„Wir haben das Investieren in Start-ups radikal vereinfacht“

Interview mit David Rhotert, companisto

Tamo Zwinge, David Rhotert | companisto (v.l.n.r.)
Tamo Zwinge, David Rhotert | companisto (v.l.n.r.)

Bildnachweis: (c) companisto.

Das Crowdinvesting-Netzwerk companisto feiert sein zehnjähriges Bestehen. Im Interview berichtet Mitgründer David Rhotert von der Weiterentwicklung des Unternehmens in dieser Zeit und den Plänen der Plattform für die Zukunft.

VC Magazin: Sie haben companisto vor zehn Jahren gegründet. Wo steht das Unternehmen heute? 
Rhotert: companisto hat sich seit 2012 von einer Crowdinvesting-Plattform zum größten unternehmerischen Privatinvestorennetzwerk in Deutschland weiterentwickelt. Seit 2018 wurde das Netzwerk durch einen Business Angels Club erweitert. Rund 1.700 Business Angels investieren zwischen 10.000 und 1 Mio. EUR in das Eigenkapital der Start-ups. Einzelinvestments im mittleren fünf- und teilweise auch sechsstelligen Bereich sind dabei die Regel. Komplettiert werden die Finanzierungsrunden durch Privatinvestoren des Investment Clubs. Aktuell sind dort 130.000 Companisten registriert, die mit Beträgen zwischen 250 und 25.000 EUR ebenfalls ins Eigenkapital investieren und sich ihr Start-up-Portfolio aufbauen. 

VC Magazin: Wie kam es zur Gründung? 
Rhotert: Wir glauben an die Veränderungskraft einer Gesellschaft, in der sich viele Menschen an Innovationen beteiligen. Neben Gründern braucht es vor allem auch wagemutige Investoren. Innovationen und die Gesellschaft gehören zusammen und sollten nicht getrennt bleiben. Wir haben daher das Investieren in Start-ups radikal vereinfacht. Es gab faktische Zugangshürden, die dazu geführt haben, dass sich nur wenige Menschen in Deutschland an Start-ups beteiligen konnten. Eine Start-up-Beteiligung war enorm zeit- und kostenintensiv. Doch nicht jeder möchte sich als Einzelkämpfer ein tiefes Netzwerk in die Start-up-Szene erarbeiten müssen, Spezialist in Beteiligungsverträgen, Steuerfragen und der Beteiligungsverwaltung werden. 

VC Magazin: Wie genau funktioniert das Investieren in Start-ups bei companisto?
Rhotert: Nachdem unser Investment- und Legalteam die Verhandlungen abgeschlossen hat, stellt sich das von uns kuratierte Start-up in einem digitalen Investorenbereich vor. Alle relevanten Informationen wie das Pitch Deck und der Finanzplan sind dort abrufbar. Mit dem Gründer-Pitch findet ein Liveevent statt, zu dem alle Investoren eingeladen sind. Die Eigenkapitalbeteiligung wird digital gezeichnet und auch der Invest-Zuschuss direkt online mitbeantragt. companisto löst mit großem Abstand die meisten Invest-Zuschuss-Bewilligungen in Deutschland aus. Über das Reporting, die Kommunikation mit den Gründern, die Beteiligungsverwaltung bis hin zur Einholung von Gesellschafterbeschlüssen – in sämtlichen Bereichen ist das Beteiligungsmanagement digital organisiert und schafft standardisierte Prozesse, von denen alle profitieren und mit denen sie wertvolle Zeit sparen. 

VC Magazin: Welche Arten von Start-ups finanzieren Sie? 
Rhotert: Wir sehen eine spannende Entwicklung bei dem Investmentverhalten. Die besonders starken Finanzierungsrunden erzielen Start-ups, die großes Wachstumspotenzial und Renditechancen mit einer technischen Innovation verbinden, die einen gesellschaftlichen Mehrwert schafft. Um es konkret zu machen: Zuletzt haben die Companisten beispielsweise investiert in eine patentierte Technologie, die nachträglich Nutzfahrzeuge auf einen Elektroantrieb umrüstet, die weltweit erste motorisierte Handorthese, mit der eine vollständig gelähmte Hand wieder greifen kann, oder auch in Mikrowechselrichter, um die Energieeffizienz von Photovoltaikanlagen um bis zu 10% zu steigern.

VC Magazin: Warum sollten Gründer aus Ihrer Sicht die Finanzierung über companisto erwägen?
Rhotert: companisto bietet Gründern eine Bühne, auf der sie sich der größten Anzahl von innovationsbegeisterten Angels und Privatinvestoren in Deutschland präsentieren können. Zusätzlich zur Sichtbarkeit erhalten die Gründer Zugang zur Expertise und dem Netzwerk von über 130.000 Investoren. Wir sind langfristige Partner der Start-ups. Aus diesem Grund bieten wir nach der ersten Finanzierungsrunde Folgerunden an, bei denen wir oft in den Lead gehen. Wir machen viele Co-Investments mit Venture Capital-Gesellschaften, Family Offices oder Business Angels. Zuletzt investierte beispielsweise Cusp Capital, ein bekannter Venture Capitalist, 8 Mio. EUR in das companisto-Portfolio-Start-up Hero Software. Ein weiteres Beispiel ist die Ameria AG, welche mittlerweile von den Companisten mit 28 Mio. EUR über mehrere Finanzierungsrunden finanziert wurde.

VC Magazin: Welche Pläne haben Sie mit companisto? Wo sehen Sie die Plattform künftig?
Rhotert: Wir werden konsequent unsere kollektive Intelligenz für die Gründer nutzbar machen. Wir haben festgestellt, dass viele Companisten ihren Start-ups tatkräftig geholfen haben. Sie haben für ihre Start-ups neue Standorte aufgemacht, sind zu Mitarbeitern geworden, haben große Kunden gewonnen und Expertisen in diversen Bereichen wie Sales, Exit-Erfahrung oder auch Marketing eingebracht. Wir unterstützen unsere Gründer aktiv dabei, sich mit ihren Fragen oder Expertisegesuchen an Companisten zu richten, die gern weiterhelfen. Besonders beeindruckt hat uns, dass 50 Companisten unserer Beteiligung BigRep, die sich größtenteils persönlich noch nie getroffen haben, innerhalb eines 60-minütigen Onlinemeetings zehn qualifizierte Vertriebsleads mit persönlicher Intro gemacht haben. 

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Interviewpartner:
David Rhotert (re.) gründete 2012 gemeinsam mit Tamo Zwinge (li.) companisto mit der Vision, eine Innovationsgesellschaft zu schaffen, in der sich viele Menschen an Innovationen beteiligen. Im Jahr 2018 riefen sie den ersten digital organisieren Business Angels Club in Deutschland ins Leben, in dem sich mittlerweile 1.700 Business Angels zusammengeschlossen haben.