Wer nicht erklärt, wird erklärt

25 Jahre Kommunikation in Private Equity und Venture Capital

Ira Wülfing (IWK GmbH)
Ira Wülfing (IWK GmbH)

Bildnachweis: IWK GmbH, VentureCapital Magazin, Pixabay.

In den vergangenen 25 Jahren haben Private Equity und Venture Capital eine
bemerkenswerte Entwicklung genommen. Durch die Linse der Kommunikation
betrachtet, zeigt sich der Wandel in besonders scharfen Konturen – von Aufbruch
über Skandalisierung und Rückzug hin zu einer zunehmend professionellen
Kommunikationskultur.

Mitte der 1990er-Jahre war Private Equity in Deutschland zumindest in der breiten Öffentlichkeit und auch bei vielen Zielgruppen noch ein Exot. Venture Capital klang nach kalifornischen Experimenten, und bei Private Equity mussten oft erst überhaupt die Grundlagen erklärt werden: Was ist ein Fondsmodell? Warum ist das nicht Spekulation, sondern langfristige Wertschöpfung? Kommunikation war damals vor allem Aufklärungsarbeit – fast wie Nachhilfeunterricht in Kapitalmarktlehre.

Die „Heuschrecken-Debatte“: Ein kommunikativer Sturm

2005 folgte die Rede von Franz Müntefering, in der er Investoren als „Heuschrecken“ bezeichnete. Plötzlich standen Private Equity-Gesellschaften im Zentrum der öffentlichen Debatte – als bedrohliche Renditejäger. Titelgeschichten, Anklagen, moralische Urteile dominierten. Die Reaktion? Rückzug. Interviews wurden abgesagt, viele verharrten in der Schockstarre.

Der Wendepunkt: Vom Schweigen zur Strategie

Doch Schweigen schützte nicht. Investoren erkannten: Wer seine Arbeit nicht erklärt, über den wird gesprochen – und selten positiv. Kommunikation wurde strategisch: Transparenz schaffen, Vertrauen bei Investoren, Unternehmerfamilien und Politik gewinnen, Reputation aufbauen.

Heute: Kommunikation als Werttreiber

Heute, 20 Jahre nach der „Heuschrecken-Debatte“, ist Kommunikation fester Bestandteil jeder erfolgreichen Strategie:

  • Fundraising: Investoren überzeugt man nicht nur mit Zahlen, sondern mit einer Geschichte.
  • Transaktionen: Unternehmerfamilien verkaufen nur an Partner, denen sie vertrauen.
  • Portfolioentwicklung: Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten wollen Stabilität erkennen.
  • Gesellschaftliche Verantwortung: Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Investieren sind zur Selbstverständlichkeit geworden, müssen aber auch als klar erkennbare Haltung kommuniziert werden.

Neue Kanäle: Sichtbarkeit gestalten

Kommunikation findet heute nicht mehr nur in den klassischen Medien statt. Podcasts, LinkedIn und Storytelling-Formate auf der eigenen Website sind zentrale Arenen geworden. Sie bieten Chancen, eigene Themen zu setzen – verlangen aber eine klare Strategie: Wie wollen wir wahrgenommen werden, welche Botschaften wollen wir senden, und welche Themen können wir heben? Wie lassen sich die USPs und Kernbotschaften glaubwürdig transportieren und verfangen nachhaltig beim Empfänger? Welches Format passt zur Marke und zur Zielgruppe? Wer hier unbedacht agiert, verliert schnell an Glaubwürdigkeit. Wer strategisch, strukturiert und fundiert kommuniziert, wird künftig nicht nur von klassischen Suchmaschinen gefunden, sondern auch bei KI-Anfragen herausstechen.

VentureCapital Magazin 06/2025 online!
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Kommunikation bleibt ein Schlüssel

Private Equity und Venture Capital sind erwachsen geworden – und mit ihnen die Kommunikationsarbeit. Aus einem exotischen Nischenthema wurde ein Feld, in dem Vertrauen und Sichtbarkeit über Wettbewerbsvorteile entscheiden. Gerade jetzt, in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten und digitaler Umbrüche, gilt: Kommunikation ist kein Beiwerk. Sie ist Werttreiber. Oder, zugespitzt: Wer nicht erklärt, wird erklärt.

Über die Autorin:

Ira Wülfing, Gründerin und Geschäftsführerin von IWK Communication Partner – einer Agentur, die seit über 20 Jahren auf die Kommunikation von Private Equity-, Venture Capital-, M&A- und Professional Services Firms spezialisiert ist.