Corporate Venture Capital-Geber als Investoren?

Was Beteiligungsarme von Konzernen leisten können und was nicht

Corporate Venture Capital-Geber als Investoren?
Corporate Venture Capital-Geber als Investoren?:Was Beteiligungsarme von Konzernen leisten können und was nicht

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Sie haben für Ihr Start-up Kapital eingesammelt. Es lief gut: Ihre Finanzierungsrunde ist überzeichnet, und Sie sind nun in der angenehmen Lage, sich aussuchen zu können, welche Investoren Sie in Ihre Captable aufnehmen möchten. Sollten Sie sich dabei für eine Venture Capital- oder Corporate Venture Capital-(CVC-)Gesellschaft entscheiden? Vor dieser Frage stehen viele Unternehmen. Was also ist bei einer CVC-Finanzierung zu bedenken?

Zunächst zu den Grundlagen. Als CVC-Gesellschaft bezeichnet man Investmentgesellschaften von Großunternehmen. Meistens verfolgen Unternehmenseinheiten mit ihrer Gründung mehrere Ziele: Das CVC-Team soll Innovationen erleichtern, Einblicke in das sich entwickelnde Marktumfeld und in die Tätigkeit von Start-ups gewähren sowie im Idealfall verhindern, dass das Mutterunternehmen durch innovative Start-ups und neue, bahnbrechende Technologien ins Abseits gedrängt wird. Es existiert kein einheitliches CVC-Modell, sondern zahlreiche unterschiedliche Varianten von CVC-Teams. Manche sind eng mit dem Kerngeschäft ihrer Muttergesellschaft verbunden und investieren üblicherweise in Start-ups mit starker strategischer Verbindung zum Unternehmen. Oft geschieht dies mit Unterstützung eines „Fürsprechers“ innerhalb einer internen Geschäftseinheit, der der Ansicht ist, dass das Start-up dem Unternehmen von Nutzen sein kann. Andere CVCs sind unabhängiger vom Mutterunternehmen strukturiert und verfügen über eigene Fonds und die Autonomie, Investitionsentscheidungen selbst zu treffen. Letztere CVC-Teams können wie eine traditionelle Venture Capital-Gesellschaft aussehen und operieren.

Vorteile, die CVCs mitbringen können

Unabhängig von den jeweiligen Modellen hat die CVC-Finanzierung in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Untersuchungen von GCV Analytics zufolge hat sich die Anzahl der CVC-Deals zwischen 2011 und 2019 vervierfacht und die Rekordmarke von 3.237 erreicht. Zurückführen lässt sich dieser Popularitätsschub auf die bedeutenden Vorteile, die Corporate Venture Capital für Unternehmen und Start-ups gleichermaßen mit sich bringen kann:

  • CVCs sind ein potenzieller Einstiegspunkt für große Organisationen, die Kunden der jeweiligen Start-ups werden könnten. Zahlreiche CVCs investieren in der Hoffnung, den Start-ups hierdurch bei der Sicherung von Aufträgen aus dem Kerngeschäft des Unternehmens zu helfen, Wachstum und Profitabilität des Start-ups zu fördern und entsprechend hohe finanzielle Erträge zu erzielen.
  • Ein bekannter und renommierter Unternehmensinvestor kann ein starkes Signal des Vertrauens und der Zuversicht setzen. Die meisten CVCs verfügen über fundierte Branchenkenntnisse und sind in der Lage, eine gründliche technische Due Diligence eines Start-ups durchzuführen. Ein Unternehmen im Captable kann daher das Profil Ihres Start-ups gegenüber potenziellen Kunden und Investoren stärken.
  • CVCs können Start-ups mit Branchenkenntnissen, Einblicken und Kompetenzen bei der Entwicklung eines überzeugenden Produktangebots unterstützen. Dies gilt insbesondere für komplexe und stark regulierte Branchen mit langen Verkaufszyklen und technischen Hürden, wie die Energie- und Automobilindustrie.

Was CVCs nicht leisten können

Klingt überzeugend? Bevor Sie sich für eine CVC-Finanzierung entscheiden, sollten Sie die folgenden Punkte berücksichtigen:

  • Die Investition durch eine CVC-Gesellschaft ist nicht gleichbedeutend mit automatischen Einnahmen oder einem Handelsvertrag. Die meisten Start-ups hoffen darauf, dass ein CVC-Investment umgehend zu Handelsverträgen und Projekten mit Millionenwert führt. Doch ganz so einfach ist das nicht: Das CVC-Team muss Ihre Lösung noch intern verkaufen – und das ist nicht immer eine leichte Aufgabe. Das CVC-Team kann Ihnen den Weg durch die internen Unternehmensstrukturen ebnen, doch dann ist es an Ihnen, die betreffenden Geschäftseinheiten von Ihrer Lösung zu überzeugen.
  • CVC-Teams werden in der Regel getrennt von den Kerngeschäftsteams sowie mit eigener Zielsetzung und eigenen KPI geführt. In der Regel wird darauf geachtet, dass „Chinese Walls“ zwischen dem CVC-Team und dem Kerngeschäft bestehen und die Vertraulichkeit gewährleistet bleibt. Sie können also offen über Ihr Produkt sprechen, sollten sich dabei jedoch bewusst sein, dass es sich beim CVC-Team nicht um ein CSR-Programm handelt. Ziel des CVC-Teams ist es, Innovationen und Umsatz des Kerngeschäfts zu steigern. Dies kann über Partnerschaften, Handelsverträge, Finanzrendite oder strategische Erkenntnisse geschehen. Die meisten CVCs sind sich über die Trennlinie zwischen ihren Investitionstätigkeiten und dem Kerngeschäft im Klaren, doch Sie sollten berücksichtigen, dass CVCs aus anderen Beweggründen handeln als herkömmliche Wagniskapitalfonds.
  • Manche Gründer sind unsicher, ob CVCs Mittel für die Teilnahme an Folgerunden zur Verfügung haben. Auch wenn es vorkommen kann, dass eine CVC-Gesellschaft keine Mittel für die Anschlussfinanzierung hat, verfügen die meisten etablierten CVCs über klare interne Prozesse, die sicherstellen, dass sie ihre Portfoliounternehmen über Jahre hinweg bis zum Ausstieg unterstützen können. Von einer CVC-Gesellschaft eine klare Garantie zu erhalten kann jedoch schwierig sein – daher sollten Sie Ihre Hausaufgaben machen. Achten Sie darauf, wie das CVC-Team bisher investiert hat, wie die Zusammenarbeit mit den anderen Unternehmen im Portfolio der CVC-Gesellschaft ablief und ob sie über eigene Ressourcen und ein engagiertes Team verfügt. Ist dies der Fall, dann kann eine CVC-Gesellschaft möglicherweise sogar flexibler operieren als traditionelle Venture Capital-Gesellschaften. Allerdings bleibt immer das Risiko, dass das Investitionsmandat des CVC-Teams geschwächt wird, wenn sich die Strategie und Prioritäten des Mutterunternehmens ändern.
  • Der erste Schritt zur Übernahme? CVCs folgen unterschiedlichen Investmentthesen und Investitionsagenden. Einige CVCs wollen nur begrenzte Minderheitsbeteiligungen an Unternehmen eingehen, ohne die Absicht, das Unternehmen zu erwerben. Andere streben eine umfangreichere Beteiligung an, um sich auf eine mögliche künftige Übernahme vorzubereiten. In diesen Fällen können Vorkaufsrechtklauseln und andere vertragliche Bedingungen der Investition wichtig werden. Eine Vorkaufsrechtklausel kann dazu führen, dass konkurrierende Unternehmen kein Übernahmeangebot abgeben, da sie befürchten, dass CVC-Investoren die Transaktion durch ihr Vorkaufsrecht blockieren. Andererseits sind viele CVCs aktive Käufer ihrer Portfolioneugründungen, und eine CVC-Investition könnte den Weg für einen zukünftigen Verkauf und lukrativen Ausstieg ebnen.
  • Schöpfen Sie das Potenzial des Unternehmensnetzwerks aus. Die meisten CVCs sind gut mit anderen Unternehmen und CVCs vernetzt und können wertvolle Kontakte zu potenziellen Auftraggebern wie auch weiteren Investoren herstellen.

Fazit

Ob eine CVC-Gesellschaft der richtige Partner für Ihr Start-up ist, hängt von Ihren besonderen Umständen, Ihrer Strategie und Ihrem Ansatz ab. Da keine zwei Investoren gleich sind und jeder eigene Prioritäten hat, sollten Sie bei der Evaluierung von CVCs viele Fragen stellen, auch und besonders über das Finanzielle hinaus. Um eine erfolgreiche und für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaft aufzubauen, ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen, um genau zu verstehen, welchen Ansatz das CVC-Team verfolgt, welches seine Anforderungen sind, wie es in das Mutterunternehmen eingegliedert ist und wie viel Unterstützung und Engagement Sie von ihm erwarten können.

 

Yi Jean Chow ist Investment Principal bei Future Energy Ventures. Future Energy Ventures ist die Wagniskapital- und Kooperationsplattform von E.on, verwaltet ein Portfolio im Wert von rund 250 Mio. EUR und investiert in digitale sowie digital gestützte Technologien und Geschäftsmodelle, die das Potenzial haben, die Energielandschaft der Zukunft grundlegend zu verändern.