Die Musik spielt bei den „Alternatives“

Niedrige Allokation für Venture Capital

Detlef Mackewicz, Mackewicz & Partner
Detlef Mackewicz, Mackewicz & Partner

Bildnachweis: Mackewicz & Partner.

Das Auszahlungsprofil von Venture Capital gleicht dem von Musikern, Profisportlern und Schauspielern: Sehr wenige verdienen sehr gut. Ein derzeit besonders vielversprechendes Segment sind Secondary-Fonds. Die Herausforderung – und damit entscheidend für den Anlageerfolg – ist dabei die Fondsselektion. Das kannten auch die Beatles oder AC/DC wie „The long and winding road“ oder „It is a long way to the top“ zeigen – und machen damit Mut auf Erfolg.

Auch wenn es etwas gedauert hat: Inzwischen haben Inflation, höhere Zinsen, Lieferengpässe, Personalsorgen und Energieknappheit besorgniserregende Dimensionen angenommen. Die Sorgen gehen so weit, dass der Euroraum mit den Zinserhöhungen wieder in Schwierigkeiten gerät und wir es mit einer neuen Eurokrise zu tun bekommen könnten. Anleihen werden wieder attraktiver und reduzieren das Chance-Risiko-Verhältnis für Aktien und Private Equity. Es ist auch davon auszugehen, dass die steigenden Zinsen den Einsatz von Fremdkapital verteuern werden und sich die Eigenkapitalrendite einzelner Transaktionen aufgrund der vorsichtigeren Nutzung von Leverage reduzieren wird. Die Verantwortlichen der Pensionskassen und Versicherungen erwarten zwar grundsätzlich, dass die Unternehmen, die sich in den Portfolios ihrer Private Equity-Fonds befinden, aufgrund ihres Sachwertcharakters einen geeigneten Inflationsschutz bieten. Trotzdem beschäftigt uns die Sorge, dass die Inflation insbesondere diejenigen Portfoliounternehmen treffen könnte, welche die Preissteigerungen für Energie, Rohstoffe oder Personal nicht oder nur bedingt an ihre Kunden weitergeben können. Das Investitionsgeschehen, welches 2021 das bisherige Rekordjahr 2007 übertroffen hat, konnte wegen der unterschiedlichen Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern das Niveau im letzten Jahr nicht halten.

Volumen im Vorjahr rückläufig

Was das Fundraising betrifft, haben institutionelle Investoren 2022 ein deutlich geringeres Volumen für neue Private Equity- und Venture Capital-Fonds bereitgestellt als im Jahr zuvor. Damit stehen mit all den Fondsmanagern, die noch keine neuen Fonds aufgelegt oder geschlossen haben, vielleicht auch schon die ersten Verlierer der noch jungen Krise fest. Im aktuellen Marktumfeld stellen Fundraising-Aktivitäten eine sehr große Herausforderung dar. Insbesondere im Venture Capital-Segment sehen wir bereits Fondsmanager, die ihr ursprüngliches Fundraising-Ziel für aktuell im Markt befindliche Fondsgenerationen um bis zu einem Drittel des ursprünglich angestrebten Fondsvolumens reduziert und diese Maßnahme mit künftig weniger und kleineren Transaktionen begründet haben. Ältere Vertreter von institutionellen Investoren erinnern sich an die späten 1990er-Jahre, als zu viel Kapital für zu wenige Investitionsgelegenheiten im Markt war. Venture Capital zeigt sich in den verschiedenen Wirtschaftszyklen deutlich anfälliger als das Buyout-Geschäft.

Fonds auf Kapitalsuche

Nach unseren Recherchen befinden sich in Deutschland aktuell mindestens zwölf Venture Capital-Manager mit neuen Fondsgenerationen im Markt. Mehr als die Hälfte dieser Fonds sind First-Time Funds, die im Fundraising besondere Hürden überspringen müssen.

Zurückhaltung institutioneller Investoren gegenüber Venture Capital

Die Medianperformance von Venture Capital-Fonds liegt mit 8,5% IRR in den USA beziehungsweise 6,1% IRR in Europa deutlich unter der Buyout-Median-Rendite. Diese Zahlen erklären die Zurückhaltung vieler institutioneller Investoren gegenüber Investitionen in Venture Capital-Fonds. Allerdings erwirtschaften die besten 5% der Wagniskapitalfonds in den USA und Europa Renditen von über 40% IRR und damit deutlich bessere Ergebnisse als die besten 5% der Buyout-Fonds in Europa und den USA.

Venture Capital-Investitionen haben einen optionsähnlichen Charakter: Die Verluste können den investierten Betrag nicht übersteigen, während die Gewinne den investierten Betrag um ein Vielfaches übertreffen können. Oft entsprechen die Erwartungen der Investoren in Venture Capital-Fonds aber nicht der Realität. Über die lange Laufzeit von nicht selten zwölf bis 15 Jahren von Venture Capital-Fonds erhalten die Investoren oft keine ausreichende Entschädigung für die erheblichen Risiken, die mit Investitionen in junge, aufstrebende Unternehmen verbunden sind.

Unbequeme Wahrheiten

Hinzu kommt: Etwa die Hälfte aller Unternehmen, die mit Venture Capital finanziert wurden, führt das eingezahlte Kapital nicht zurück. 1% aller Exits ist für etwa 50% aller Exit-Erlöse verantwortlich. Die Mehrheit der Wagniskapitalfonds im Markt sind „Underperformer“. Für einen Investor, der gerne an den sagenumworbenen Gewinnen mit der Finanzierung junger Unternehmen partizipieren möchte, von denen immer wieder in der Presse berichtet wird, stellt sich die große Frage, wie er das richtige Unternehmen oder den richtigen Venture Capital-Fonds finden soll, der ihm diese Traumrenditen liefert.

Top-Fonds unter sich

Die Wahrscheinlichkeit für eine Identifikation des einen High Flyers ist auch für die Venture Capital-Fondsmanager sehr gering. Das betreffende Unternehmen und zukünftige „Einhorn“ wird in aller Regel einen der wenigen Top Venture Capital-Fonds als Investor bevorzugen, und diese sind eigentlich nicht auf der Suche nach neuen Investoren, sondern vertrauen auf ihren festen Stamm der Altinvestoren, die bereits in den Vorgängergenerationen investiert waren. Zudem führen diese Fondsmanager bereits eine lange Warteliste potenzieller neuer Investoren, die darauf warten, endlich einmal in einen neuen Fonds aufgenommen zu werden.

Erfolgsfaktor „Diversifikation“

Diejenigen Anleger, die auf erfolgreiche Private Equity-Investitionsprogramme zurückblicken können, haben ihre Investitionen über Stile, Regionen und vor allem über alle Jahrgänge breit diversifiziert – vollkommen unabhängig von der aktuellen Wirtschaftslage. Erst durch diese regelmäßige Investitionstätigkeit wird gewährleistet, dass die Investoren von den verschiedenen Zyklen profitieren, weil die in ihrem Portfolio befindlichen Fondsmanager in konjunkturell schwierigen Zeiten Unternehmen zu günstigen Preisen erwerben und in guten Zeiten zu attraktiven Preisen veräußern können. Auf diese Weise erzielen erfahrene institutionelle Investoren mit ihren Private Equity-Programmen über alle Marktphasen hinweg durchschnittlich 10% bis 12% Nettorendite jährlich. Investoren in Private Equity- und Venture Capital-Fonds sollten allerdings gute Nerven haben und eine langfristige Investitionsstrategie verfolgen. Wenn ein Private Equity-Programm langfristig aufgebaut wird, gleichen sich die Performanceunterschiede der einzelnen Jahrgänge tendenziell aus, und mit der Zeit erhält der Investor stetige Rückflüsse, die reinvestiert werden können.

Hohe Performance bei geringer Volatilität

Im historischen Vergleich findet sich keine Anlageklasse, die eine so hohe Performance bei einer derart geringen Volatilität erreicht wie Private Equity. Dieses vorteilhafte Risiko-Rendite-Profil hat allerdings auch einen Preis – und zwar die Illiquidität. Das investierte Kapital ist für die Dauer von fünf bis zehn Jahren gebunden. Bei der Festlegung ihrer strategischen Assetallokation sind vor allem Pensionseinrichtungen wegen ihrer laufenden Zahlungsverpflichtungen dazu gezwungen, ihre Investitionen auf die Cashflows abzustimmen. Der Venture Capital-Bereich hat sich in den letzten Jahren wieder sehr erfreulich entwickelt und ist inzwischen zu groß, als dass man ihn komplett ignorieren könnte. Dennoch beschränkt sich die Investitionsquote der meisten institutionellen Investoren für dieses Segment auf etwa 10% bis maximal 20%.

Secondary-Fonds reduzieren den J-Curve-Effekt

Für Investoren bieten Anlagen in Private Equity- und Venture Capital-Secondary-Fonds im Vergleich zu den Primärfonds insbesondere in der aktuellen Marktlage wieder interessante Vorteile: Erstens wird bei Secondary-Investitionen das Kapital schneller abgerufen. Damit erfolgt ein beschleunigter Aufbau von Vermögenswerten. Der bei Primaries übliche J-Curve-Effekt wird dadurch abgeschwächt oder komplett vermieden. Anleger können so nicht nur frühere Rückflüsse erwarten: Sie verfügen auch sofort über ein diversifiziertes Portfolio an Fonds verschiedener Jahrgänge, Regionen und Stile. Darüber hinaus kaufen die Secondary-Fondsmanager keine Blackbox. Die Vermögenswerte sind bereits im Fonds und können gut bewertet werden. Das reduziert die Risiken. Außerdem kann der Investor auf diese Weise Jahrgänge von Fonds beimischen, die auf dem Primärmarkt nicht mehr verfügbar sind. Weiterhin sind die Kosten niedriger, da der Fonds eine kürzere Restlaufzeit aufweist und die Managementgebühren der ersten Jahre bereits vom ursprünglichen Investor bezahlt wurden, der seine Anteile jetzt verkauft. Schließlich kommt es bei der Transaktion oft zu Abschlägen, wenn sich ein Verkäufer von seinem Anteil trennen möchte und deshalb zu Zugeständnissen beim Preis bereit ist.

Großes Potenzial

Aktuelle Analysen des Datenanbieters Preqin zeigen, dass etwa 20% aller Buyout- und Venture Capital-Manager weniger als das eingezahlte Kapital an ihre Investoren zurückzahlen, während nur etwa 2% der in aller Regel breit diversifizierten Secondary-Fonds das eingezahlte Kapital nicht mindestens wieder zurückzahlen. Die im Buyout-Segment längst etablierte Strategie von Secondary-Investments gewinnt langsam auch im Venture-Bereich an Bedeutung. Die Due Diligence eines Venture-Portfolios ist erheblich komplexer als die eines klassischen Buyout-Portfolios, weil oft unprofitable Unternehmen bewertet werden müssen, Zukunftspotenziale einzuschätzen sind und der Zugang zu Informationen schwierig ist. Die sogenannten Bid-Ask Spreads sind im Venture-Geschäft deutlich höher als im Buyout-Bereich. Zugangsbeschränkte Venture Capital-Fonds können den Transfer von Fondspositionen verhindern beziehungsweise den Kreis potenzieller Käufer auf existierende Investoren beschränken. Das Universum potenzieller Käufer von Venture Capital-Fondspositionen ist deutlich kleiner als im Buyout-Bereich, und es sind deutlich weniger Intermediäre in diesem Markt aktiv. Bei all diesen Nachteilen zeigt sich aber auch, dass einzelne Portfoliounternehmen das Potenzial haben, den gesamten Secondary-Fonds zurückzuzahlen. Die Venture Capital Secondary-Fonds können aus einem großen Potenzial schöpfen und sind ausgesprochen selektiv.

Fazit

Die Bedeutung und das Anlageuniversum von Private Equity und Venture Capital werden weiter wachsen. Die Komplexität dieser Anlageklassen und die Besonderheiten im Vergleich zu Fixed Income und Aktien bleibt jedoch bestehen und erfordert viel Erfahrung und Fachwissen für eine erfolgreiche Umsetzung. Der für diese Investments nötige Einsatz zahlt sich aber auch aus und bringt die nötigen Resultate, gerade im Vergleich mit anderen Assetklassen. Schließlich liefern Alternatives die nötigen Renditen im düsteren Zinstal. Und auch hier können die Beatles wieder ein Lied davon singen: „Here comes the sun“.

Über den Autor:

Detlef Mackewicz hat 2010 Mackewicz & Partner Investment Advisers gegründet. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Private Equity-Branche und ist einer der wenigen Berater in Deutschland, die mehrere Jahre in der Fondsindustrie aktiv waren.