Granville Baird Capital Partners (Ausgabe 5/2005)

Erfolg erst mit lokalem Know-how
Die Londoner Investment Bank Granville hatte schon vor Jahren ein Auge auf den deutschen Mittelstand geworfen. Trotz 20 Jahren Erfahrung im Private Equity-Geschäft mißlang der Versuch, ohne lokale Verbindungen mit Investitionen in kleine und mittlere deutsche Unternehmen Fuß zu fassen. Erst im Zuge eines Joint Ventures mit der Hamburger M&A-Beratung Steffens, Alvano & Partner gelang der erfolgreiche Markteintritt mit einem auf deutsche Investments ausgerichteten Private Equity-Fonds. Granville wurde später durch die amerikanische Investmentbank Baird übernommen, die damit zum Partner des Joint Ventures wurde. Baird ist in den wichtigen Gremien der europäischen Gesellschaften vertreten, hält sich aber aus dem Tagesgeschäft weitgehend heraus. Von Nutzen für die europäischen Aktivitäten sind vor allem das erstklassige Research und die Verbindungen der Investmentbank in den USA und in Asien.

Getrennte Zuständigkeiten
Gegenwärtig verwaltet Granville Baird ca. 650 Mio. Euro. Aktiv sind zur Zeit zwei jeweils 200 Mio. Euro große Fonds, die von den Büros in London bzw. Hamburg im lokalen Markt investiert werden. Der Deutschlandfonds ist nach den Transaktionen des vergangenen Jahres bis auf die für Add-on-Akquisitionen und Folgeinvestments vorgesehenen Mittel weitgehend ausinvestiert. Das Portfolio ist mit nur elf Beteiligungen relativ hochkonzentriert, die Obergrenze für eine Investition liegt bei einem Transaktionsvolumen von rund 100 Mio. Euro bzw. einem Eigenkapitalanteil von rund 20 Mio. Euro.

Eine untypische Beteiligung
Trotz der klaren Ausrichtung auf traditionelle Mittelständler war eine der erfolgreichsten Investitionen die internetbasierte Gebrauchtwagenbörse mobile.de, die im Januar des vergangenen Jahres für 121 Mio. Euro an eBay verkauft wurde, Granville Baird konnte sein eingesetztes Kapital innerhalb von vier Jahren vervierfachen. „Mobile.de war sicherlich eine Beteiligung, die zwischen Private Equity und Venture Capital lag“, sagt Dr. Rolf Steffens, Partner bei Granville Baird in Hamburg. Die Transaktion kam über persönliche Kontakte zustande, überzeugt hat die Investment-Manager sowohl das Geschäftsmodell als auch und vor allem das Managementteam. Die 1999 eingegangene Beteiligung dürfte eine der wenigen dieses Jahrgangs im Internetsektor sein, die von Erfolg gekrönt war.

Branchenübergreifendes Investieren
Generell gibt es im wesentlichen zwei Ausgangssituationen, in denen sich für Granville Baird Gelegenheit zum Investieren bietet. Erstens, wenn einer der Gesellschafter das Unternehmen verlassen will, zweitens zur Finanzierung internen oder externen Wachstums, für das Kapital von außen benötigt wird. Granville Baird hat dabei keine Branchenpräferenz, lediglich Investitionen im regulierten Finanzsektor sind durch die Satzung ausgeschlossen. „Wir sind grundsätzlich für alle Branchen offen“, sagt Mathias Schirmer, Investment-Manager bei Granville Baird: „allerdings stellen wir schon fest, daß die qualitativ guten Deals schwerpunktmäßig aus den Sektoren kommen, in denen auch die Stärken der deutschen Wirtschaft liegen. Also beispielsweise Automobilzulieferer und Maschinenbauunternehmen. Die Zukunft liegt in Deutschland sicherlich im Dienstleistungssektor, und dort haben wir bereits einige Investments.“

Größerer Aufwand bei kleineren Beteiligungen
Eine Besonderheit des Investierens in kleinere Mittelständler ist aus Sicht der Investment-Manager von Granville Baird der höhere Zeitaufwand, der mit der Transaktion und der laufenden Betreuung verbunden ist. „Für Informationsaufbereitung und die Herstellung von Transparenz muß mehr Zeit aufgewendet werden als bei größeren Unternehmen, die schon selbst über entsprechende Strukturen und ein dafür ausgelegtes Berichtswesen verfügen“, erläutert Schirmer, „wir arbeiten auch insgesamt länger und intensiver daran, die Transaktionen zu verwirklichen.“ Die enge Begleitung setzt sich auch nach dem Kauf fort, auch während der Haltedauer haben kleinere Unternehmen einen größeren Unterstützungsbedarf als große, da die Organisationsstrukturen insbesondere von eigentümergeführten Unternehmen schlanker sind.

Externes Fachwissen ist wichtig
Granville Baird will den besonderen Anforderungen der mittelständischen Unternehmen auch durch eine relativ großzügige Personalausstattung gerecht werden; neun Professionals betreuen die derzeit elf Investments. „Wir wollen viel selbst verstehen und gestalten – ohne aber ins Tagesgeschäft einzugreifen“, bekräftigt Dr. Steffens. Dabei nutzt Granville Baird aber auch externes Fachwissen und sorgt vor allem für eine hochkarätige Besetzung der Beiräte. „Wir glauben nämlich wiederum nicht, daß wir die Unternehmen selber führen könnten – das ist Aufgabe des Managements“, schränkt Schirmer ein. Um das Team vor Ort mit Rat und Tat zu unterstützen, engagiert Granville Baird erfahrene Manager aus den betreffenden Branchen. Dabei haben alle Beteiligten die gleichen Interessen: Investment-Manager sind grundsätzlich und die Beiratsmitglieder häufig auch am Erfolg der Unternehmen beteiligt.

Neuer Fonds mit bewährter Ausrichtung
Gegenwärtig befindet sich Granville Baird in einem Fundraising für einen neuen Deutschland-Fonds; das erste Closing ist erfolgt, so daß bereits jetzt investiert werden kann. Das Volumen soll wieder bei etwa 200 Mio. Euro liegen, auch an der Ausrichtung auf den klassischen Mittelstand wird sich nichts ändern. „Unser Ansatz hat sich bewährt“, sagt Schirmer „außerdem ist uns daran gelegen, die preistreibenden Auktionsprozesse, die bei großen Transaktionen dominieren, zu vermeiden.“ Der Deal-Flow ist aktuell sehr gut, die verbesserte Gewinnsituation der Unternehmen macht Verkäufe für die Altgesellschafter attraktiver, und auch grundsätzlich gewinnt aus Sicht von Granville Baird Private Equity an Akzeptanz im Mittelstand. „Wir verdienen unser Geld, indem wir Wachstum ermöglichen, und davon profitieren alle Beteiligten, diese Erkenntnis verbreitet sich allmählich“, so Dr. Steffens.

Ralf Thielemann

Investitionskriterien Granville Baird
– Mittelständisches Unternehmen
– Nachfolgeregelung, MBO/MBI oder Wachstumsfinanzierung
– Bis zu 100 Mio. Transaktionsvolumen
– Haltedauer fünf bis sieben Jahre
– Professionelles, unternehmerisches Management