Wie teuer kann Bestandsschutz sein?

Die erste Reaktion auf eine einfache Anfrage beim Bundesministerium der Finanzen macht die kritische Lage für Beteiligungskapital in Deutschland deutlich: Gern sei man bereit, uns das unter Leitung von Prof. Dr. Christoph Kaserer erstellte Gutachten mit dem Titel „Erwerb und Übernahme von Firmen durch Finanzinvestoren“ zuzusenden. Dieses Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium der Finanzen in Auftrag gegeben, um aus den Ergebnissen Anregungen für ein Private Equity-Gesetz zu gewinnen. Ulrike Abratis, Pressesprecherin des Ministeriums, ergänzte jedoch umgehend, dass die Inhalte des Gutachtens im Ministerium sehr kritisch gesehen würden, „weil das sehr teuer ist, was dort vorgeschlagen wird“.

 

Zwar mögen sich die Gutachter den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass ihre in der ersten Fassung des Gutachtens weitgehend undifferenzierte Betrachtung von gründungsfördernden Venture Capital- und den auf Mehrheitsübernahmen reiferer Unternehmen spezialisierten Buyout-Fonds eine geeignete Steilvorlage für all jene war, die hinter den Ausführungen der Autoren ein gewisses Maß an Lobbyarbeit vermuteten. Schließlich unterscheidet sich deren Geschäftsmodell zweifelsohne deutlich voneinander – ungeachtet dessen, dass eine juristische Abgrenzung in der Praxis äußerst komplex wäre. Die pauschale, teils polemische Deutlichkeit, mit der das Mi­nisterium die Inhalte der Untersuchung zurückweist, erschwert jedoch jeden vernünftigen Dialog. Wie das Handelsblatt am 19. April berichtete, taxierte Staatssekretär Axel Nawrath „die potenziellen Steuerausfälle der (Anm. der Redaktion: im Rahmen des Gutachtens vorgeschlagenen) Regelungen auf 15 bis 20 Mrd. Euro“. Dieser Betrag sei nicht nachvollziehbar, so Thomas Pütter, bisheriger Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. (BVK) bei einem Pressegespräch anlässlich der BVK-Fachkonferenz am 18. April in Frankfurt.

 

Tatsächlich stellt sich angesichts der Empfehlungen der Gutachter (u. a. gesetzliche Verankerung der uneingeschränkten Steuertransparenz von Private Equity-Fonds, Beibehaltung der Verlustvorträge bei Mehrheitswechseln und Fortführung der Besteuerung des Carried Interests nach dem Halbeinkünfteverfahren) die Frage, woraus sich Steuerausfälle in Höhe mehrerer Mrd. Euro zusammensetzen sollen. Faktisch liegt doch der wesentliche Unterschied zur bisherigen Rechtslage schlicht in der Forderung, die derzeit einem Glücksspiel ähnelnde Einordnung eines Fonds als vermögensverwaltend (und damit steuerlich transparent) bzw. gewerblich gesetzlich eindeutig zugunsten der international üblichen Steuertransparenz festzuschreiben und so Rechtssicherheit zu schaffen. Schade, dass dieses Verständnis Berlin noch nicht erreicht hat.

 

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