Bildnachweis: KfW Capital.
Mit dem Abschluss der Green Transition Facility bereits vor Ende der Ablaufzeit konnte KfW Capital im Dezember 2024 positive News vermelden – und auch für 2025 hat sich der Fondsinvestor einiges vorgenommen.
VC Magazin: Wie blicken Sie auf das KfW Capital-Jahr 2024, und mit welchen Plänen starten Sie in dieses noch junge Jahr?
Goschin: 2024 war für KfW Capital ein weiteres Jahr des Wachstums und Ausbaus. Zum Jahresende sind wir in mehr als 132 europäischen Venture Capital-Fonds mit rund 2,5 Mrd. EUR investiert. Bislang erreichte KfW Capital über sie bereits mehr als 2.400 Unternehmen. Besonders freuen wir uns dabei über den Deutschland-Multiple: Für jeden von uns in die Fonds eingebrachten Euro investieren die Fonds circa vier weitere Euro in hiesige Start-ups. Zudem haben wir im letzten Jahr die Green Transition Facility in 1,5 Jahren vorzeitig erfolgreich abgeschlossen und 100 Mio. EUR aus Mitteln der KfW in sieben Climatetech-Fonds investiert. Der Wachstumsfonds Deutschland, ein Baustein des Zukunftsfonds, den wir im Auftrag des Bundes koordinieren, gehört mit rund 1 Mrd. EUR Fondsvolumen zu den größten Dachfonds in Europa. Er hat ein gutes Jahr nach Final Closing im November 2023 bereits knapp 600 Mio. EUR in 31 Venture Capital-Fonds investiert. Für 2025 planen wir wieder, rund 400 Mio. EUR zu investieren. Außerdem steht die Einführung zweier neuer
Bausteine des Zukunftsfonds an: nämlich die direkten Co-Investments und die Impact Facility, über die wir bis Ende 2030 200 Mio. EUR in Wagniskapitalfonds mit ökologischem oder sozialem Impact investieren werden. Derzeit arbeiten wir mit den Bundesministerien an der finalen Ausgestaltung; anschließend werden die Bausteine aktiv.
VC Magazin: Was ist bei den direkten Co-Investments geplant?
Goschin: Die Bundesregierung stellt für direkte Co-Investments aus Mitteln des Zukunftsfonds und des ERP-Sondervermögens 850 Mio. EUR zur Verfügung. Mit diesem substanziellen Betrag werden wir gemeinsam mit den Venture Capital-Fondsmanagern aus
unserem Bestandsportfolio insbesondere in Tech-Unternehmen in der kapitalintensiven
Wachstumsphase investieren. Der Bedarf dafür ist weiterhin hoch. Zur Verdeutlichung: In
Deutschland liegt der Venture Capital-Markt nur bei 0,26% des BIP, während die Quoten
in UK und den USA bei 0,81% und 0,92% liegen – also etwa dem Vierfachen. Daher ist es wichtig, dass wir künftig noch mehr das intelligente Zusammenspiel von öffentlichem und privatem Kapital fördern, um diese Lücke zu schließen. Der Zukunftsfonds des Bundes
hebelt in nahezu allen Bausteinen substanziell privates Kapital. Über 13 Mrd. EUR stehen
für das Venture Capital-Ökosystem bereits zur Verfügung.
VC Magazin: Wie fällt Ihr Blick auf den aktuellen Wagniskapitalmarkt aus?
Goschin: In Bezug auf Investitionstätigkeiten im deutschen und europäischen Venture Capital-Markt zeigte sich 2024 ein uneinheitliches Bild. Während es erfreulicherweise Anzeichen für eine positive Entwicklung in Deutschland gab, waren die Venture Capital-Investitionen in Europa insbesondere in der zweiten Jahreshälfte eher rückläufig. Das Investitionsvolumen im europäischen Markt fiel von 2023 auf 2024 im einstelligen Prozentbereich. Im Gegensatz dazu verzeichnete der deutsche Wagniskapitalmarkt eine leichte Zunahme von circa 5% im Vergleich zum Vorjahr, getragen durch einige der größten Venture Capital-Transaktionen in Europa im dritten Quartal. In unserem eigenen Venture Capital-Fondsportfolio verzeichnen wir für 2024 eine deutliche Steigerung der Kapitalabrufe um 12% im Vergleich zum Vorjahr. Getrieben durch die Zinssenkungen, die im zweiten Halbjahr 2024 begonnen haben, dürfte sich der Wagniskapitalmarkt 2025 weiter gut entwickeln. Zudem stimmt mich der Support vieler Regierungen für Venture Capital positiv. In vielen Ländern entstehen derzeit neue Wagniskapitalförderprogramme. Übrigens wird der Wachstumsfonds Deutschland als positives Beispiel für das gelungene Zusammenspiel von öffentlichem und privatem Kapital wahrgenommen. Beispielsweise erhalten wir aus verschiedenen Ländern interessierte Anfragen hierzu.
VC Magazin: Welche Erwartungen haben Sie hinsichtlich möglicher Börsengänge für 2025?
Goschin: Mit Blick auf die Kapitalmärkte und das Zinsumfeld sowie Impulse aus den USA erwarten wir auch für Börsengänge in Europa ein positives Umfeld. Insofern blicke ich zuversichtlich in das neue Jahr und hoffe auf ein sich öffnendes Börsenfenster.
VC Magazin: Wie beurteilen Sie die derzeitige Fundraising-Lage? Welche Fonds sammeln erfolgreich ein, wer hat es schwer?
Goschin: Das aktuelle Fundraising-Umfeld ist in großen Teilen noch immer geprägt von der jüngsten Vergangenheit, in der die Investoren sehr zurückhaltend waren: Mit dem Anstieg der Zinsen 2022 und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine gab es einen deutlichen Investitionsrückgang von Investoren aus dem privaten Sektor im gesamten Wagniskapitalmarkt. Erfreulicherweise erblicken wir heute deutlich Licht am Ende des Tunnels. Insbesondere Venture Capital-Fonds mit gutem Track Record und einem professionell aufgestellten Team sind für Investoren wieder attraktiv. Für den Erfolg im Fundraising sind außerdem eine transparente und verlässliche Kommunikation sowie eine uneingeschränkt positive Reputation des Fondsmanagements unerlässlich.
VC Magazin: Wie nehmen Sie die Zombieinvestoren – also Fonds, die kein neues Kapital einsammeln – im Markt wahr?
Goschin: Durch das schwierigere Fundraising-Umfeld in den letzten Jahren haben sich einige Fondsmanager dafür entschieden, keine neue Fondsgeneration mehr aufzulegen.
Das ist einerseits bedauerlich, da das Venture Capital-Ökosystem durch mehr Fonds an Attraktivität gewinnt. Andererseits gibt es auch Stimmen, die die marktbereinigenden Effekte hierbei hervorheben. Um das Ökosystem weiter zu beleben, haben wir – auch als einen Baustein des Zukunftsfonds – die sogenannte Emerging Manager Facility eingeführt, die insbesondere junge, divers aufgestellte Venture Capital-Fondsteams adressiert und damit das Entstehen neuer Wagniskapitalfonds fördert.

VC Magazin: Wie kann der Venture Capital-Markt auf der Exit-Seite attraktiver werden?
Goschin: Die Haltedauer der Portfoliounternehmen ist in Deutschland und Europa typischerweise sehr lang – daher wäre auch in Deutschland ein funktionierender Secondary-Markt wünschenswert. Dieses Marktsegment ist in den USA insbesondere durch eine Vielzahl von Secondary-Fonds bereits erfolgreich etabliert. Bei uns steckt das Thema leider noch in den Kinderschuhen. Ein funktionierender Secondary-Markt macht die Assetklasse Venture Capital für eine weitere Investorengruppe noch einmal attraktiver, da er einen zusätzlichen Exit-Kanal bietet und dadurch die Liquidität im Markt erhöht.
VC Magazin: Sie haben kürzlich erstmals einen ESG-Report veröffentlicht. Was sind für die Venture Capitalisten derzeit die größten Herausforderungen in Sachen ESG?
Goschin: Der Report war für uns ein Novum, wie auch das Thema ESG-Reporting im
Venture Capital-Markt relativ neu ist. Die Herausforderung für uns bestand daher zunächst
im quantitativen Sammeln und Auswerten relevanter ESG-Daten. Der Bericht schafft nun
zusätzliche Transparenz in den wichtigen Feldern Umwelt, Soziales und Governance. Im
Übrigen sind wir davon überzeugt, dass eine systematische Berücksichtigung von ESG
im Investmentprozess dabei hilft, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen beziehungsweise
zu vermeiden. Um die Venture Capital-Fonds dabei zu unterstützen, bieten wir seit vier Jahren gemeinsam mit unseren Partnern Venture ESG und der BMW Foundation Herbert
Quandt ein ESG-Trainingsprogramm an, was erfreulicherweise auf eine sehr positive Resonanz stößt.
VC Magazin: Mit den „VC-Academy-Events“ haben Sie ein beliebtes Weiterbildungsangebot geschaffen. Wie geht es mit der Reihe in diesem Jahr weiter?
Goschin: Die KfW Capital-VC-Academy gibt es nun im vierten Jahr und wir werden auch wieder jedes Quartal ein Event veranstalten. Wir verfolgen mit der Reihe zwei Ziele: Wir
wollen mit aktuellen Themen, zu denen wir Expertinnen und Experten einladen, zum
wichtigen Wissenstransfer im Venture Capital-Ökosystem beitragen. Das zweite Ziel:
Die VC-Academy ist längst auch zum Ort für Networking geworden, bei dem Politik mit
GPs und LPs und weiteren Interessierten zusammenkommen und sich informell zu wichtigen Themen rund um den Wagniskapitalmarkt austauschen können. Dieses Jahr
wird es Veranstaltungen etwa zu den Themen Life Sciences, Impact Investing und Venture
Education geben. Darüber hinaus erarbeiten wir derzeit mit der Frankfurt School und der
ESMT Berlin an einem gezielten Weiterbildungsangebot für institutionelle LPs mit dem
Ziel, durch mehr Wissen über wichtige Besonderheiten der Assetklasse Venture Capital
weitere Investoren für Wagniskapitalfonds zu erschließen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Über den Interviewpartner:
Dr. Jörg Goschin ist Vorsitzender der Geschäftsführung von KfW Capital. Der promovierte Wirtschaftsingenieur ist selbst Gründer und erfahrener Investment Professional.