„Der Staat sollte sich nicht zum Assetmanager aufschwingen“

Dr. Matthias Hallweger (li.) und Michael Motschmann

VC Magazin: Der Diskussionsentwurf zum AIFM-UmsG lässt direkte Unternehmensbeteiligungen als Anlageoption für Privatanleger nicht mehr zu, Immobilien, Schiffe oder erneuerbare Energien jedoch schon. Sind Retailfonds in diesem Bereich wirklich für Privatanleger ungeeignet?

Motschmann: Ungeeignet sind alle Anlageformen, die dem Anleger in der Vergangenheit Schaden zugefügt haben – das ist bei Unternehmensbeteiligungen definitiv nicht der Fall. Die Schäden, die Anleger im Bereich geschlossener Fonds in den vergangenen Jahren erlitten haben, haben nicht Private Equity-Fonds, sondern andere Segmente verursacht. Im Übrigen kann einem Anleger durchaus zugetraut werden, selbst verantwortungsbewusste Investitionsentscheidungen zu treffen. Der Staat braucht hier nicht Aufgaben eines Assetmanagers übernehmen und diese Entscheidungen vorschreiben. Vielmehr sollte er Leitlinien bestimmen, in deren Rahmen dann die Privatwirtschaft agieren kann.

VC Magazin: Indirekte Investitionen in die Assetklasse über Dachfonds würden nach dem Diskussionsentwurf jedoch erlaubt bleiben. Wie groß sind die Risiken von direkten Unternehmensbeteiligungen?

Motschmann: Man muss das Risiko in Abhängigkeit von der Rendite betrachten. Dachfonds ermöglichen eine breite Streuung über verschiedene Fonds hinweg mit einer Vielzahl von Unternehmensbeteiligungen. Dafür weisen sie allerdings auch eine doppelte Kostenstruktur auf – was die Rendite des Anlegers deutlich schmälert.

Hallweger: Für den Privatanleger haben Dachfonds zusätzlich den Nachteil der Intransparenz und der Ineffektivität: Die reine Anzahl an Beteiligungen in einem Dachfonds stellt alleine keine Verbesserung der Risiko-Rendite-Relation des Anlegers dar. Bei der großen Anzahl von Beteiligungen, die schnell dreistellig werden kann, verliert der Anleger zudem den Überblick darüber, wo sein Kapital nun eigentlich hinfließt. Auch die Entwicklung der einzelnen Portfoliounternehmen kann er nicht unmittelbar mitverfolgen. Bei einem direkt investierenden Fonds hingegen weiß der Anleger zu jedem Zeitpunkt, welche Unternehmen er unterstützt, und wird auch über deren Fortschritte auf dem Laufenden gehalten.

VC Magazin: Wie viel Rendite konnten Privatanleger in den vergangenen Jahren mit direkten Unternehmensbeteiligungen erzielen?

Hallweger: Der Bereich ist noch so jung, dass auch die Zahlen noch jüngeren Datums sind und keine lange Historie vorliegt. Vergleiche aus anderen Ländern belegen jedoch, dass die Chance auf höhere Renditen gegeben ist. Wenn wir die MIG Fonds als Beispiel nehmen, können wir eine sehr positive Bilanz ziehen: An die Anleger des ersten Fonds aus dem Jahr 2005 haben wir bereits über die Hälfte des eingezahlten Kapitals zurückgeführt – obwohl der Fonds noch viele gute Assets hält, die bewusst noch nicht veräußert wurden. 2012 werden wir an alle Anleger insgesamt 40 Mio. EUR ausschütten, also 15% des gesamten platzierten Kapitals. Einige wesentliche Exits der vergangenen Jahre im Venture Capital-Bereich – zuletzt beispielsweise IdentTechnology oder Corimmun – kamen aus dem MIG-Portfolio.

VC Magazin: Mit direkten Unternehmensbeteiligungen unterstützen Anleger die Entwicklung innovativer Unternehmen. Welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen hätte das AIFM-UmsG in der vorliegenden Version?

Hallweger: Gerade der Venture Capital-Bereich ist in Deutschland dramatisch unterfinanziert. Es wäre fatal für junge Unternehmen, wenn die bestehenden Finanzierungsquellen zusätzlich ausgetrocknet würden. Statt weniger direkte Unternehmensbeteiligungen brauchen wir mehr. Deutschland ist stark geworden durch seine technologischen Revolutionen – sie per Gesetz klein zu halten wäre der völlig falsche Schritt und hätte drastische Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit unseres Landes.

Motschmann: Investitionen in junge Technologieunternehmen, wie sie die MIG Fonds tätigen, stärken die Innovationskraft unserer Wirtschaft und helfen, unsere Zukunft zu gestalten. Die Bundesregierung hat sich zur Assetklasse vielfach bekannt, unter anderem auch durch die Unterstützung des High-Tech Gründerfonds. Warum sollen also die privaten Koinvestoren daran gehindert werden, die zarte Saat staatlicher Förderung zur Blüte zu bringen?

VC Magazin: Wie könnte eine alternative Regelung aussehen, die den Anlegerschutz nicht vernachlässigt? Wie schätzen Sie die Chancen auf eine Änderung des Entwurfs ein?

Motschmann: Der Staat sollte Leitlinien für die Allokation von Kapital der Anleger aufstellen, statt sich zum Assetmanager aufzuschwingen. Wir schlagen daher vor, Private Equity in den Katalog der Vermögensgegenstände aufzunehmen. Anleger in einen Publikums-AIF müssen vor dem Beitritt jedoch darüber belehrt werden, dass sie nur einen bestimmten Anteil, z.B. 20% ihres liquiden Vermögens, in die Assetklasse investieren dürfen. So wird eine professionelle Beratung und eine ausreichende Diversifizierung gewährleistet – das ist immer noch der beste Anlegerschutz.

Hallweger: Wir und andere Emissionshäuser haben in Stellungnahmen und in zahlreichen persönlichen Gesprächen mit Parlamentariern und Sachbearbeitern aus den Ministerien auf die verheerenden Konsequenzen des vorliegenden Vorschlags hingewiesen. Wir haben sehr positive Resonanz bekommen. Gerade weil die Assetklasse andernorts ja staatlich gefördert wird, sind wir optimistisch, dass der Entwurf gerade in diesem Punkt noch einmal überarbeitet wird.

VC Magazin: Danke für das Gespräch!