Bildnachweis: Christoph Blepp, S&B Strategy.
Die goldenen Zeiten des billigen Geldes sind vorbei – und mit ihnen ein Private-Equity-Modell, das lange auf schnellen Renditen durch Leverage basierte. Heute rücken operative Exzellenz, Digitalisierung und belastbare Geschäftsmodelle ins Zentrum jeder erfolgreichen Beteiligung. Besonders in der Bau- und Infrastrukturbranche zeigt sich, dass reine Finanzierungslogik nicht mehr trägt. Christoph Blepp, Managing Partner von S&B Strategy ist überzeugt: Die Branche steht vor einem grundlegenden Wandel.
VC Magazin: Ihre Analyse zeigt, dass Leverage nach 2008 zur dominierenden Wachstumsstrategie in Private Equity wurde. Warum wurde operative Transformation so lange vernachlässigt – und welche strukturellen Probleme resultieren daraus?
Blepp: Nach der Finanzkrise 2008 war die Nutzung von Leverage die bevorzugte Strategie im Private-Equity-Sektor. Dies hatte mehrere Gründe: Zum einen waren die Zinsen historisch niedrig, was die Aufnahme von Fremdkapital besonders attraktiv machte. Zum anderen hatten viele PE-Fonds den Druck, schnelle Renditen zu erzielen, was durch Hebeleffekte möglich war. Operative Transformationen hingegen galten oft als langwierig und risikobehaftet. Dadurch wurden Chancen zur nachhaltigen Wertsteigerung vernachlässigt. Die strukturellen Probleme, die daraus resultierten, umfassen eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Zinsänderungen und wirtschaftlichen Abschwüngen sowie eine geringere Resilienz der Portfoliounternehmen. Diese Effekte sind mittlerweile in vielen Portfolios deutlich sichtbar.
VC Magazin: Mit steigenden Zinsen und wachsendem wirtschaftlichem Druck verändert sich das PE-Modell. Welche konkreten Anpassungen müssen Investoren jetzt vornehmen, um weiterhin Wertsteigerung zu erzielen?
Blepp: Mit der aktuellen Zinswende und zunehmendem ökonomischen Druck müssen PE-Investoren umdenken. Die Fokussierung allein auf Leverage reicht nicht mehr aus und ist ehrlich gesagt auch höchst riskant. Stattdessen gewinnen operative Exzellenz und langfristige Strategien an Bedeutung. Dies umfasst die Implementierung effizienter Prozesse, Kostensenkungen und die Entwicklung neuer Geschäftsfelder innerhalb der Portfoliounternehmen. Investoren müssen ihre Bewertungsansätze anpassen und vermehrt auf robuste Geschäftsmodelle setzen, die auch in unsicheren Zeiten Wert schaffen bzw. die Raum für eine GP-getriebene Multiple Expansion eröffnen. Damit meine ich nicht nur ausdrücklich Maßnahmen zur reinen Optimierungen von ERP, CRM, Reporting etc., sondern auch die effektive Nutzung derselben. Dabei spielen bspw. ein aktiver Marktbearbeitungsansatz mit einem echten Value-Based-Pricing, Innovationskraft und eine solide Digitalisierungsstrategie eine zentrale Rolle.
VC Magazin: Im Bau- und Infrastruktursektor zeigt sich besonders stark, dass Finanzierungsstrategien allein nicht mehr genügen. Was sind die entscheidenden Hebel für eine erfolgreiche Transformation in diesem Bereich?
Blepp: Im Bau-, Bauzuliefer- und Infrastruktursektor zeigt sich besonders deutlich, dass die reine Fokussierung auf Finanzierungsstrategien nicht mehr ausreicht. Erfolgreiche Transformationen setzen auf eine Kombination aus Digitalisierung, nachhaltigem Bauen und der Optimierung von Lieferketten. Der Einsatz moderner Technologien zur Effizienzsteigerung und die Implementierung schlagkräftiger Delivery-Prozesse ermöglicht eine bessere Ressourcenplanung und Kosteneffizienz. Zudem müssen Unternehmen ihre Geschäftsmodelle flexibilisieren, um schneller auf Marktschwankungen reagieren zu können.
VC Magazin: Ihre Studie betont, dass PE-Fonds stärker auf nachhaltige Wertschöpfung und operative Exzellenz setzen müssen. Wie verändert das den Investmentansatz und die Exit-Strategien?
Blepp: Die Betonung auf nachhaltige Wertschöpfung zwingt PE-Fonds dazu, ihren Investmentansatz grundlegend zu überdenken. Statt kurzfristiger Gewinnmaximierung rückt die Schaffung von Mehrwert über operative Verbesserungen in den Fokus. Dies beeinflusst auch Exit-Strategien: Erfolgreiche Verkäufe werden vermehrt durch die nachweisliche Stärkung der operativen Leistungsfähigkeit ermöglicht. Investoren müssen sich intensiver mit den operativen Kernprozessen ihrer Portfoliounternehmen auseinandersetzen und Maßnahmen zur Effizienzsteigerung frühzeitig implementieren, d.h. neben Umsatz- und Margensteigerung v.a. auch die Multiple-Steigerung fokussieren. In vielen Buy-Side Prozessen wird klar, dass die übergeordneten Markt- und Kundendynamiken attraktiv sind, aber die Transparenz der Unit-/ Project-/ Customer-Economics nicht oder unzureichend vorhanden ist, um dem Skalierungspotenzial Glaubwürdigkeit zu verleihen und die Optimierungshebel bei Integrationen quantifizierbar zu machen.
VC Magazin: Neben strukturellen Anpassungen spielt auch Innovation eine Rolle. Welche Rolle haben digitale Transformation und neue Geschäftsmodelle für PE-Investments in der aktuellen Marktlage?
Blepp: In der aktuellen Marktlage sind digitale Transformation und innovative Geschäftsmodelle entscheidende Hebel für nachhaltigen Erfolg im PE-Sektor. Dies betrifft nicht nur die Digitalisierung interner Prozesse, sondern auch die Entwicklung neuer Produkt- und Serviceangebote. Gerade im Bau- und Infrastruktursektor stehen wir hier oft noch ganz am Anfang, was u.a. auf die breiten und tiefen Wertschöpfungsketten zurückzuführen ist. PE-Investoren müssen ein Verständnis für die digitale Reife ihrer Zielunternehmen entwickeln und aktiv in die Weiterentwicklung investieren. Nur so lassen sich langfristige Wettbewerbsvorteile sichern. Und damit meine ich nicht die Einführung eines ERP-Systems oder eines IT-Tools, sondern die aktive Abarbeitung der Prozessschnittstellen und -ineffizienzen in den jeweiligen Unternehmen, auch wenn es sehr aufwändig ist.
VC Magazin: Ihre Analyse spricht von einer „neuen Ära der Wertschöpfung“ im Private-Equity-Sektor. Wie sieht das PE-Modell der Zukunft aus – und woran werden sich erfolgreiche Fonds 2030 messen lassen?
Blepp: Back to the Roots. Die Zukunft des Private Equity wird sich stärker an messbaren, nachhaltigen Wertsteigerungen orientieren. Erfolgreiche Fonds im Jahr 2030 werden sich durch eine Kombination aus operativer Exzellenz, digitaler Innovationsfähigkeit und PMI-Kompetenz auszeichnen. Ein zentrales Kriterium für den Erfolg wird die Fähigkeit sein, Portfoliounternehmen resilient gegenüber regionalen wie globalen Krisen und wirtschaftlichen Verwerfungen aufzustellen. PE-Fonds, die in ihren Investments die operativen Voraussetzungen für wertsteigernde Buy-and-Build-Konzepte legen – und der Buy-Side im Exit belegen können, dass historischer Erfolg und Businessplan auf klaren Kennzahlen beruhen –, werden die Marktführer von morgen sein.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Über den Interviewpartner:
Christoph Blepp ist einer der führenden Strategieberater in der Bau- und Bauzulieferindustrie sowie im Infrastruktursektor mit umfassender Expertise in den Bereichen Strategieentwicklung, Value Creation und Unternehmensführung. Sein Fokus liegt darauf, nachhaltige Effekte für Unternehmen zu erzielen und strategische Initiativen mit messbaren Ergebnissen zu verbinden.