Interview mit Dr. Peter Güllmann, NRW.Bank und Vorstand des BVK

VC Magazin: In Berlin ist eine quirlige Start-up-Szene entstanden, die mittlerweile Gründer und Investoren aus der ganzen Welt anzieht. Was hat NRW dieser Entwicklung entgegenzusetzen?
Güllmann: Nordrhein-Westfalen ist mit seinen unterschiedlichen Wirtschaftsregionen wie der Rheinschiene oder dem Ruhrgebiet eine der wirtschaftsstärksten Metropolregionen Europas. Bis heute ist das Land die industrielle Kernregion Deutschlands, was sich auch in der Positionierung als wichtigster Energiestandort in der Bundesrepublik zeigt. Gleichzeitig ist NRW führend in der Medien- und Kommunikationswirtschaft und mit seiner beeindruckenden Hochschullandschaft nicht zuletzt ein Motor für Innovationen und Ideen für neue Existenzgründungen. Und die Gründerszene hier ist quicklebendig. Das sehen wir auch in unseren Zahlen. Im Jahr 2012 konnten wir beim NRW.Bank.Gründungskredit Zusagen in Höhe von 335,7 Mio. EUR geben, das sind 68% mehr als im Vorjahr. Und das NRW/EU.Mikrodarlehen haben bisher über 500 Existenzgründer in Anspruch genommen, hier umfasste das gesamte Zusagevolumen bis Ende des letzten Jahres 10,6 Mio. EUR.

VC Magazin: Berlin ist gerade deshalb erfolgreich, weil mit Inkubatoren, Accelerators und Super Angels neue Player die Finanzierungslandschaft betreten haben. Wie viel Innovation braucht die deutsche Venture Capital-Branche? Was kann die NRW.Bank daraus lernen?
Güllmann: Das entscheidende Kriterium ist Standortattraktivität. Ist diese ausreichend vorhanden, siedeln sich junge innovative Unternehmen an, die dann ihrerseits wieder neue Investoren anziehen. Als Förderbank für Nordrhein-Westfalen tragen wir deshalb das Unsere dazu bei, die Attraktivität des Standorts NRW zu erhöhen, indem wir Erfolg versprechende junge und innovative Unternehmen fördern und finanzieren.

VC Magazin: Seit Jahren sprechen Mittelstandsinvestoren von den Chancen, Unternehmen in Nachfolgesituationen zu begleiten, allerdings blieb der Dealflow bislang auf anhaltend niedrigem Niveau. Werden die Chancen für Private Equity im Mittelstand überschätzt?
Güllmann: Eine große Mehrzahl der Nachfolgen steht im Segment „kleinerer Mittelstand“ an. Die Transaktionsgrößen, um die es dabei geht, sind für viele Private Equity-Fonds jedoch zu gering. Aber auch die Zurückhaltung bzw. Unkenntnis einiger Unternehmer gegenüber Private Equity-Finanzierungen spielt eine Rolle. Als Investor stellen wir selbst immer wieder fest, dass viele Mittelständler das Thema Nachfolgeregelung auf die lange Bank schieben. Das ändert aber nichts daran, dass Private Equity-Finanzierungen grundsätzlich große Chancen im Bereich Nachfolge bieten.