Sollen sich Wissenschaftseinrichtungen an ihren Spin-offs beteiligen?

Motivation für eine Beteiligungsstrategie

Bei der strategischen Betrachtung des Geschäftsfelds Beteiligungen stellt sich als Erstes die Frage nach dem Nutzen einer Beteiligung für die Wissenschaftseinrichtung bzw. die Gesellschaft. Hier gibt es insbesondere sechs Kriterien, die getrennt bewertet werden sollten und zu individuellen Ergebnissen führen können:

  • Zunächst ist die Mission der jeweiligen Einrichtung und ihr Bezug zum WTT bzw. Gründungen zu klären und gegebenenfalls zu definieren. Je klarer diese Punkte Bestandteil des eigenen Leitbilds oder der Satzung sind, desto konkreter ist der Auftrag, sich diesem Thema umfassend zu widmen.
  • In einer volkswirtschaftlichen Betrachtung wird der Schwerpunkt darauf gelegt, dass erfolgreiche Spin-offs innovative Arbeitsplätze in der Region schaffen, zum Wirtschaftswachstum beitragen und somit unmittelbare Auswirkungen auf die Volkswirtschaft haben.
  • Betrachtet man den betriebswirtschaftlichen Schwerpunkt in der Nutzenanalyse, rückt der finanzielle Rückfluss durch Gewinnausschüttungen oder eine spätere Veräußerung der Beteiligung in den Vordergrund. Als wichtige Einnahmequelle sind in diesem Kontext auch Lizenzvergaben zu betrachten.
  • Unter Sekundäreffekten werden Kooperationen zwischen der Einrichtung und ihren Spin-offs verstanden. Dies können gemeinsame Verbundprojekte, konkrete Aufträge oder auch Personal-betreuung sein, die einen Mehrwert für die Mutterinstitution darstellen. Die Nutzenbilanz kann so um Drittmitteleinnahmen und gemeinsam eingeworbene Fördermittel ergänzt werden.
  • Natürlich stellen Gründungen als Imagefaktor auch ein starkes Signal dar. Erfolgreiche Spin-offs schmücken eine Einrichtung als Forschungs- und Lehreinrichtung sowie als Arbeitgeber und machen sie attraktiver für Partner und Investoren. Allerdings müssen auch weniger positive Entwicklungen bei Beteiligungsunternehmen mit ins Kalkül gezogen werden.
  • Letztlich müssen auch bundes-, landes- und kommunalpolitische Aspekte einbezogen werden. Hier kann es spezielle Entwicklungs- und Strukturprogramme oder Ansiedlungsstrategien geben, die eine stärkere Auseinandersetzung mit Gründungen und Beteiligungen nahelegen.

Kritische Erfolgsfaktoren für eine Beteiligungsstrategie

Karlsruher Institut für TechnologieNachdem im ersten Schritt Klarheit über Motivation und angestrebte Ziele geschaffen wurde, müssen die Erfolgsfaktoren für einen „Geschäftsbereich Beteiligungen“ diskutiert werden. Als entscheidend werden dabei insbesondere die vier Bereiche Commitment, IPR-Kultur, Potenzial und Management angesehen. Der wichtigste Punkt ist, dass Strategie und Ziele von der Leitung gewollt und aktiv kommuniziert werden. Dabei muss allen bewusst sein, dass es neben den vielfältigen Chancen auch Risiken gibt. Nicht jede Beteiligung wird erfolgreich sein, und die Erfahrungen zeigen, dass ein Return on Invest durchaus erst nach mehr als zehn Jahren nach Gründung oder sogar gar nicht eintreten kann. Es ist auch offensichtlich, dass sich erst aus einem breiten Spektrum anwendungsorientierter Forschungsleistungen einzelne Gründungen ergeben, bei denen sich auch wieder nur einzelne für eine Beteiligung eignen. Für ein strategisches Beteiligungsportfolio benötigt man eine kritische Masse an eigener Forschung. Basis einer jeden Gründung im wissenschaftlichen Bereich ist neben der Geschäftsidee der Zugang zu Schutzrechten, Know-how und Technologien, die in der Muttereinrichtung erarbeitet wurde. Für eine Beteiligungsstrategie sollte daher eine entsprechende IPR-Kultur vorhanden sein bzw. etabliert werden. Der Umgang mit Beteiligungen erfordert spezielle Fachkompetenzen. Diese reichen von rechtlichen, betriebswirtschaftlichen und technischen Kenntnissen bis hin zu Erfahrungen in der Unternehmensentwicklung. Das Beteiligungsmanagement sollte daher durch qualifizierte Mitarbeiter durchgeführt werden, die den Bereich langfristig aufbauen. Darüber hinaus sollte ein Budget vorgesehen werden, da insbesondere wachstumsorientierte Spin-offs zunächst Investitionen erfordern. Die Wissenschaftseinrichtung tritt hier in einer neuen Rolle auf: als Seed-Investor, der aus seinen Forschungsergebnissen eine maximale Wertschöpfung erreichen will.