„M&A-Aktivitäten werden immer mehr zum Mittel der Wahl, wenn um neue Technologien oder Märkte geht“

Adventgespräch mit Patrick Seip, Geschäftsführer bei der M&A-Beratung sonntag corporate finance

Adventsgespräch mit Patrick Seip, sonntag corporate finance
Adventsgespräch mit Patrick Seip, sonntag corporate finance

Bildnachweis: (c) scf/VC Magazin.

Ein durchwachsendes Investitionsjahr neigt sich dem Ende und die Private Equity- und Venture Capital-Branche blickt hoffnungsvoll auf 2024. In unserer Reihe „Adventsgespräche“ haben wir mit Marktkennern über ihre Erwartungen und Aussichten für 2024 sowie ihre eigene Wahrnehmung dieses Jahres gesprochen.

VC Magazin: Das Jahr 2023 geht zur Neige, wie fällt Ihr Fazit aus?
Seip: Aus geschäftlicher Perspektive mehr als positiv. Im Vorjahr wurden viele M&A-Projekte kurzfristig verschoben, dadurch sind wir mit vielen abschlussreifen Projekten in 2023 gestartet. Trotz aller Herausforderungen hat sich unser Kernsegment, der Small Cap und Lower Mid Market Bereich, als sehr widerstandfähig erwiesen. Die Nachfolgewelle rollt, Strategen sind sehr aktiv und alle Beteiligten – sowohl Käufer, Verkäufer als auch Berater, haben ihre Erwartungen überwiegend an die veränderten wirtschaftlichen und finanziellen Voraussetzungen angepasst.

VC Magazin: Ein Blick auf Ihr Geschäft, was waren die Highlights des Jahres, was lief weniger gut?
Seip: Ein generelles Highlight sind immer die Deals selbst. Das ist das, was uns Tag für Tag antreibt – sowohl die großen, als auch die kleineren Transaktionen mit all den Geschichten und Fallstricken, die dahinter liegen und die es gemeinsam zu meistern gilt.
Das vermutlich größte Highlight ist allerdings, dass wir 2023 als das mit Abstand erfolgsreichste Jahr unserer mittlerweile 20-jährigen Firmengeschichte abschließen. Wir konnten trotz anspruchsvollem Umfeld unseren Dealflow weiter hochhalten und somit zum dritten Mal in Folge mehr als 20 Transaktionen erfolgreich zum Abschluss bringen. Damit haben wir uns in den deutschen Top-10 der League-Tables festgesetzt. Zeitgleich konnten wir nicht nur die Qualität unserer Deals, sondern auch die Qualität unserer Arbeit durch zielgerichtete Entwicklungen auf ein neues Niveau heben. Vor allem in einem volatilen und hart umkämpften Markt ist so ein positiver Jahresabschluss alles andere als selbstverständlich. Ich denke, da können wir als Team zurecht stolz darauf sein. Aber natürlich: Aller Euphorie zum Trotz hinterlässt das aktuelle Weltgeschehen sicherlich ein mulmiges Bauchgefühl. Wir sind in der glücklichen Lage, dass für uns in diesem Jahr nicht wirklich etwas schlecht gelaufen ist, wenn man verpasste Chancen einmal außen vorlässt. Diese sind natürlich immer ärgerlich, aber sie gehören dazu. Mal gewinnt man und mal lernt man, um es bei der nächsten Möglichkeit besser zu machen.

VC Magazin: Die Unternehmensbewertungen bei Private Equity- und Venture Capital-Transaktionen waren größtenteils rückläufig. Ihre Prognose für 2024?
Seip: Für den überwiegenden Teil der Branchen können wir das zwar bestätigen, aber ich würde vielmehr behaupten, dass sich die Unternehmensbewertungen in vielen Industrien schlichtweg wieder normalisiert haben. Rekordergebnisse oder Fehleinschätzungen der Zukunftsperspektiven in Folge diverser Krisen und ihrer Auswirkungen haben doch in den letzten Jahren flächendeckend für überzogene Bewertungen gesorgt. Unser Zielsegment ist davon allerdings nicht sonderlich stark betroffen. Vor allem, weil im Small- und Lower-Mid-Cap-Bereich einzigartige Geschäftsmodelle auf die Fähigkeit treffen, flexibel auf Veränderungen reagieren zu können. Gleiches gilt auch für das nach wie vor steigende Interesse an Private Equity und dem teilweise irrationalen Transformationsdruck von strategischen Investoren. Was die Prognose für Unternehmensbewertungen im nächsten Jahr angeht, muss man doch stark differenzieren. Bei den Multiplikatoren sollten wir die Talsohle durchschritten haben. Allerdings führen schlechte Ergebnisse in vielen Branchen zu geringeren Bewertungen. Nicht zuletzt deswegen, weil bestehende Aufträge abgearbeitet sind und neue auf sich warten lassen. Grundsätzlich gilt: Bleibt die Perspektive positiv, werden die Bewertungen nicht weiter fallen. In letzter Instanz sind variable Kaufpreisbestandteile eine Option, um eine faire Risikoverteilung in unsicheren Zeiten zu erzielen.

VC Magazin: Mit welchen Gefühlen blicken Sie unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ins Jahr 2024?
Seip: Was unsere Entwicklung angeht: Mit einem sehr positiven Gefühl. Das soll nicht bedeuten, dass wir die zweifelsohne vorhandenen Risiken naiv ausblenden. Ganz im Gegenteil, aber aus diesen Risiken ergeben sich auch immer viele Chancen und die wollen wir bestmöglich nutzen. Gesamtwirtschaftlich bleiben natürlich viele unbekannte Faktoren bestehen. Das ist aber schon seit einigen Jahren so und sorgt nicht mehr für erhöhte Nervosität im Markt. Gerade in Deutschland stehen 2024 wichtige Entscheidungen mit durchaus ungewissem Ausgang an. Hinzu kommen diverse geopolitische Auseinandersetzungen, die starke Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Beziehungen mit sich bringen. Es wird immer wieder unvorhersehbare Entwicklungen geben, das wird sich so schnell nicht ändern. Umso wichtiger sind Flexibilität und Schnelligkeit, jene Eigenschaften, die den Mittelstand auszeichnen. Zudem werden M&A-Aktivitäten immer mehr zum Mittel der Wahl, wenn es darum geht, neue Technologien oder Märkte zu erschließen und das Wachstum zu beschleunigen. Unter anderem ist durch die Nachfolgewelle das Angebot für Akquisitoren nahezu unendlich. Entspannen sich die Rahmenbedingungen für die Finanzierung im Laufe des Jahres, werden auch Finanzinvestoren wieder deutlich mehr Aktivität zeigen und damit die Nachfrage steigern.

VC Magazin: Was wünschen Sie sich persönlich für das neue Jahr?
Seip: Ich wünsche mir persönlich, dass wir unseren Erfolgsweg unbeirrt, mit feinem Gespür für gute Entscheidungen und tollem Teamgeist fortsetzen. Die Rahmenbedingungen dürfen gerne möglichst bald wieder etwas ruhiger werden, an erster Stelle steht der Frieden in der Welt. Jeder sollte seine persönlichen Interessen gegenüber Zielen, die die Gesamtheit betreffen, hintenanstellen. Zu wichtig sind die Aufgaben, die wir nur gemeinsam bestmöglich lösen können.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zum Interviewpartner:
Patrick Seip ist Geschäftsführer bei den im Small Cap und Lower Mid Market Segment führenden M&A-Beratungsgesellschaften sonntag corporate finance und Nachfolgekontor. 2021 verantwortete er gemeinsam mit seinem Geschäftsführerkollegen Julian Will die Nachfolgeregelung im eigenen Haus.