Interview mit Dr. Dr. Roland Mittendorfer, Adcuram Group

Große Mengen an Dry Powder, der daraus resultierende Anlagedruck bei den Private Equity-Häusern und gleichzeitig ein breites Angebot an Fremdkapital zur Finanzierung von Akquisitionen haben in der letzten Zeit zu deutlich gestiegenen Kaufpreisen für Unternehmen gesorgt. Mitten in diese Gemengelage platzt die Ankündigung der Europäischen Zentralbank, die Rolle der Kreditinstitute im Buyout-Geschäft weiter regulieren zu wollen.

VC Magazin: Private Equity-Häuser sammelten in den letzten Monaten große Mengen Kapital ein. Wie wirkt sich der Dry Powder auf die Bewertungen im Buyout-Sektor aus?

Mittendorfer: Wir befinden uns seit einigen Jahren in einem Verkäufermarkt – zu viel Geld steht für zu wenig attraktive Assets zur Verfügung. Diese Situation ist im Buyout-Business besonders ausgeprägt, in dem weltweit über 500 Mrd. USD an sogenanntem Dry Powder auf Anlage wartet. Im Schnitt liegen die Bewertungen im europäischen Buyout-Markt bei rund 10x EBITDA und damit nahe dem Rekordniveau. Ähnliches gilt für die Akquisitionsfinanzierungen, die auf Basis Total Debt im europäischen Buyout-Markt im Schnitt knapp 5x EBITDA betragen. Was man auf der Käuferseite beklagt, wird aber auf der Verkäuferseite zum Vorteil.

VC Magazin: Gilt dies auch für den Bereich Special Situations?

Mittendorfer: Im Bereich Special Situation, in dem Adacuram tätig ist, zeigt sich ein ganz ähnliches Bild. Auch für weniger profitable Unternehmen muss man volle Preise zahlen. Richtig „preiswerte“ Unternehmen haben in der Regel ihre Gründe. Pointiert formuliert: Wer in Zeiten wie diesen kein Geld verdient, hat tiefer gehende Probleme oder gar ein nicht überlebensfähiges Business-Model.

VC Magazin: Welche Rolle spielen dabei die Akquisitionsfinanzierungen und das Niedrigzinsumfeld?

Mittendorfer: Das Niedrigzinsumfeld stützt die Konjunktur und die guten Bewertungen. Höhere Finanzierungsvolumina sind darstellbar, da die geringere Zinsbelastung in der Finanzierung mehr Raum für Tilgungen lässt. Unterstützt wird dies noch durch den harten Wettbewerb, den sich Banken und Private Debt-Fonds liefern. Da die Niedrigzinslandschaft und die gute Konjunktur aber nicht ewig andauern werden, sollten die Spielräume genutzt und Strukturen gewählt werden, die auch bei einem Abschwung noch „Luft zum Atmen“ lassen.

VC Magazin: Wer sind die wichtigsten Fremdkapitalgeber und wie hat sich die jeweilige Bedeutung in der letzten Zeit verändert?

Mittendorfer: Die Zurückhaltung der Banken bei Neufinanzierungen in den ersten Jahren nach der Finanzkrise haben Private Debt-Fonds genutzt, um sich als neue Anbietergruppe im europäischen Finanzierungsmarkt zu etablieren. Dies gilt ganz besonders für den M&A-Markt, und hier wiederum insbesondere für den Buyout-Markt. So erreichten Private Debt-Fonds vor zwei bis drei Jahren im deutschen LBO-Mark Anteile in der Akquisitionsfinanzierung von rund 25%. Die Banken haben aber in den letzten zwei Jahren Marktanteile zurückgewonnen, in dem sie deutlich aggressivere Finanzierungsstrukturen anbieten, mit zum Teil wieder endfälligen Strukturen und sehr lockeren Covenants. Private Debt-Fonds sind aber nach wie vor ein wesentlicher Wettbewerber der Banken und besonders stark bei der Finanzierung von Dividend Recaps und im Bereich Special Situations. Die endfälligen Finanzierungsstrukturen von Private Debt-Fonds machen gerade bei besonders hohem Investitionsbedarf und bei Buy and Build-Strategien Sinn, also bei signifikanten Ausgaben für Zukäufe.

VC Magazin: Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund den derzeitigen Finanzierungsmarkt für Special Situations?

Mittendorfer: In den letzten Jahren hat sich das Umfeld strukturell nicht grundlegend geändert. Generell ist auch hier ein finanzierungsfreundlicheres Umfeld festzustellen, auch wenn sich Banken bei risikotechnisch herausfordernden Themen immer schwer tun werden. Private Debt-Fonds und Asset-based-Finanzierer – also Factoring-Gesellschaften, Borrowing Base Lender und Sale and Leaseback-Anbieter – sind eine wesentliche Alternative, insbesondere wenn noch keine etablierte Hausbankbeziehung besteht. Dies ist z.B. bei Konzern Spin-offs häufig der Fall, wenn die Töchter bisher über den Mutterkonzern finanziert wurden. Während Asset-based-Finanzierer primär auf die Qualität des Anlage- bzw. Umlaufvermögens abstellen, kommt es bei Banken – wie auch bei den in der Praxis sehr wichtigen Kreditversicherern – und Private Debt-Fonds neben der Qualität des Unternehmens genauso auf die Einschätzung der Qualität des Investors an. Der sogenannte Track Record, die finanzielle und die personelle Ausstattung des Hauses und die vorhandenen operativen Fähigkeiten sind hier von überragender Bedeutung. Gute Investoren können Finanzierungen auch in Sondersituationen darstellen, weil man ihnen operativ zutraut, Unternehmen auch in anspruchsvollen Situationen wieder auf die Erfolgsspur zu bringen.

VC Magazin: Herr Dr. Dr. Mittendorfer, vielen Dank für das Interview.

 

Dr. Dr. Roland Mittendorfer ist Head of Finance der Adcuram Group AG und für die Akquisitionsfinanzierung der mittelständischen Industriegruppe sowie die Finanzierung aller Gruppenunternehmen verantwortlich.