„Innovation wächst nicht im Amt, sondern im Austausch“

Interview mit Dr. Christian Scharpf, Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München

Dr. Christian Scharpf, Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München
Dr. Christian Scharpf, Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München

Bildnachweis: RAW Moritz Röder.

München hat sich in den vergangenen 25 Jahren zu einem der führenden Start-up-Hotspots Europas entwickelt. Dr. Christian Scharpf, Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt, spricht über Standortvorteile, Herausforderungen im internationalen Wettbewerb und die Rolle der Stadt als Innovationsmotor.

VC Magazin: Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Start-up- und Investorenlandschaft in München und Bayern in den vergangenen 25 Jahren entwickelt – welche Rolle spielt die Stadt dabei als wirtschaftspolitischer Akteur?

Scharpf: Nach der Dotcom-Krise vor 25 Jahren hieß es erst einmal: wenig Kapital, viel Skepsis. Heute ist München ein führendes Start-up-Zentrum Europas – mit über 1.600 Start-ups, wachsender Venture Capital- und Business Angels-Dichte und internationalen Playern vor Ort. Die Stadt sorgt nicht für Geschäftsmodelle – das ist Sache der Gründer –, aber sie baut das Fundament: Flächen, Infrastruktur, Netzwerke, Zugang zu Verwaltung und Forschung. Und wir sorgen auch dafür, dass München als starker Innovationsstandort wahrgenommen wird. Als Referat für Arbeit und Wirtschaft verstehen wir uns so: Wir öffnen Türen, wo Bürokratie bremst, wir schaffen Orte wie das Colab oder das WERK1, an denen Visionen auf Kunden und Kapital treffen können.

VC Magazin: München liegt in vielen internationalen Rankings weit vorne und gilt als einer der führenden Start-up-Hotspots Europas. Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Standortvorteile?

Scharpf: Talente, Technologie, Lebensqualität. Unsere exzellenten Universitäten und Hochschulen liefern Köpfe und Ideen, die Nähe zu globalen Konzernen bringt Industrie-Know-how, und der Mix aus Forschung, Kapital und Sicherheit macht München äußerst attraktiv. Wir bieten ein stabiles Umfeld, kurze Wege zu Entscheidern und eine Stadt, in der man leben will. Wenn Google, Apple, Microsoft und nun OpenAI hier investieren, zeigt das: Wer Innovation sucht, kommt nach München.

VC Magazin: Gerade im Life Sciences-Bereich zieht es viele Wachstumsunternehmen in die USA oder auch nach Asien. Wie kann es gelingen, München als Standort auch im internationalen Wettbewerb langfristig zu sichern?

Scharpf: Wir brauchen dreierlei: Kapital in der Wachstumsphase, verlässliche Rahmenbedingungen und Räume für Hochtechnologie. Der Life Sciences-Campus Martinsried zeigt, wie Forschung und Unternehmen erfolgreich zusammenfinden können. Diverse bayerische Hightech-Förderprogramme liefern den richtigen Schub. Zusätzlich müssen wir Genehmigungen beschleunigen und regulatorische Klarheit schaffen. Förderprogramme auf Landes- und Bundesebene helfen, aber am Ende entscheidet Tempo. Start-ups gehen nicht, weil sie wollen – sie gehen, weil sie müssen. Das ändern wir nur mit Mut zur Geschwindigkeit und durch konsequente Unterstützung in der Skalierungsphase.

VC Magazin: Wie kann kommunale Wirtschaftspolitik konkret zur Förderung von Start-ups beitragen – jenseits der klassischen Gründungsförderung?

Scharpf: Unsere Gründungsförderung setzt bewusst dort an, wo die bestehenden Angebote von öffentlichen und privaten Akteuren enden. Wir verstehen uns als Ergänzung, die gezielt Lücken schließt. So sorgen wir dafür, dass Gründerinnen und Gründer genau dort Unterstützung erhalten, wo sie sie bislang vermissen. Konkret: indem wir behördliche Hürden senken, Jungunternehmen vergünstigte Flächen anbieten oder Förderprogramme wie den Innovationswettbewerb oder den Munich Impact Incubator. Und wir investieren in Netzwerke: Wenn wir Start-ups mit Industrie, Investoren und Verwaltung an einen Tisch bringen, so wie im Colab, oder virtuell, über Munich Startup, dann entsteht mehr, als jede Förderrichtlinie leisten kann. Innovation wächst nicht im Amt, sondern im Austausch.

VC Magazin: In welchem Bereich würden Sie persönlich gerne ein Start-up gründen oder als Business Angel einsteigen?

Scharpf: Kreislaufwirtschaft – weil sie das ökonomische und ökologische Thema der nächsten Dekade ist. Wer hier Lösungen skaliert, prägt ganze Märkte. Und München hat die Köpfe dafür.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

Über den Interviewpartner:

Dr. Christian Scharpf ist seit März 2025 Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München. In seiner Rolle setzt er sich für eine wirtschaftsstarke, sozial gerechte und zukunftsorientierte Stadtentwicklung ein. Ein besonderer Fokus liegt auf der Förderung von Start-ups, Scale-ups und nachhaltiger Innovation.