„Künstliche Intelligenz bringt Tempo in die Kommunikationsarbeit“

Interview mit Uwe Freund, Kommunikationstrainer

Uwe Freund (uwe freund seminare & communications)
Uwe Freund (uwe freund seminare & communications)

Bildnachweis: uwe freund seminare & communications.

Beschwerdekommunikation entscheidet über Kosten, Bindung und Bewertungen. Kommunikationstrainer Uwe Freund erklärt, warum KI im Service nur mit klarem
Briefing, Markenstimme und Coaching zum Wertschöpfungshebel für wachsende Unternehmen wird.

VC Magazin: Als Coach helfen Sie Unternehmen unter anderem bei der Beschwerdekommunikation. Welche Hürden müssen Unternehmen hier bewältigen?

Freund: Unternehmen erhalten heute deutlich mehr schriftliche Beschwerden als früher. Die Anzahl von Vorstands- und Geschäftsführungsbeschwerden sowie Ombudsmannbeschwerden im Versicherungsbereich hat sich in den letzten 15 Jahren auf das Zehnfache erhöht. Wenn Antworten auf Kundenbeschwerden so formuliert sind, dass sie nicht vollständig gelesen oder verstanden werden, melden sich Kunden mehrmals wieder und bewerten negativ auf Portalen. Das steigert die Kosten, belastet Teams und verhindert Bindung – schlechte Voraussetzungen für wachsende Unternehmen und Investoren. Die größte Hürde liegt in der Sprache: fehlende Empathie, schwerfällige Floskeln und typisches Bürodeutsch schaffen Distanz, wo Nähe und Klarheit gefragt sind. Das heißt: klare, wertschätzende und vom Kunden positiv bewertete Formulierungen und Argumentationen, nachzulesen in Lesbarkeitsuntersuchungen.

VC Magazin: Künstliche Intelligenz spielt in der Kommunikation eine zunehmende Rolle.
Wie bewerten Sie diese Entwicklung? Spüren Sie verstärktes Interesse an KI für
Kommunikation im Kundenservice?

Freund: Gerade im Kundenservice erwarten Unternehmen mittelfristig eine Entlastung
durch KI, vor allem für Standardvorgänge. Fast alle Unternehmen nutzen KI dabei bereits:
zum Teil offiziell – zum Teil durch Mitarbeitende, die den privaten ChatGPT-Account nutzen. Sie gehen davon aus, dass das Ergebnis der KI richtig und passend ist. Das stimmt jedoch
aus zwei Gründen nicht: Zum einen nutzen die KIs im Deutschen derzeit noch einen
Schreibstil, der eher in die 1990er- oder den Anfang der 2000er-Jahre passt. Zum anderen
ist die Sprache der KIs nicht auf die Werte des jeweiligen Unternehmens abgestimmt. Bei gutem Briefing und gezielter Formulierung des Prompts bringt KI Tempo in Recherche, Entwurf und Feinschliff und sorgt für Konstanz im Stil. So entstehen belastbare Erstentwürfe, die das Team zügig veredelt. Ton und Haltung bleiben dabei menschlich, während der Workflow schneller läuft. Für Portfoliounternehmen ergibt sich ein Wertschöpfungshebel. Kürzere Schleifen, klare Freigaben und eine konsistente Stimme zahlen direkt auf Effizienz und Kundenerlebnis ein.

VC Magazin: Worauf sollten Unternehmen bei der Verwendung von KI in der Kommunikation besonders achten?

Freund: Ganz klar: Briefing statt Zufall. Am Anfang muss immer ein genaues Briefing zu
Ziel, Unternehmenswerten, Tonalität und Zielgruppe stehen. Daraus entsteht ein kompakter Prompt-Leitfaden mit Beispielen. Fachliche Prüfung, Empathie und Verantwortung liegen im Team. Die Markenstimme steht im Zentrum. Wortlisten, unternehmensspezifische Formulierungsregeln und DIN-konforme Struktur sichern Qualität und Wiedererkennung. Jede Antwort liest sich wertschätzend, präzise und passend zur Positionierung – vom Scale-up bis zum Corporate. Messbarkeit gehört dazu. Die Erstbeantwortungsquote, die durchschnittliche Zeitspanne bis zur Lösung des Anliegens und gemessene höhere Kundenzufriedenheit sind Kennzahlen, die in jedem Board Deck überzeugen.

VC Magazin: Ein Blick in die Zukunft: Welche Rolle spielen KI und Kommunikationscoaching künftig im kommunikativen Konfliktmanagement für Unternehmen?

Freund: KI wird Routineaufgaben erleichtern und Standardaufgaben im Hintergrund ausführen. Sie analysiert Stimmungsbilder, erkennt Muster, schlägt Varianten vor und strukturiert Antworten. Sie wird im schriftlichen Bereich auch typische Standardanfragen erstellen und einige eigenständig verschicken. Teams gewinnen so Zeit für Kontakte, in denen Empathie, Haltung und faire Lösungen zählen. Untersuchungen zeigen, dass sich Kunden mehr menschlichen Kontakt im Service wünschen – offenbar je mehr, umso weniger sie ihn bekommen. Je konflikthafter eine Situation ist, umso mehr wird weiterhin der menschliche Faktor zählen: Präsenz, Verständnis und situative, nuancierte Sprache. Genau hier stärkt Coaching Sprache, Urteil und Souveränität – am Telefon, im Chat und im persönlichen Gespräch. Das schafft Sicherheit in Momenten, die über Vertrauen entscheiden. Die wirksamste Lösung ist hybrid: KI liefert Tempo und Ideen, Training verankert Verhalten und Kultur. So entsteht ein skalierbarer Service, der Effizienz, Rendite und Vertrauen verbindet – und damit die Erwartungen von Kundschaft und Kapitalgebern
erfüllt.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

Über den Interviewpartner:

Uwe Freund ist Kommunikationstrainer, Dozent, Coach, Speaker, Autor und Berater. Er unterstützt Unternehmen bei der schriftlichen und mündlichen Kommunikation sowie bei der professionellen Textoptimierung von Unternehmenstemplates und -dokumenten.

Zur uwe freund seminare & communications!