Interview mit Simon Schäfer, Factory

VC Magazin: Schwingt dennoch nicht immer die Angst mit, von Google oder Twitter aufgekauft zu werden?
Schäfer: Ist das ein Problem? Wer Angst davor hat, sollte nicht Unternehmer werden. Oder macht es selber groß. Aber in Europa verkaufen die Unternehmer mit maximal 100 Mio. EUR. Hierzulande gibt es keine Targets jenseits der 500 Mio. EUR – alles zu klein. Das ist ja der Grund, warum Google hier nicht investiert. Dabei wäre es durchaus positiv für die Berliner Szene, wenn große Companies wie Google tatsächlich mal investieren oder kaufen würden. So würde endlich Geld ins System zurückgespielt. Die Gründer könnten ihrerseits wieder etwas aufbauen oder einen Fond aufstellen. Es wäre somit keine Gefahr, sondern das Ziel! Es geht darum, ein Unternehmen zu bauen, das es wert ist, investiert zu werden.

VC Magazin: Wie viele Schritte müssen noch gegangen werden, bis Berlin wie das Valley agiert und welchen Beitrag liefert die Factory hierzu?
Schäfer: Berlin wird  wie niemals wie das Valley. Europa hätte nur dann eine Chance, wenn es gelingt, echte globale Unternehmen aufzubauen. Der Weg aus Deutschland führt nicht nach USA, sondern nach Europa. Hier sind so viele Nationalitäten vereint, dass das Unternehmen auf der ganzen Welt tätig sein kann. Wir müssen uns trauen, Unternehmer in Europa zu incentivieren. Wenn wir das nicht tun, wird die Balance fehlen. Und das ist nicht gut. Aber es heißt eben auch, dass mehr Geld in den Umlauf geraten muss. Das Valley funktioniert ja auch deswegen nahezu eigenständig, weil dort Investitionen im Fluss sind. Diese Rahmenparameter nehmen wir in der Factory wahr und Ziel ist es, mit der Politik und Interessensverbänden zu sprechen, um nahezutragen, was hier fehlt.

VC Magazin: Was braucht es denn Ihrer Ansicht nach, um Gründern Entfaltungsmöglichkeiten zu geben?
Schäfer: Wir brauchen eine Definition von Start-ups im Gesetzestext. Start-ups sind in der Entwicklung und Unternehmensform ein „different beast“ und müssen auch so behandelt werden.  Es ist Teil unserer Arbeit in der Factory, dies deutlich zu machen! Ich freue mich und werte es als positives Signal, dass Politiker und Unternehmer der Old Economy in die Factory kommen, um junge Gründer kennenzulernen und nach deren Bedürfnissen fragen. Die Factory will damit also deutlich mehr sein, als ein großes Gebäude mit Arbeitsmöglichkeiten.

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview, Herr Schäfer.

Zum Gesprächspartner:
Simon Schäfer ist Partner der Investmentgesellschaft JMES Investments sowie Mitgründer und Geschäftsführer des Startup-Campus Factory.