierte Wachstumspläne.

VC Magazin: Zu Ihren Partnern zählen vielfältige Corporates. Wie sehen diese die aktuell verhaltene Marktentwicklung im Venture Capital-Segment?

Thoma: Viele unserer Corporate Partner investieren vor allem auch strategisch in Start-ups und haben in der Regel einen langen Atem. Vor allem die Fund-basierten CVCs haben jetzt natürlich die Chance auch zu günstigeren Bewertungen gute Deals abzuschließen.

VC Magazin: Sie planen eine neue Fondsgeneration. Können Sie uns hierzu schon mehr erzählen?

Thoma: Wir sind momentan in der Vorbereitung für den Aufbau eines Venture Funds, der eng in den Gründermotor integriert sein wird, aber autark über Investments entscheidet. Durch die enge Kooperation mit unseren Unternehmenspartnern haben wir ein gutes Gespür für die momentanen Painpoints im Mittelstand. Gleichzeitig haben wir ein exzellentes Netzwerk an vielversprechenden B2B-Deeptech-Startups. Beides wollen wir über Investments verbinden.

VC Magazin: Welche Erwartungen haben Sie mit Blick auf die zweite Jahreshälfte für die Jungunternehmen in Baden-Württemberg?

Thoma: Der Krieg in der Ukraine und die noch nicht abzusehenden Auswirkungen auf unser Energie-System gepaart mit der Corona-Pandemie machen es für mich unmöglich die Wintermonate vorherzusagen. Perspektivisch glaube ich aber an eine solide Erholung der Szene. Die Gründungszahlen werden wie zuletzt wieder ansteigen, da die Möglichkeiten so gigantisch sind wie noch nie. Außerdem wird das Vertrauen in große Investments wieder zurückkehren, da es tolle Start-ups gibt, prall gefüllte Funds und eine Menge ungelöster gesellschaftlicher Herausforderungen – grundsätzlich eine gute Mischung für unternehmerische Entwicklung.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zum Interviewpartner:

Adrian Thoma ist Mit-Initiator des Gründermotors, der hochschulnahe Startups aus Baden-Württemberg mit Know-How, Kunden und Kapital zusammenbringt.