„Die Privatisierung chinesischer Unternehmen bietet enormes Potenzial für Buyouts“

VC-Magazin: Es gibt zahlreiche Wachstumsregionen in der Welt. Warum haben Sie sich gerade für China und Indien entschieden?

Lemke: Mit durchschnittlich 8 bis 10% seit Beginn des neuen Jahrtausends sind relative Größe und Kontinuität des Wirtschaftswachstums dieser Länder an sich schon beeindruckend. Doch keines der anderen Zentren wirtschaftlichen Wachstums ist von vergleichbarem geopolitischen Gewicht wie Indien und China. Das Potenzial, dieses Wachstum mindestens ein weiteres Jahrzehnt durchzuhalten, ist gegeben. Hinzu kommt der politische Wille, die wachsende wirtschaftliche Bedeutung im internationalen Machtgefüge zu nutzen, um Mitte des Jahrtausends (mindestens) auf Augenhöhe mit den USA und – wenn überhaupt – dann einem geeinten Europa zu agieren. Die politischen Rahmenbedingungen dieser Volkswirtschaften werden sich daher eher noch verbessern.

Güdel: Beim Ländervergleich haben wir zudem neben der Rechtssicherheit besonderes Gewicht auf den Entwicklungsgrad des nationalen Private Equity-Marktes gelegt. Die Kernfrage lautete: Ist der Markt bereits ausreichend breit und transparent, um ein echtes Benchmarking der Fonds gegeneinander zu ermöglichen? Das ist in anderen BRIC-Staaten oder Osteuropa durchaus nicht der Fall. Die unternehmerische Kultur Indiens und auch Chinas scheint bewirkt zu haben, dass sich der Private Equity-Sektor durchaus proportional zu den öffentlichen Kapitalmärkten entwickelt hat. Indien wird 2009 zu den Top Five Private Equity-Märkten zählen.

 

VC-Magazin: Ihre neuen Dachfonds für China und Indien haben jeweils bereits drei Investitionszusagen getätigt. In Indien liegt der Fokus dabei im Early Stage-/Wachstumsbereich, in China im Later Stage-/Buyout-Segment. Wie kam es zu dieser Differenzierung?

Güdel: Die Privatisierung bisher staatlicher chinesischer Unternehmen – Fachleute schätzen das Potenzial auf jährlich bis zu 5.000 Firmen – bietet natürlich enormes Potenzial für kleinere und mittlere Buyouts. Unsere Zielfonds verfügen hier über das politische Netzwerk, einen de facto ersten Zugriff auf interessante Kandidaten zu haben. Indien wiederum ist geprägt von enormem Wachstum privat gegründeter Firmen, die Dienstleistungen an internationale Konzerne erbringen oder von der stark ansteigenden Binnennachfrage profitieren. Die Auswahl ist aber nicht abschließend und hat auch mit den kurzen Zeitfenstern zu tun, in denen sich attraktive Fonds im Fundraising befinden.

 

VC-Magazin: Lassen Sie uns den Blick auf Ihren seit knapp zwei Jahren in der Platzierung befindlichen Hauptfonds richten, den RWB Private Capital III. Wie sieht hier Ihr Zeitplan aus?

Lemke: Wir werden den Fonds planmäßig Mitte des nächsten Jahres schließen. Wir gehen davon aus, dass wir dann ein Zeichnungsvolumen von mindestens 500 Mio. Euro erreicht haben werden. Mit aktuell 240 Mio. liegen wir aktuell etwas über Plan. Da mit zunehmendem Platzierungsfortschritt auch das Portfolio an bereits gezeichneten Zielfonds transparenter wird, steigt das Anlegerinteresse gegen Ende der Platzierung erfahrungsgemäß. Übrigens auch ein Grund, warum wir für unsere Special Market-Fonds bereits erste Zielfonds vor Platzierungsbeginn gezeichnet haben.

 

VC-Magazin: Mit Private Capital II haben Sie sich an den drei deutschen Fonds Arcadia, Halder und Triangle Venture beteiligt, Ihr dritter Fonds hat sich hierzulande bisher nur bei Creathor engagiert. Woran liegt es, dass Sie in Deutschland nur selten fündig werden?

Güdel: Der Eindruck täuscht, die Gewichtung deutscher Fonds entspricht der relativen Bedeutung in Deutschland ansässiger Private Equity-Fonds. Wir wissen die Fähigkeiten der hiesigen Manager und Ingenieure durchaus zu schätzen, und wenn viel versprechende Gesellschaften ins Fundraising gehen, dann werden wir uns auch beteiligen.

 

VC-Magazin: Wenn Sie insgesamt auf den deutschen Markt blicken, beunruhigt Sie die gegenwärtige politische Entwicklung?

Lemke: Es ist erfahrungsgemäß kritisch zu sehen, wenn ideologisch beeinflusste Wertungen in ordnungspolitische Steuerungsmaßnahmen einfließen. Eine Differenzierung in „gutes“ Wachstumskapital und „böse“ Leveraged Buyout-Finanzierungen scheint mir in diese Richtung zu gehen. Da zudem eine trennscharfe Abgrenzung wissenschaftlich fraglich ist und praktisch kaum durchführbar scheint, droht die juristische Umsetzung eines entsprechenden politischen Willens zwangsläufig zu einem bürokratischen Regelmonster zu werden.

 

VC-Magazin: Und wie ist Ihr Rendite-Ausblick für den Gesamtmarkt?

Güdel: Es wird Fonds geben, die auch in den nächsten Jahren 50% Eigenkapitalrendite erzielen, und es wird Fonds geben, die Verluste produzieren. Das ist eine Eigenart dieser Anlageform, die sehr stark von den Qualitäten der Manager abhängt. Dass manche Fonds immer größer werden, ist nicht per se schlecht. Manche werden von dem Kapital guten Gebrauch machen und Gewinne durch Transaktionen realisieren können, die sie früher nicht durchführen konnten. Andere werden Fehler machen, zu hohe Preise akzeptieren und Verluste einfahren.

 

VC-Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!


Das Interview führte Andreas Uhde

Zu den Gesprächspartnern
Horst Güdel und Norman Lemke bilden den Vorstand der RWB AG. Güdel leitet das Ressort Investitionsmanagement und Vertrieb der RWB, Lemke verantwortet die Bereiche Marketing und Liquiditätssteuerung und koordiniert die rechtliche und steuerliche Beratung der Fonds.