Bürgerbeteiligungen für die Energieversorgung von morgen

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Mit dem bundesweiten Wettbewerb „Bioenergiedörfer“ zeichnet das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz besonders innovative Orte im ländlichen Raum aus, die mindestens 50% ihres Strom- und Wärmebedarfs aus regional erzeugter Biomasse decken.

Kernziel: Unabhängigkeit

Kernziel der Energiewende ist die langfristig sichere und bezahlbare Deckung des Energiebedarfs bei gleichzeitigem Schutz von Klima, Ressourcen und Umwelt. Ein wichtiger Schritt ist hierbei, durch mehr Effizienz den Energieverbrauch zu senken. Notwendig ist aber auch die dezentrale Neuausrichtung der Energie-Infrastruktur. Denn nur eine Energieerzeugung vor Ort – aus Wind, Sonne oder anderen alternativen Energieträgern – macht von ineffizienten und ökologisch bedenklichen Rohstoff- und Energie-Importen unabhängig. Langfristiges Ziel: energieautarke Regionen und Kommunen.

Bürgereinsatz für die Energiewende

Energie muss also dort produziert werden, wo sie auch genutzt wird. Aber wie kann das funktionieren? Strom und Wärme aus Sonne, Wind und Biomasse selbst herzustellen, ist heute einfacher denn je. Allerdings werden die sehr komplexen Energieanlagen immer teurer. Die Lösung: Bürgerbeteiligungen. Viele Bürgergruppen, Genossenschaften oder Unternehmen bieten den Bewohnern ihrer Region an, sich an neuen Energieanlagen finanziell zu beteiligen. Je nach Organisationsform können das Anteile an einem Unternehmen sein, Genossenschaftsanteile, Genussrechte oder Sparbriefe. Von der Finanzierungsform ist auch abhängig, welches Risiko der Einzelne übernimmt. Doch eines bleibt immer gleich: Jeder interessierte Bürger kann mitmachen und so in den Energiewandel vor seiner Haustür investieren. Er wird damit zum Akteur auf dem Markt der dezentralen Energieversorgung. Die ersten Bürgerenergieanlagen gab es schon in den späten 1980er-Jahren. Durch die Weiterentwicklung der Technologien für eine dezentrale Stromproduktion und durch Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen hat sich die Bewegung dahinter weiter verstärkt. Möglich wurde das durch das Stromeinspeisegesetz von 1991, das neun Jahre später vom Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abgelöst wurde. Diese Vorschrift garantiert feste Vergütungen für ins Netz eingespeisten Bürgerstrom und ist damit eine sichere Planungsgrundlage.

Robringhausen – das Bioenergiedorf

Clean DorfDas Dorf Robringhausen am Rand des Sauerlands ist ein Beispiel für durch Bürger finanzierte und noch dazu saubere Energiegewinnung. Es deckt aktuell lediglich 22% des Wärmeenergiebedarfs durch fossile Brennstoffe. Grund ist das mit Biogas betriebene Blockheizkraftwerk von Udo und Christian Schröder. Die beiden Landwirte hatten die Idee, die Motorenabwärme aus der Biogasanlage kostenlos der Dorfgemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Eine Arbeitsgruppe wurde beauftragt, dafür ein Wärmenetz zu planen. Daraus entstand 2008 die Wärmenetz Robringhausen GbR, an der 21 Hauseigentümer einen Gesellschafteranteil von jeweils 500 EUR übernahmen. Inzwischen sind 25 von 44 Gebäuden im Ort angeschlossen. Mit dem Netz reduziert die Gemeinde den CO2-Ausstoß erheblich. Auch aus ökologischer Sicht hat sich die Umstellung gelohnt, da der Ackerboden durch die Verwertung der Gülle im Blockheizkraftwerk weniger belastet wird.

Erfolg trotz Vorbehalte

Trotzdem gab es Vorbehalte gegen das Projekt. Anwohner befürchteten Geruchs- und Lärmbelästigung. Zudem mussten 330.000 EUR Investitionskosten aufgebracht, Grundstücksfragen geklärt und die Projektrentabilität belegt werden. Letztlich überwogen in den Augen der Robringhauser aber die Vorteile, und nach einem halben Jahr Bauzeit war das Netz fertig. Zusätzlich produzieren mehrere Fotovoltaikanlagen privater Hauseigentümer die fünffache Menge des Strombedarfs für den Ort. Mithilfe des Nahwärmenetzes entstanden außerdem fünf neue Arbeitsplätze. Und das Engagement blieb nicht unbeachtet: Der Ort darf sich seit Oktober 2008 „Bioenergiedorf“ nennen.