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Das OLG Karlsruhe hat im August über Kostenbeschwerden in einem Fall entschieden, in dem für eine 7-Mio.-EUR-Finanzierungsrunde Notarkosten von insgesamt etwa 100.000 EUR berechnet wurden. Das OLG Karlsruhe hat dies im Hinblick auf die Regelungen des GNotKG und die BGH-Rechtsprechung bestätigt. Der Gedanke, dass diese Kosten unverhältnismäßig sein könnten, kommt nicht auf. Stattdessen schiebt das Gericht am Ende die Verantwortung hierfür nicht etwa dem Notar, sondern den beratenden Anwälten zu.
Sachverhalt
Beurkundet wurde Anfang Juli 2023 zunächst ein englischsprachiges Investment and Shareholders Agreement über ein Investment von circa 7 Mio. EUR auf Basis einer Pre-Money-Bewertung von 21 Mio. EUR. Der Investor hatte auf der Beurkundung dieses ihm vertrauten, aber sehr umfangreichen und komplexen Vertragswerks bestanden. Es umfasste die gesamte Palette aller nur möglichen Investmentregelungen, insbesondere auch die Exit-Regeln in Form von Vorerwerbsrechten sowie von Tag- und Drag-along-Bestimmungen, obwohl bereits in der vorangegangenen Runde alle wesentlichen Regelungen, wenn auch deutschsprachig, mit den früheren Investoren vereinbart waren. Die Notarin legte ihrer Kostenrechnung einen Geschäftswert von circa 35 Mio. EUR zugrunde, wovon allein auf die Exit-Regeln aufgrund des Werts der erfassten Anteile ein Teilbetrag von circa 27,9 Mio. EUR entfiel. Demgemäß rechnete sie eine Beurkundungsgebühr in Höhe von 63.110,85 EUR ab. Des Weiteren beurkundete die Notarin eine Niederschrift über die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zur Erhöhung des Stammkapitals um 13.216 EUR, die Neufassung des Gesellschaftsvertrags zu einer neuen englischsprachigen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung in Anlage und mit der gleichfalls beurkundeten Übernahmeerklärung des Investors. Hierfür rechnete sie zunächst 1.535,38 EUR ab. Im Anschluss an den Beschluss des BGH vom 12. September 2023, in dem dieser entschieden hatte, dass sich der Wert eines auch nur nominalen Kapitalerhöhungsbeschlusses nach dem Wert der neu ausgegebenen Geschäftsanteile bemisst, für den auch eine gesondert vereinbarte Zuzahlung maßgeblich sei, erhob sie nachträglich im August 2024 für die Niederschrift weitere 35.832,45 EUR. Dabei berücksichtigte sie für die Gesellschafterbeschlüsse den Höchstwert nach § 108 GNotKG in Höhe von 5 Mio. EUR und für die Beurkundung der Übernahmeerklärungen nach § 97 GNotKG als Geschäftswert das Investment von circa 7 Mio. EUR. Da die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung in englischer Sprache in Anlage der ansonsten deutschsprachigen Niederschrift beurkundet wurde, setzte sie hierfür die weitere Gebühr nach Nr. 26001, 21100 KV-GNotKG von 5.000 EUR an.
Die Entscheidungen des OLG Karlsruhe
Das OLG Karlsruhe hat beide Beschwerden gegen die Kostenrechnungen für die Beurkundung des Investment and Shareholders Agreement und für die Niederschrift kostenpflichtig zurückgewiesen. Die wesentlichen Entscheidungsgründe lauten:
- Für den Wert des Investment and Shareholders Agreement sei zutreffend nach § 51 Abs. 1 GNotKG auf den sich aus der Post-Money-Bewertung abzüglich des auf die geringste
Beteiligung entfallenden Werts abgestellt worden. Es spiele keine Rolle, dass die Bestandsinvestoren bereits durch entsprechende Exit-Regeln gebunden gewesen seien, da es allein auf den Wert der beurkundeten Vereinbarung ankomme, die auch die Bestandsgesellschafter binde. Eine Wertkorrektur gemäß § 51 Abs. 3 GNotKG wegen einer geringen Wahrscheinlichkeit für den Eintritt der Exit-Regeln bei einem Start-up komme nach der Gesetzesbegründung nicht in Betracht. Ebenso scheide eine entsprechende Anwendung des Höchstwerts von 5 Mio. EUR für die Beurkundung von Gesellschaftsverträgen, wie in § 107 Abs. 1 GNotKG in Höhe von 5 Mio. EUR vorgesehen, aus. Hätten sich die Parteien für den gesonderten Abschluss eines Beteiligungsvertrags neben der Satzung entschieden, so müssten sie sich an den entsprechenden Wertvorschriften hierfür festhalten lassen. Eine Pflicht der Notarin zum Hinweis auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten habe wegen des ausdrücklichen Wunschs nach Beurkundung des deutlich umfangreicheren englischsprachigen Vertrags nicht bestanden. - Hinsichtlich der Niederschrift nimmt das OLG Karlsruhe nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht der Notarin zur Nachforderung von Notarkosten aufgrund des späteren BGHBeschlusses an. Dass es zu einer mehrfachen Berücksichtigung der Zuzahlung komme, beruhe nur darauf, dass es sich bei den Beschlussfassungen und der Übernahmeerklärung um verschiedene Beurkundungsgegenstände nach § 86 Abs. 2 GNotKG handele. Obwohl nur die in Anlage zur Niederschrift beigefügte Geschäftsordnung der Geschäftsführung in englischer Sprache gefasst war und hierfür ein Wert von nur 30.000 EUR angesetzt war, sei zu Recht die Zusatzgebühr nach Nr. 26001 KV-GNotKG aus der gesamten für die Beurkundung der Niederschrift anfallenden Gebühr zu erheben. Eine Grundlage für die Nichterhebung von Notarkosten nach § 21 GNotKG bestehe nicht. Ein Notar müsse nicht ungefragt über die anfallenden Kosten belehren, weil sich diese aus dem Gesetz ergäben. Auch habe die Notarin über alternative Gestaltungsmöglichkeiten nur dann aufklären müssen, wenn sie Anhaltspunkte dafür gehabt hätte, dass die vorgesehene Beurkundung nicht dem Willen der Beteiligten entsprechen würde. Insoweit verweist das OLG Karlsruhe auf eine entsprechende Aufklärungspflicht der beteiligten Anwälte und auf mögliche Schadensersatzansprüche ihnen gegenüber.

Was folgt hieraus?
Obwohl es in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass ein Notar sehr wohl auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen muss, die kostengünstiger sind, sofern sie auch gleich rechtssicher sind, sollten Mandanten bereits im Vorfeld einer etwaigen Beurkundung von den mandatierten Anwälten über alternative Gestaltungsmöglichkeiten aufgeklärt werden. Auf diese hat der Autor seit Langem immer wieder hingewiesen: Vermeidung eines Barkapitalerhöhungsbeschlusses durch die Ausgabe vorher geschaffenen genehmigten Kapitals, Verankerung der Exit-Regeln in der die notarielle Form wahrenden Satzung, Ersatz von vertraglichen Call-Optionen, etwa in Leaver-Fällen, durch eine Einziehungsregelung mit alternativer Abtretungsermächtigung, gesonderte Abgabe von Übernahmeerklärungen nur in notariell beglaubigter Form und privatschriftliche Beschlussfassungen über sonstige Regelungsgegenstände, wie Neuabschluss von Geschäftsführeranstellungsverträgen oder Geschäftsordnungen. Dies ermöglicht den Abschluss des Beteiligungsvertrags in vereinfachter Form auch über DocuSign. Dies entspricht internationalen Gepflogenheiten. Gründe dafür, weshalb dies nicht gleich sicher sein sollte wie die notarielle Beurkundung, gibt es nicht. Da insbesondere die notarielle Form der Satzung nur einen Beweissicherungszweck, nicht aber eine Belehrungsfunktion zum Schutz der Gesellschafter verfolgt und Letzteres auch für die notarielle Form der Verpflichtung zur Übertragung von Geschäftsanteilen nach § 15 Abs. 4 GmbHG gilt, greift insbesondere der häufig erhobene Einwand des Vollständigkeitsgrundsatzes nicht.
Über den Autor:
Dr. Wolfgang Weitnauer ist Gründungspartner von WIPIT Partnerschaft mbB Rechtsanwälte
Steuerberater mit Sitz in München.



