Venture Debt auf dem Vormarsch! – Was Gründer jetzt wissen sollten

Teil II – Vertragsarchitektur

Dr. Sebastian Sumalvico ist Rechtsanwalt der LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB.
Dr. Sebastian Sumalvico ist Rechtsanwalt der LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB.

Bildnachweis: (c) Lutz | Abel.

Die Aufnahme von Venture Debt hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen und erfreut sich zunehmender Beliebtheit – entweder als isoliertes Finanzierungsinstrument oder als ergänzende Komponenten zu einer Eigenkapitalfinanzierung.
Im ersten Beitrag dieser dreiteiligen Reihe erfahren Sie mehr über die Charakteristik sowie Vor- und Nachteile von Venture Debt. Der folgende Beitrag beleuchtet vertragliche Ausgestaltungsmöglichkeiten von VD sowie potenzielle Fallstricke.

Darlehensvertrag

Venture Debt wird oft als Darlehen ausgestaltet. Bislang noch seltener – zumindest im deutschen Markt – ist die Ausgestaltung als Inhaberschuldverschreibung. Wirtschaftlich unterscheiden sich die beiden Alternativen jedoch kaum. Die Vertragsbedingungen von Venture Debt-Verträgen in Deutschland bewegen sich typischerweise in folgendem Rahmen: Die Laufzeit beträgt zwei bis vier Jahre. Die Auszahlung erfolgt oftmals in Tranchen auf Abruf, wobei nicht selten eine Mindestinanspruchnahme vereinbart wird.
Die Rückzahlung des Darlehens ist entweder endfällig oder amortisierend. Bei amortisierender Ausgestaltung sieht man häufig die Vereinbarung einer tilgungsfreien Zeit (Interest Only Period) von sechs bis zwölf Monaten.

Eine vorzeitige Rückzahlung ist in der Regel vorbehaltlich einer gewissen Ankündigungsfrist zulässig, oft aber an eine Sperrfrist und / oder einer Vorfälligkeitsentschädigung geknüpft, um dem Venture Debt-Investor eine bestimmte Mindestrendite zu sichern.

Der Zinssatz ist üblicherweise ein Festzinssatz zwischen 5% und 17% p.a. Zunehmend finden sich auch variable Zinssätze, z.B. orientiert am Euribor-Leitzins.

Zentrales Element von Venture Debt-Darlehensverträgen sind umfangreiche Kataloge mit bankenüblichen Zusicherungen (Representations and Warranties) sowie Handlungspflichten bzw. -verboten (Positive and Negative Covenants), bestehend aus weitgreifenden Auflagen (u.a. Beschränkung weiterer Finanzverschuldung oder Einhaltung bestimmter Finanzkennzahlen) und Informationsrechten (u.a. Management-Reportings sowie ggf. einen Beobachtersitz im Beirat).

Die Covenants sind meist sehr umfassend und können zu einer Einengung des operativen Geschäfts führen. Die Verletzung von Zusicherungen oder Covenants oder sonstiger (wesentlicher) Bestimmungen stellen Kündigungsgründe (Events of Default) dar, die den Venture Debt-Finanzierer berechtigen, das Darlehen vorbehaltlich des erfolglosen Ablaufs vereinbarter Heilungsfristen (Cure Period) mit sofortiger Wirkung zu kündigen.

Der vorstehende Mechanismus ist meist sehr streng zugunsten des Darlehensgebers ausgestaltet. Durch geschickte Verhandlung kann es gelingen, entscheidende Details zugunsten des Darlehensnehmers anzupassen und so ein ausgewogeneres Verhältnis zu schaffen. Bei der Strenge der Vertragsstandards gibt es zudem deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Venture Debt-Finanzierern. Dies sollte bei der Auswahl des Venture Debt-Providers berücksichtigt werden.

In der Praxis lässt sich beobachten, dass das strenge vertragliche Regime nur in Ausnahmefällen von den VD Providern ausgeschöpft wird. In der Regel wird dem Unternehmen genügend Flexibilität gelassen, auf unvorhergesehene Entwicklungen zu reagieren.

Besicherung

Typischerweise werden sämtliche Unternehmenswerte erstrangig besichert. Dies kann die Sicherungsabtretung sämtlicher Forderungen und Unternehmensgenstände sowie Verpfändung sämtlicher Konten, IP-Rechte und aller Geschäftsanteile am Unternehmen selbst oder solche, die das Unternehmen an Tochtergesellschaften hält, umfassen.
Je nach Größe des Unternehmens und abhängig davon, ob das Unternehmen bereits weitere Standorte im In- und Ausland besitzt, kann die Dokumentation sehr umfangreich werden und mehrere Jurisdiktionen berühren. Dies kann zu einem erhöhten Dokumentationsaufwand führen.

Existieren bereits Darlehensverbindlichkeiten gegenüber anderen Darlehensgebern und wurden diesen ggf. bereits Sicherheiten gewährt, sind zusätzlich Rangrücktritts- und Gläubigervereinbarung mit dem Venture Debt-Provider und den übrigen Darlehensgebern zu verhandeln.

Warrant / Equity-Kicker

Als zusätzliche Vergütung für den Kreditgeber ist der Equity Kicker typischer Bestandteil der Venture Debt-Dokumentation und wird entweder als Anteilsbezugsrecht (Warrant) oder als Anspruch auf eine Barzahlung (Virtual Warrant) ausgestaltet.

Ein Anteilsbezugsrecht erlaubt dem Venture Debt-Investor unmittelbar Geschäftsanteile am Unternehmen im Wert von in der Regel 10% bis 20% des Finanzierungsbetrags zu einem festgelegten Preis zu beziehen. Das Anteilsbezugsrecht kann zeitlich beschränkt sein (regelmäßig zehn Jahre ab Ausgabe) und endet typischerweise im Fall eines Exit-Szenarios.
Bei der Ausgestaltung als virtueller Equity Kicker erhält der VD Investor im Fall eines Exit-Szenarios eine auf Basis einer virtuellen Beteiligung berechnete Barzahlung. Sofern innerhalb einer bestimmten Frist ein solches Ereignis nicht eintritt, wird oftmals eine bestimmte Mindestzahlung vorgesehen. Hierbei ist darauf zu achten, dass der Zahlungszeitpunkt nicht zu früh eintreten kann, um den Kreditnehmer nicht in Liquiditätsschwierigkeiten zu bringen.

Ferner können Optionen vereinbart werden, wonach der Venture Debt-Provider während der Laufzeit das Recht hat, eine Barzahlung vom Unternehmen zu verlangen (häufig 50% des Gesamtvolumens des Equity Kickers). Dies kann zu einer erheblichen ökonomischen Belastung beim Unternehmen und ggf. zu Liquiditätsschwierigkeiten führen.

Fee Letter

Häufig sind diverse Gebühren zu zahlen. Abhängig vom Venture Debt-Provider werden z.B. Bereitstellungsgebühren, Transaktionsgebühren, Rückzahlungsgebühren oder Gebühren für die Nichtabrufung etwaiger Tranchen erhoben. Die Höhe der jeweiligen Gebühr entspricht meist 0,3% bis 1,5% des Kreditbetrages bzw. der jeweiligen Tranche. Zusätzlich hat der Kreditnehmer sämtliche Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit der Verhandlung, Erstellung und Änderung der Vertragsdokumentation zu tragen. Üblicherweise wird jedoch für die Kosten, die erstmalig bis zum Signing anfallen, eine Obergrenze (Cap) vereinbart.

Zum Autor:
Dr. Sebastian Sumalvico ist Rechtsanwalt der LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB am Standort München. Er ist spezialisiert auf Venture Capital und M&A sowie Managementbeteiligungen und berät und begleitet Start-ups und Gründer:innen in Finanzierungsrunden und Venture Debt Transaktionen.