Bildnachweis: Keller Schneider.
Das Jahr 2025 beginnt mit einer Mischung aus Optimismus und Vorsicht. Nach den turbulenten Jahren, die von globalen Krisen und wirtschaftlichen Unsicherheiten geprägt waren, hoffen viele, dass die Märkte sich stabilisieren und langfristiges Wachstum wieder in den Fokus rückt. Welche Auswirkungen die vergangenen Jahre auf die Branche hatten, welche Entwicklungen in den kommenden Monaten prägend sein werden und welche Perspektiven sich eröffnen, beleuchten Persönlichkeiten aus der deutschen VC- und PE-Szene in unseren Neujahrsgesprächen.
VC Magazin: Das Jahr 2024 war äußerst Ereignisreich – gab es in 2024 neue Entwicklungen im Gebiet des geistigen Eigentums?
Schade: 2024 war ein spannendes Jahr für den Bereich der Patente aber auch des gesamten Bereichs IP. Besonders hervorzuheben ist die zunehmende Bedeutung von Patenten im Bereich Künstliche Intelligenz (KI). Viele Unternehmen haben in diesem Jahr ihre Strategien angepasst, um Schutzrechte für KI-basierte Technologien effizienter zu gestalten. Zudem beobachten wir, dass der Schutz von Softwareerfindungen, insbesondere im Kontext von maschinellem Lernen, weiter an Relevanz gewonnen hat. Auch auf regulatorischer Ebene hat sich einiges getan: Der Unified Patent Court (UPC) hat sich weiter etabliert, was die Durchsetzung von Patenten in Europa vereinfacht und harmonisiert. Dies eröffnet insbesondere für technologieorientierte Unternehmen neue Möglichkeiten. Ebenso hat der Einsatz von KI-basierten Tools für unsere tägliche Arbeit zugenommen. Es wurden unglaublich viele Tools auf den Markt gebracht und es fällt schwer den Überblick zu bewahren.
VC Magazin: Wird die Wichtigkeit der Patente im kommenden Jahr weiter zunehmen?
Schade: Ich bin überzeugt, dass Patente 2025 auch weiterhin eine große Rolle spielen werden, insbesondere in Branchen, die stark von technologischen Innovationen geprägt sind. Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung treiben die Nachfrage nach neuen Lösungen und Innovationen voran – und damit auch den Bedarf, diese rechtlich zu schützen. Gerade im Bereich der grünen Technologien, aber auch in disruptiven Technologien wie Quantencomputing und Biotechnologie, werden wir wahrscheinlich eine Zunahme an Patentanmeldungen sehen. Unternehmen erkennen zunehmend, dass ein starkes IP-Portfolio ein entscheidender Wettbewerbsvorteil ist.
VC Magazin: Donald Trump wird neuer Präsident der USA, Deutschland wählt eine neue Regierung – es stehen einige Veränderungen an. Mit welchen Gefühlen blicken Sie unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf das kommende Jahr?
Schade: Die Wiederwahl von Donald Trump hat viele Diskussionen ausgelöst – nicht zuletzt, weil sie emotional stark polarisiert und in den Medien intensiv diskutiert wird. Für mich persönlich ist es jedoch wichtiger, die tatsächlichen wirtschaftlichen Folgen abzuwarten, anstatt mich von den Schlagzeilen leiten zu lassen. Politische Entscheidungen wirken sich oft erst mit Verzögerung auf die Märkte und Unternehmen aus, und hier liegt auch meine eigentliche Erwartungshaltung. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehe ich in Trumps Politik sowohl Risiken als auch Chancen. Einerseits wird seine protektionistische Haltung mit großer Wahrscheinlichkeit unsere Handelsbeziehungen belasten, insbesondere zwischen den USA, China und Europa. Gerade für exportorientierte Unternehmen bedeutet das Unsicherheit, aber auch die Notwendigkeit, sich stärker zu diversifizieren und innovative Ansätze zu entwickeln. Diese Anpassungsfähigkeit von Unternehmen ist etwas, das mich immer wieder beeindruckt – und mir auch Zuversicht gibt. Andererseits ist davon auszugehen, dass Trump die Geldmenge erhöhen und die Zinsen senken wird. Dies wird eine Kettenreaktion auslösen, wobei auch in Europa und in China die Zinsen
gedrückt werden müssen. Dies wird sich positiv auf die globalen Märkte auswirken.
In Deutschland blicke ich mit sehr verhaltenem Optimismus auf die kommende Regierungsbildung. Ich wünsche mir, dass Deutschland diese globale Veränderung nicht verschlafen wird. Es wird strukturelle Veränderungen geben müssen, jedoch braucht es dafür ein wenig Zeit und beherztes politisches Handeln. Die Bereitschaft der Unternehmen für Investitionen und Innovationen werden entscheidend sein, damit Deutschland als Wirtschaftsstandort wieder zu alter Stärke zurückfindet. Besonders in meiner Arbeit mit IP Strategien, wo wirtschaftliche Faktoren und IP aufeinandertreffen, hoffe ich, dass weiterhin kluge Weichen gestellt werden, um Forschung und Entwicklung zu fördern und Unternehmen auf ihrem Weg zu unterstützen. Meine Gefühle für 2025 sind daher gemischt: Einerseits bringt die politische Unsicherheit naturgemäß Herausforderungen mit sich. Andererseits vertraue ich auf die Resilienz der Wirtschaft – und darauf, dass wir auch in turbulenten Zeiten neue Lösungen finden, die nachhaltig und zukunftsorientiert sind.
VC Magazin: Was wünschen Sie sich persönlich für das neue Jahr?
Schade: Mein persönlicher Wunsch ist, dass Innovationen weiterhin im Fokus bleiben – sowohl auf Unternehmensebene als auch gesellschaftlich. Ich wünsche mir, dass Unternehmen, Regierungen und Wissenschaft noch stärker zusammenarbeiten, um technologische Fortschritte verantwortungsvoll und nachhaltig zu gestalten. Auf persönlicher Ebene hoffe ich, dass ich auch im nächsten Jahr spannende Projekte begleiten kann, bei denen sich technisches, rechtliches und wirtschaftliches Denken vereinen lassen.
Über den Interviewpartner:
Mirko Schade ist geschäftsführender Partner der Patentanwaltskanzlei Keller Schneider und Geschäftsführer des auf IP Due Diligence spezialisierten Unternehmens Integrate IP. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Evaluationen von Start-ups, Management des geistigen Eigentums (Intellectual Property) sowie Beratung von Innovations- und Entwicklungsprozessen.