Warum Konzerne in Start-ups investieren

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„Für uns war 2012 genau der richtige Zeitpunkt, um als Venture Capital-Investor tätig zu werden. Gerade institutionelle Fonds hatten zu der Zeit große Schwierigkeiten“, sagt Bernhard Mohr, Managing Director von Evonik Venture Capital. „Wir sind davon überzeugt, dass Corporate Venture einen großen Beitrag in der Industrie leisten wird.“ Der VC-Arm des Spezialchemieunternehmens ist mit einigem Kapital ausgestattet: Insgesamt 100 Mio. EUR sollen mittelfristig in Start-ups aus Europa, Asien und den USA fließen. Zunächst investierte Evonik „nur“ indirekt, also über Fonds wie den High-Tech Gründerfonds, den Emerald Cleantech Fund sowie den Pangaea Ventures Fund. Doch Evonik will mehr sein als reiner Kapitalgeber. „Wir wollen die Start-ups bei ihrem Wachstum auch mit technischer Expertise und strategischem Wissen unterstützen“, erklärt Mohr. „Und wir wollen damit nicht nur kurzfristige finanzielle Ziele, sondern auch langfristige strategische Ziele erreichen.“ Für Evonik ist Corporate Venture eine Ergänzung zu den Innovationsprozessen im Konzern. „Das ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, in Kontakt mit interessanten Technologiefirmen zu kommen und einen Einblick in deren neue Technologien zu erhalten.“

Evonik: Erste Direktbeteiligung

Bernhard MohrAllein im vergangenen Jahr haben Mohr und sein Team mehr als 350 junge Unternehmen geprüft. Im Dezember 2013 folgte daraus die erste Direktbeteiligung, nämlich an FRX Polymers, einem US-amerikanischen Unternehmen, das über besondere Kompetenzen bei umweltfreundlichen Flammschutzmitteln auf Polymerbasis verfügt. Für Evonik sind hauptsächlich Unternehmen aus den Bereichen Ressourceneffizienz, Gesundheit, Ernährung und Spezialmaterialien interessant. „Wenn wir investieren, müssen neben einer nachhaltigen Wachstumsstrategie auch das technologische Know-how, ein hoch motiviertes und fokussiertes Management, eine abgesicherte IP-Position und ein klares Alleinstellungsmerkmal vorhanden sein“, sagt Mohr. Für Evonik ging die Rechnung bisher auf: „Zum einen lernen wir viele Unternehmen kennen, die für uns interessant sind, und haben schon jetzt einige Kooperationen in die Wege geleitet. Zum anderen zeigt auch das erste Direktinvestment, dass unser Corporate Venture in die richtige Richtung geht“, freut sich der Beteiligungsmanager.

PDV Intermedia Venture investiert aus der Bilanz

Schon länger als Venture Capital-Investor aktiv ist die Mediengruppe Presse-Druck aus Augsburg. Mit der PDV Intermedia Venture GmbHRenate Dempfle verfügt sie seit 2009 über eine eigene Investmentgesellschaft. „Als wir angefangen haben, waren wir unter den regionalen Verlagshäusern eines der ersten“, erinnert sich Renate Dempfle, die die Wagniskapitaltochter leitet. „Damals hatten nur die Großen wie Bertelsmann oder Holtzbrinck einen Corporate Venture-Arm.“ Pro Investment fließen 250.000 bis 1 Mio. EUR. Über einen eigenen Fonds verfügen kann Dempfle allerdings nicht. „Wir hängen an der Geschäftsführung der Mediengruppe, investieren direkt aus der Bilanz.“ Jedes Investment soll einen strategischen Nutzen bringen. „Uns interessiert als Investor alles, was die Transition vom klassischen zum digitalen Geschäft betrifft“, sagt die Beteiligungschefin. „Wir erhoffen uns dadurch ein besseres Verständnis neuer digitaler Geschäftsmodelle“, erklärt sie. Das jüngste Investment ging zum Beispiel an Pressmatrix. Das Start-up hat eine Technik entwickelt, die aus einem simplen PDF-Dokument eine multifunktionale App erstellen kann – ein digitales Magazin zum Selbermachen also. „Wir investieren nur in Unternehmen, die sehr dicht an unserer Branche sind, also in Geschäftsmodelle und Produkte, die wir auch verstehen“, so Dempfle.

Nah am Kerngeschäft

Bereits seit 2009 ist die Mediengruppe bei der Online-Singlebörse eDarling aktiv. Auch hier ist man ein branchennahes Investment eingegangen, war doch die Partnersuche über Annoncen früher ein klassisches Zeitungsgeschäft. Dass eDarling in rund 20 Ländern erfolgreich sein würde, hat die Investoren selbst überrascht. „Mal sind die Wachstumsraten höher, mal niedriger. Insgesamt ist unsere Geschäftsführung sehr zufrieden, das gesamte Portfolio entwickelte sich seit 2009 positiv. Aber gerade bei eDarling haben wir eine so rasante Entwicklung nicht erwartet“, sagt die Beteiligungsmanagerin. Die Verfügbarkeit von Venture Capital sieht sie zwiegespalten: „In den ersten Phasen kommen Start-ups hier relativ leicht an Geld. Es gibt aber tatsächlich eine Investitionslücke in der Series A. Wir selbst machen kein Seed-Investment, es muss schon ein Proof of Investment da sein.“ Dabei investiert die Mediengruppe immer mit anderen gemeinsam. „Wir haben einen relativ großen Dealflow, haben uns in der Branche gut vernetzt“, betont Dempfle. „Wir arbeiten gerne mit Partnern wie dem High-Tech Gründerfonds und der IBB zusammen. Die wissen, was wir suchen und was zu uns passt. Und die Expertise der Profis dort ist entscheidend für unsere Risikobewertung.“