Bildnachweis: Poellath.
Am 8. August 2025 hat das Bundesfinanzministerium den Entwurf zum
Fondsrisikobegrenzungsgesetz (FRiG) veröffentlicht. Damit startet ein neuer Anlauf zur Umsetzung der europäischen Vorgaben aus der AIFM-Richtlinie II (AIFMD II) in deutsches Recht. Änderungen werden sich insbesondere im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ergeben. Der Beitrag beleuchtet die Änderungen aus dem Blickwinkel deutscher registrierter und vollregulierter AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen).
Im Vergleich zum ersten Anlauf zur Umsetzung der AIFMD II durch das Fondsmarktstärkungsgesetz (FMSG) orientiert sich der FRiG-Entwurf näher am Wortlaut der AIFMD II (weniger nationales Gold-Plating). Für deutsche Venture Capital-Fonds enthält der Entwurf erfreuliche Klarstellungen zur Vergabe von Gesellschafterdarlehen und eigenkapitalähnlichen Instrumenten sowie im Bereich des Vollerlaubnisverfahrens. Leider enthält der Entwurf auch Vorschläge zu nationalem Gold-Plating im Bereich der Schwellenwertberechnung und im Bereich der Berichts- und Transparenzpflichten registrierter KVGen. Beides könnte den Venture Capital-Standort Deutschland künftig belasten. Letztlich enthält der Entwurf weitere Änderungen, die hier nur überblicksartig dargestellt werden können.
Rückblick
Die AIFMD II trat am 15. April 2024 in Kraft und ihre Vorgaben müssen bis zum 26. April 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland sollte die Umsetzung zunächst durch das FMSG erfolgen. Da das FMSG nicht rechtzeitig vor den vorgezogenen Neuwahlen Anfang 2025 verabschiedet werden konnte, startet die neue Bundesregierung mit dem FRiG-Entwurf einen zweiten Umsetzungsversuch.
Kreditvergabe durch AIF (insbesondere Venture Capital-Fonds)
Die AIFMD II enthält einheitliche europäische Vorgaben für die Kreditvergabe durch AIF. Die praktische Folge sind Definitionen zu Begriffen wie „kreditvergebender AIF“, „Gesellschafterdarlehen“ und „Kreditvergabezweckgesellschaften“. Kreditvergebende AIF
selbst unterliegen zukünftig Leverage- und Diversifikationsgrenzen. Zudem können AIF und KVGen nun auch Darlehen über von ihnen kontrollierte Kreditvergabezweckgesellschaften vergeben, ohne dass ein solches Kreditvergabe-SPV eine bankenrechtliche Erlaubnis benötigt. Diese Regelung beseitigt Unsicherheiten und schafft einheitliche Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU. Für Fonds mit registrierter KVG führt die Vergabe von Gesellschafterdarlehen und eigenkapitalähnlichen Instrumenten auch in Zukunft nicht zu erhöhten Risikomanagementanforderungen. Der Begriff „eigenkapitalähnliche Instrumente“ soll nach unserer Einschätzung auch Darlehen mit qualifiziertem Nachrang und SAFE-Agreements umfassen. Diese Änderung ist eine erfreuliche Verbesserung im Vergleich zum FMSG und schafft Rechtssicherheit insbesondere für deutsche Venture Capital-Fonds.
Berichtspflichten und Transparenz
Registrierte KVGen, die EuVECA- oder EuSEF-Fonds verwalten, sollen künftig verpflichtet werden, ihre Jahresabschlüsse prüfen zu lassen. Diese Pflicht geht über die AIFMD II hinaus und stellt nationales Gold-Plating dar. Die Änderung steht den politischen Zielen zum Bürokratieabbau entgegen und würde einen Mehraufwand für Venture Capital-Fonds bedeuten. Auch vollregulierte KVGen müssen künftig umfassender an die BaFin berichten. Dies umfasst unter anderem Informationen zu Kosten- und Gebührenstrukturen, Transaktionen mit verbundenen Unternehmen und eine Auflistung von Mitgliedstaaten, in denen verwaltete AIF tatsächlich vertrieben werden. Gegenüber Investoren muss zudem eine detaillierte Kostenaufschlüsselung erfolgen.
Neuberechnung der Schwellenwerte
Im Bereich der Schwellenwertberechnung bei registrierten KVGen enthält der FRiG-Entwurf leider erneut nationales Gold-Plating. Sie soll künftig anhand von Verkehrswerten und nicht wie bisher anhand von Anschaffungskosten (HGB-Bewertungsgrundsätze) erfolgen. Diese Umstellung ist weder durch die AIFMD II noch durch die Delegierten Rechtsakte veranlasst. Die Berechnung der Schwellenwerte auf Grundlage von Verkehrswerten wäre für registrierte KVGen problematisch. Verkehrswerte unterliegen kurzfristigen Schwankungen und erschweren die Entwicklungsplanung registrierter KVGen im Hinblick auf die Vollerlaubnis erheblich. Folglich könnten registrierte KVGen künftig durch externe Umstände in die Vollerlaubnis gezogen werden, ohne die dafür erforderlichen Strukturen und Ressourcen zu besitzen. Insbesondere kleinere Venture Capital-Manager wären betroffen. Aus Sicht der Praxis muss daher an den HGB-Bewertungsgrundsätzen festgehalten werden.
Vollerlaubnisverfahren
Auch für das Vollerlaubnisverfahren einer KVG ergeben sich Änderungen. Vollregulierte KVGen müssen künftig mindestens zwei Geschäftsleiter in Vollzeit mit Ansässigkeit in der EU beschäftigen. In diesem Zusammenhang werden auch die für die Geschäftsleiter im Vollerlaubnisverfahren einzureichenden Unterlagen konkretisiert. Neu ist zudem eine Ausschlussfrist für den Erlaubnisantrag, sofern von der BaFin nachgeforderte Unterlagen nicht binnen drei Monaten eingereicht werden. Grundsätzlich ist diese Initiative zur Verfahrensbeschleunigung zu begrüßen. Die Ausgestaltung sollte jedoch konkretisiert werden, um negative Folgen für KVGen im Vollerlaubnisverfahren zu vermeiden.
Weitere Änderungen im Überblick
Der FRiG-Entwurf enthält weitere Änderungen. Einige von ihnen sollen hier nur überblicksartig dargestellt werden:
- Nebendienstleistungen: Vollregulierte KVGen dürfen künftig zusätzliche Nebendienstleistungen erbringen. Dies umfasst unter anderem IT- und HR-Services (sofern Interessenkonflikte vermieden werden) sowie bestimmte Kreditdienstleistungen. Zudem können vollregulierte KVGen künftig Anlageberatung, Anlagevermittlung und Verwahrgeschäfte erbringen, ohne eine gesonderte Finanzportfolioverwaltungserlaubnis beantragen zu müssen.
- Verwahrstellen-Passporting: Die in der AIFMD II vorgesehene grenzüberschreitende Nutzung von Verwahrstellen ist im FRiGEntwurf nicht vorgesehen. Inländische AIF können demnach keine ausländischen Verwahrstellen beauftragen. Allerdings dürfen deutsche Verwahrstellen von EU-AIF mandatiert werden, sofern der Heimatstaat des EU-AIF die grenzüberschreitende Nutzung gestattet. Deutsche Verwahrstellen könnten von dieser Entwicklung profitieren.
- Auslagerung und Unterauslagerung: Auslagerungen unterliegen künftig strengeren Substanzanforderungen und Meldepflichten. Neu ist die Pflicht, Auslagerungsvolumina und Organisationsstrukturen detailliert gegenüber der BaFin offenzulegen. Auslagerungsunternehmen müssen außerdem die AIFMD-/KAGBStandards erfüllen. Letzteres kodifiziert die bereits bisher geltende deutsche Verwaltungspraxis.
- Liquiditätsmanagementtools: KVGen offener AIF beziehungsweise vergleichbarer Produkte (zum Beispiel Evergreen- oder Multi-Vintage-AIFs) müssen künftig standardisierte Liquiditätsmanagementtools einsetzen, um unkontrollierte Rückgaben in
Krisensituationen zu vermeiden. Die Vorgaben hierzu sind nicht gänzlich neu, werden aber konkretisiert. - Vertrieb von Nicht-EU-AIF: Für den Vertrieb von Nicht-EU-AIF gelten künftig strengere Bedingungen. Neben einem Memorandum of Understanding müssen Herkunftsstaaten künftig auch eine Informationsaustauschvereinbarung im Sinne des OECD-Musterabkommens vorweisen. Da die meisten relevanten Drittstaaten diese Vorgaben erfüllen, ergeben sich aus der Änderung kaum praktische Einschränkungen.
Ausblick
Der FRiG-Entwurf befindet sich aktuell im Konsultationsverfahren. Auf die Stellungnahmen der Verbände folgt dann die weitere Überarbeitung im Bundesfinanzministerium. Wir hoffen, dass die oben genannten Kritikpunkte im Zuge der Überarbeitung beseitigt werden. Angesichts der Umsetzungsfrist bis zum 26. April 2026 ist die Einbringung des Entwurfs in den Bundestag im Herbst 2025 geplant. Eine fristgerechte Umsetzung ist zwar ambitioniert, aber möglich.
Über die Autoren:
Tarek Mardini, LL.M. und Dr. Stephan Schade sind Partner, Dr. Tobias Lochen Associated Partner und Dr. Enzo Biagi Associate in der Wirtschaftskanzlei Poellath am
Standort Berlin. Sie gehören der Praxisgruppe Investment Fonds an.
Poellath ist mit insgesamt 55 Experten Marktführer bei der Strukturierung von Private Equity-Fonds und anderen alternativen Investmentfonds in Deutschland.
Das Beratungsspektrum des Teams umfasst alle rechtlichen, steuerlichen, vertraglichen und regulatorischen Anforderungen im Zusammenhang mit Fonds. Die Kanzlei hat jahrzehntelange Erfahrung bei allen relevanten Fondsstrukturen im Bereich von alternativen Investments: Private Equity (Buy-out, Venture Capital, Growth Capital), Mezzanine/Private Debt, Distressed Debt/notleidende Kredite, Immobilien, Infrastruktur, Rohstoffe/ Energie, Bildung, hybride Fonds, Hedgefonds, Investmentfonds, Crypto Token-Fonds und Digital Asset-Fonds, Branchen- und Regionalfonds, Captive Fonds, Master-Feeder-Strukturen, Managed Accounts, Separate Accounts, Top-up- und Annex-Fonds, Spezialfonds sowie Primär- und Sekundärdachfonds. Auch die öffentliche Hand und viele öffentliche Beteiligungsgesellschaften zählen zum Mandantenstamm. Das Team ist seit Jahren in nationalen und internationalen Rankings vertreten.



