Interview mit Alfons Botthof, Institut für Innovation und Technik (iit)

 

 

VC Magazin: Welche Bedeutung hat das Thema Autonomik im Kontext von Industrie 4.0?
Botthof: Es geht dabei um den Aufbau autonomer technischer Systeme oder Prozesse. Das kann in der Logistik sein, das kann in der Produktion sein – dies ist im Wesentlichen der Fokus von Industrie 4.0. Im Kern dreht es sich um sogenannte smarte Objekte, die sich in der Regel drahtlos und zunehmend über das Internet vernetzen und miteinander kommunizieren. Im konkreten Zusammenhang mit dem Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) geht es beispielsweise um mobile Assistenzsysteme und Internetdienste für die Produktion. Anhand einiger weiterer Schlagworte möchte ich das weiter veranschaulichen: Plug and Play-Vernetzung von Maschinen und Anlagen, fahrerlose Betriebssysteme – beispielsweise in der Landwirtschaft – oder bionisch gesteuerte Fertigungssysteme für kundenindividuelle Produkte. Ein anderer Punkt sind Schutz- und Sicherheitskonzepte. Wir haben ein Projekt, das sich mit autonomen Flugsystemen – also Drohnen – befasst. Die Drohnen können die Inventarisierung von Lagerbeständen vornehmen. Ein anderes befasst sich mit Echtzeitsystemen als Assistenz für Mitarbeiter in der Produktion. Es gibt ein Projekt für dezentrale Produktionssteuerung in der Automobilindustrie. Bei einem anderen ganz interessanten Vorhaben ist auch Adidas mit dabei. Hierbei geht es um eine automatische Einzelstückfertigung von Sportschuhen. Dadurch erhofft man sich auch die Rückverlagerung von Arbeitsplätzen aus Billiglohnländern, in denen Einzelstücke bisher in Handarbeit gefertigt werden.

VC Magazin: Welche konkreten Zielsetzungen verfolgt das Bundeswirtschaftsministerium mit dem Förderprogramm „Autonomik für Industrie 4.0“?
Botthof: Es handelt sich bei dem Förderprogramm um einen zentralen Beitrag bei der Umsetzung des Zukunftsprojektes Industrie 4.0. Das BMWi fördert beispielgebende Projekte, die nachweisen, dass durch die Vernetzung von Prozessen und Systemen neue Geschäftsmodelle in der Wirtschaft möglich sind, und dass eine neue Qualität in der Echtzeitbearbeitung von Kundenanforderungen erreicht wird. Letzteres kann sich auch sehr stark in Richtung Losgröße eins bewegen, wobei man sehr viel individueller und flexibler fertigen kann und vor allem über eine hohe Transparenz darüber verfügt, was in den Fabriken und Wertschöpfungsketten passiert. Wir kümmern uns als Begleitforschung auch um den Abbau von Innovationshemmnissen. In diesem Feld gibt es noch unzureichende Normen und Standards. Außerdem geht es um Referenzarchitekturen und die eben schon angedeutete Plug and Play-Fähigkeit beziehungsweise Interoperabilität von Systemen. Eine ganz wichtige Zielsetzung des BMWi ist es, die juristischen Aspekte zu klären. Von hohem Interesse ist auch, dass sich durch die zunehmende Digitalisierung die Arbeitsorganisation und Interaktionsformen ändern. Wir befassen uns ebenfalls mit dem Thema, wie die Arbeitsumgebung und Arbeitsprozesse lernförderlich gestaltet werden. Eine weitere Zielsetzung, die das BMWi explizit verfolgt, ist der Aufbau einer industriellen Servicerobotik. Wir sind in der Automatisierung in Deutschland sehr gut aufgestellt, andere Länder sind aber in der Robotik schon weiter fortgeschritten. Ein anderes wichtiges Ziel ist die Diskussion um Standards und Normen auf der europäischen und mittlerweile auch der internationalen Ebene.