Bildnachweis: Dominik Gierke, VC Magazin, Pixabay.
In Deutschland ist das Finanzierungsumfeld für Start-ups aus dem IT-Sektor und der Life-Science-Industrie in den letzten Jahren schwieriger geworden. Zugleich bietet Venture Capital auch mittelständischen Unternehmen Chancen, über Partnerschaften mit der Industrie neue technologische Herausforderungen zu meistern. Vor diesem Hintergrund diskutierten Experten auf dem Geburtstag des VentureCapital Magazins über die Zukunft ihrer Branche.
Der Blick auf das Münchener Millennium Eye im Münchner Werksviertel mit seiner Campus-Atmosphäre aus Start-up-Büros, Shared Workspaces und hippen Lokalen war im Verbund mit dem Kaiserwetter der optimale Rahmen für das VentureCapital Magazin, um im WERK1 das 25-jährige Jubiläum seines Bestehens zu feiern. Nach dem Rückblick auf die Entwicklung von einer 16-seitigen Sonderbeilage des GoingPublic Magazins zu einer multimedialen Informationsquelle über und für die VentureCapital-Branche im deutschsprachigen Raum lieferten Expertenrunden den knapp 200 Teilnehmenden etliche Diskussionsthemen zu Gegenwart und Zukunft der deutschen Venture Capital-Branche. Der Tenor: Das Zusammenspiel von Frühfinanzierungen durch lokale Player, dem Ausbau von Corporate Venture Capital und der Bildung von internationalen Konsortien für fortgeschrittene Entwicklungsstadien bietet die besten Voraussetzungen, damit Start-ups eine Erfolgsstory schreiben können.
Blick auf den Gründerstandort Bayern – Gründungssitz des VentureCapital Magazins
Nach Grußworten von Tobias Gotthardt, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, sowie Gudrun Weidmann, Ministerialdirigentin im Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, berichteten Dr. Robert R. Richter, CEO vom WERK1, und Arno Eggers, Leiter Munich Startups, was ein gutes Gründerzentrum und eine erfolgversprechende Gründerregion ausmachen. Die Initiative Gründerland des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie ist ein Beispiel dafür, wie von politischer Seite ein Netzwerk aus Unternehmen, Wissenschaft und Gründerszene gefördert wird.
Bayerisches Unicorn
Wie eine Erfolgsstory auf dem Weg zum Unicorn, also einem Start-up mit einer Bewertung von mehr als 1 Mrd. Euro, aussehen kann, wurde im ersten Panel mit Florian Sauter, dem Mitgründer der EGYM AG, diskutiert. Die 2010 gegründete Firma aus München entwickelt digital vernetzte Fitnessgeräte und zählt im Firmenfitness-Programm EGYM Wellpass rund 10.000 Unternehmen zu ihren Kunden. Der Wettbewerb im Münchener Businessplan war der Startschuss. Zusammen mit der Bayern Kapital, die mit Franz Wocheslander im Panel vertreten war, ist der HTGF einer der Frühfinanzierer von EGYM. Für Alex von Frankenberg, Geschäftsführer des HTGF, zählt die Fähigkeit, eine langfristige Vision zu exekutieren und zu implementieren, zu den herausragenden Qualitäten von EGYM. Inzwischen sind auch internationale Venture Capital-Gesellschaften als Geldgeber an Bord. Den IPO als nächsten Schritt in der Entwicklung der Firma stellte von Frankenberg zur Diskussion: „Ein Börsengang ist erst der Anfang der Reise von EGYM auf dem Weg zu einem potenziellen Decacorn“, zeigt sich der Wagniskapital-Experte optimistisch.
Wertschöpfung mit CVC
Welche Wettbewerbsvorteile sich Start-ups wie auch mittelständische Unternehmen durch Corporate Venture Capital verschaffen können, war Gesprächsthema der nächsten Diskussionsrunde mit vier Experten, die von Dejan Jovicevic, dem Gründer und CEO der brutkasten Media, moderiert wurde. Dass die VC-Investments dem eigenen Business zugutekommen müssen, waren sich alle Diskutanten einig. „Unternehmen können sich kaum konstant neu erfinden und sind deshalb auf externen Input angewiesen“, meinte Florian Nöll, der als Global Venturing & EMEA Startups, Scaleups Leader bei PwC Deutschland Familienunternehmen und Vorstände von mittelständischen Unternehmen berät. Seine These untermauerte Nöll mit den Ergebnissen einer Studie, derzufolge 42% der befragten CEOs sich überzeugt zeigten, dass das eigene Geschäftsmodell in der aktuellen Form in zehn Jahren nicht mehr existieren wird. Bei den Transaktionsmodellen favorisiere PwC Joint-Ventures. Die CVC-Aktivitäten, so Nöll weiter, haben dabei eine Radarfunktion für das eigene Geschäft, um früh neue Trends und Technologien zu erkennen. Eine ähnliche Strategie verfolgt Siemens Energy Ventures, wie General Partner Kendra Rauschenberger erläuterte. Um ihren Portfoliofirmen mit dem Fokus neue Energie-Technologien ein Scale-Up für die nächste Stufe ihrer Entwicklung zu geben, verfolgt die Gesellschaft eine dreigleisige Strategie aus klassischen VC-Investments in Verbindung mit Venture Building und Venture Clienting.
Eindrücke von der Veranstaltung finden Sie in der Fotogalerie:
Die NRW.Bank verfolgt nach den Worten ihrer Corporate-Finance-Expertin Tanja Rosendahl als strategischer Investor einen finanzgetriebenen und exitorientierten CVC-Ansatz. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Company Building über den Aufbau und die Finanzierung von externen Teams für die Weiterentwicklung im operativen Geschäft. Peter Lauerbach, Head of Investment bei vent.io, dem CVC-Bereich der Deutschen Leasing AG, sieht für seine Investitionstätigkeiten aktuell „Zeiten, in denen sich gut Geld verdienen lässt“, und verweist dabei auf die niedrigen Bewertungen, die aus der jüngsten Marktbereinigung resultieren. Der KI-Boom sei dabei ein Katalysator für eine Vielzahl von Innovationen. „Der Mittelstand wird für VC-Gesellschaften sexy, Startups werden für diese Firmen als Impuls- und Innovationsgeber immer interessanter.“ vent.io sieht sich hier als Brückenbauer: Neben der Finanzierung erhalten die Portfoliofirmen in ihrem Geschäft Zugang zu den Kunden der Deutschen Leasing AG.
Laudatio auf 25 Jahre Branchenmagazin
In ihrer Laudatio auf das Jubiläum des VentureCapital Magazins zog Anna Jacobi, stellvertretende Geschäftsführerin des Bundesverbandes Beteiligungskapital (BVK) geschickt Parallelen zwischen dem Branchenverband und Magazin. Sie betonte dabei unterhaltsam und pointiert auch die wichtige Bedeutung eines Fachmagazins für den BVK.
Breitere Investorenbasis gesucht
Wie sich die deutsche Life-Science-Branche in den 25 Jahren seit der Gründung des VC-Magazins entwickelt hat und was in Zukunft erforderlich ist, um die Finanzierungsoptionen zu verbessern, stand im Mittelpunkt der abschließenden Gesprächsrunde. „In Deutschland hat sich die Finanzierungsrealität seit der Jahrtausendwende nicht dramatisch geändert“, lautete das Resümee von Hubert Birner, Managing Partner bei TVM Capital Life Science. Zugleich machte er eine stagnierende Situation bei Neugründungen aus. Umso wichtiger sei es, mehr Kapital aus den USA, aus China und anderen Ländern zu mobilisieren und nach Europa zu holen. Auf der Investorenseite gehe es zum einen darum, eine neue Generation von VC-Investoren mit Track Record in der IT- und Life-Science-Industrie ins Boot zu holen. Zum anderen müssten mehr VC-Gesellschaften in die Rolle von Lead-Investoren hineinwachsen.

Für Marion Jung, die nach ihrer langjährigen Tätigkeit bei der VC-Firma Earlybird als CEO die Biotechfirma ChromoTek bis zu deren Übernahme leitete und seit 2024 im Vorstand der an Zelltherapien forschenden Firma T-CURX arbeitet, hat die VC-Branche auf beiden Seiten deutlich an Professionalität gewonnen. Um die langfristige Finanzierung von Firmen wie auch Closings sicherzustellen, seien immer größere Syndikate erforderlich. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass ein geschlossener Kreislauf an liquiden Märkten in Europa die Resilienz der Unternehmen verbessere.
„Ein europäisiertes Ökosystem“ erhofft sich auch Michael Brandkamp. Der Managing Partner des European Circular Bioeconomy Fund (ECBF), der in seiner langjährigen Karriere auch beim HTGF seit dessen Gründung 2005 arbeitete und dabei drei Fonds initiierte, setzt dabei ganz auf Impact Investing. „Start-ups und VC-Gesellschaften werden vereint die Wertschöpfungskette in Richtung nachhaltiges Wirtschaften disruptiv verändern.“ Anekdoten aus der Vergangenheit und einen Appell für die Zukunft lieferte Matthias Kromayer, Leiter des Investmentbereichs Life Sciences bei MIG. Anhand von drei Beispielen erläuterte er, dass auch VC-Investoren bei ihren Einschätzungen gelegentlich daneben liegen können. Seine Erkenntnis: „Triff keine Entscheidung, wenn das Bauchgefühl nicht dafür spricht.“ Und weil Venture Capital von den Menschen komme, plädierte er dafür, VC-Investments als umlagefinanzierte kapitalgebundene Altersversorgung zu fördern.
Get-Together in entspannter Atmosphäre
Im Anschluss an das Programm tauschten sich die Teilnehmenden beim Get-Together im Café des WERK1 aus. Der entspannte Rahmen, untermalt mit Lounge-Musik vom DJ-Pult, bot reichlich Raum für das Netzwerken, weitere Diskussionen über die Panel-Themen und und das gemeinsame Feiern des Jubiläums mit dem VC Magazin.
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