Elektronisches Handelsregister und Unternehmensregister verbessern Transparenz

Elektronisches Handelsregister
Die Bezeichnung „elektronisches Handelsregister“ erweckt den Eindruck, als handele es sich dabei um ein zentrales Register, welches an die Stelle der bisherigen Handelsregister getreten wäre. Dem ist indes nicht so. Nach wie vor werden die Handelsregister bei den Amtsgerichten geführt, wenn auch die Zuständigkeiten teilweise auf bestimmte Amtsgerichte konzentriert worden sind. Auch standen die Registerinhalte bereits bisher jedem Interessierten offen, ohne dass, wie etwa beim Grundbuch, ein berechtigtes Informationsinteresse bestehen musste. Neu ist dagegen die vollständige Führung der Handelsregister in elektronischer Form. Dies ermöglicht es dem Nutzer, über das „gemeinsame Registerportal der Länder“ (www.handelsregister.de ) Zugriff auf den Inhalt des jeweiligen Handelsregisters zu nehmen, und zwar nicht nur auf die Eintragungen selbst, sondern auch auf die zum Register eingereichten Dokumente wie Satzungen, Handelsregisteranmeldungen, Gesellschafterlisten etc. Der Abruf ist gebührenpflichtig und kostet derzeit EUR 4,50 für einen Handelsregisterauszug und jedes weitere Dokument. Kostenfrei sind dagegen Recherchen in den Registerbekanntmachungen, die ebenfalls über das Registerportal erfolgen. Die gewohnten Bekanntmachungen in Tageszeitungen werden dagegen ab dem 31.12.2008 entfallen.

Aus der Sicht des Anmelders, also der Unternehmen, hat sich wenig geändert. Trotz der Digitalisierung des Handelsregisters bedürfen Eintragungsanträge nach wie vor der notariell beglaubigten Form. Die Anmeldungsunterlagen, also z.B. die notarielle Urkunde über eine Satzungsänderung bei einer GmbH und die zugehörige Handelsregisteranmeldung, werden wie bisher in Papierform beurkundet oder beglaubigt. Erst in einem zweiten Schritt werden die Dokumente vom Notar in elektronische Form umgewandelt, mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und dem Handelsregister übermittelt. Die Last der Digitalisierung des Registerinhalts tragen somit die Notariate bzw. zu einem Teil über entsprechende Gebühren die Unternehmen.

Unterschiede ergeben sich für die Unternehmen, wenn diese Dokumente selbst einreichen wollen (z.B. die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG), denn auch dies muss jetzt elektronisch erfolgen. Hierzu müssen sich die Unternehmen bei dem bereits seit längerem bestehenden „elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach“ (www.egvp.de ) registrieren lassen. Die Registrierung ist gebührenfrei; die Übermittlung von Dokumenten über dieses Portal erfordert aber eine qualifizierte elektronische Signatur, die über verschiedene Zertifizierungsanbieter erhältlich ist.

Unternehmensregister
Dem elektronischen Handelsregister wurde das ebenfalls elektronisch geführte Unternehmensregister an die Seite gestellt. Dieses wird vom Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers geführt und ist über die Internetadresse www.unternehmensregister.de für jedermann zugänglich. Über das Unternehmensregister können abgerufen werden:

·          Eintragungen im Handelsregister, Genossenschaftsregister und Partnerschaftsregister, deren Bekanntmachungen und die dort eingereichten Dokumente
·          Die Unterlagen der Rechnungslegung (Jahresabschlüsse) und deren Bekanntmachung
·          Gesellschaftsrechtliche Bekanntmachungen im elektronischen Bundesanzeiger
·          Veröffentlichte Eintragungen im Aktionärsforum gemäß § 127a AktG
·          Veröffentlichungen im elektronischen Bundesanzeiger nach dem WpHG, dem WpÜG sowie Veröffentlichungen nach der BörsZulV
·          Bekanntmachungen und Veröffentlichungen inländischer Kapitalanlagegesellschaften und Investmentaktiengesellschaften im elektronischen Bundesanzeiger nach dem InvestmentG und dem InvestmentsteuerG
·          Veröffentlichungen nach §§ 15, 25, 26 WpHG und §§ 61, 66 BörsZulV
·          Mitteilungen über kapitalmarktrechtliche Veröffentlichungen an die BaFin
·          Bekanntmachungen der Insolvenzgerichte

Der vorstehende Katalog bedeutet für die Unternehmen bis auf wenige Ausnahmen keine quantitative Ausweitung von Publizitätspflichten. Vielmehr werden bislang schon über andere zersplitterte Quellen zugängliche Daten im Unternehmensregister gebündelt und daduch für den Nutzer ein „one stop shop“ eröffnet. Ein administrativer Zusatzaufwand entsteht allerdings bei der Veröffentlichung kapitalmarktrechtlicher Mitteilungen an die BaFin, die von den betroffenen Unternehmen selbst im Unternehmensregister veröffentlicht werden müssen. Hier wäre eine direkte Veröffentlichung durch die BaFin wünschenswert gewesen.

Jahresabschlusspublizität
Eine aus der Sicht der Unternehmen gravierende Änderung bringt das EHUG für die Praxis der Jahresabschlusspublizität. Zwar hat sich auch hier der Umfang der Publizitätspflicht nicht erweitert, denn bereits bislang schon mussten Kapitalgesellschaften sowie GmbH & Co. KG ihre Jahresabschlüsse beim Handelsregister einreichen und große Kapitalgesellschaften zusätzlich im Bundesanzeiger veröffentlichen. Die Offenlegung hat aber dadurch eine völlig andere Qualität bekommen, dass die Jahresabschlüsse nun über das Unternehmensregister jedem Nutzer, also auch der Konkurrenz, online zur Verfügung stehen.

Hinzu kommt eine erhebliche Verschärfung der Kontrolle und Durchsetzung der Offenlegungspflichten. Die Jahresabschlüsse werden nun nicht mehr beim Handelsregister eingereicht, sondern sind elektronisch an den Betreiber des elektronischen Handelsregisters zu übermitteln. Das Brisante dabei ist, dass der Betreiber des elektronischen Handelsregisters die fristgerechte und vollständige Einreichung der Unterlagen durch elektronischen Abgleich überprüft und Verstöße dem eigens zu diesem Zweck gegründeten Bundesamt für Justiz zu melden hat. Dieses wird von Amts wegen ein Ordnungsgeldverfahren gegen die publizitätspflichtige Gesellschaft und deren verantwortliche Organe einleiten. Waren früher Verstöße praktisch sanktionslos, erfolgt jetzt unweigerlich eine (gebührenpflichtige) Androhung von Ordnungsgeld in Höhe von € 2.500,00 bis € 25.000,00, verbunden mit der Aufforderung, der Offenlegungspflicht binnen sechs Wochen nachzukommen. Geschieht dies nicht, wird das Ordnungsgeld festgesetzt und die Verfügung wiederholt, und zwar ggf. so oft, bis die Offenlegung ordnungsgemäß erfolgt ist.

Man schätzt, dass wenn es an der in Deutschland verbreiteten Nichtbeachtung der Offenlegungspflicht bleiben sollte, ein „Drohbrief“ des Bundesamtes bei mindestens 800.000 Unternehmen eingehen müsste. Allerdings dürften die Kapazitäten des Bundesamts hierfür zunächst kaum ausreichen.

Vermeidungsstrategien
Angesichts dessen wird die Suche nach Vermeidungsstrategien vor allem im mittelständischen Bereich wieder an Aktualität gewinnen. Allerdings sind die Möglichkeiten in dieser Hinsicht begrenzt. Keinen Ausweg stellt die Flucht in EU-ausländische Rechtsformen (z.B die englische Ltd.) dar, weil diese Gesellschaften ebenfalls publizitätspflichtig sind, sofern sie eine Niederlassung in Deutschland haben. Denkbar wäre aber die Umwandlung des Unternehmens in eine Personengesellschaft unter Beteiligung einer natürlichen Person als unbeschränkt haftendem Gesellschafter, eine Lösung, die mit der persönlichen Haftung freilich teuer erkauft werden muss. Zumindest eine Abmilderung könnte durch die Aufstellung befreiender Konzernabschlüsse erreicht werden, die eine Offenlegung der Einzelabschlüsse der Konzerngesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen entfallen ließe. Auch eine Umgestaltung des Unternehmens in kleine Kapitalgesellschaften käme in Betracht, so dass nicht der gesamte Jahresabschluss, sondern nur Bilanz und Anhang zu veröffentlichen wären.

Fazit:
Das elektronische Handelsregister, das Unternehmensregister sowie die Änderung des Systems der Jahresabschlusspublizität führen zu einer deutlich verbesserten Transparenz der Marktteilnehmer, wie sie in anderen Ländern durchaus schon länger etabliert ist. Statt sich vor dem „gläsernen Unternehmen“ zu fürchten, sollte man sich den Neuerungen stellen und diese gezielt im Rahmen des Marketing gegenüber dem Kunden, aber auch gegenüber dem Kapitalmarkt einsetzen: Nichts spricht in diesem Zusammenhang etwa dagegen, Gesellschaftsunterlagen nicht mehr nur in deutscher Sprache, sondern zusätzlich in einer weiteren EU-Amtssprache zum Handelsregister einzureichen, wie es § 11 HGB jetzt ermöglicht.

Zum Autor:
Dr. Volker Rebmann ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Zirngibl Langwieser Rechtsanwälte Notare, Frankfurt am Main. Zu seinen Schwerpunkten gehören das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht sowie die Begleitung von M&A-Tranksaktionen.