„Wir möchten wirkungsvolle Impulse geben“

Interview mit Christian Futterlieb, VR Equitypartner

Sommerinterview mit Christian Futterlieb, Geschäftsführer der VR Equitypartner
Sommerinterview mit Christian Futterlieb, Geschäftsführer der VR Equitypartner

Bildnachweis: (c) brutkasten/VR Equitypartner.

Die Hochphase der Start-up-Investitionen hat bedingt durch die aktuellen Herausforderungen einen Dämpfer erhalten. Es ist Zeit für ein Fazit zum ersten Halbjahr und einen Blick nach vorn. In den Sommerinterviews erzählen Persönlichkeiten aus der Private Equity- und Venture Capital-Branche von Fundraising- und Investmenterfahrungen, schätzen den aktuellen Markt ein und berichten von ihren Erwartungen für das zweite Quartal.

VC Magazin: Der Ukraine-Krieg, die Inflation und Lieferengpässe sind aktuelle Herausforderungen, mit denen der Markt konfrontiert ist. Wie geht es Ihrem Portfolio?

Futterlieb: Die Lieferengpässe zählten schon vor dem Ukraine-Konflikt zum operativen Tagesgeschäft unserer mittelständischen Beteiligungsunternehmen. Die Unternehmen kommen damit zurecht und finden Lösungen, auch wenn es eine andauernde Belastung der Organisationen darstellt. Ein Vorteil ist auch, dass die Energiekosten bei dem überwiegenden Teil unserer Beteiligungen bis mindestens Ende 2022 noch zu vergleichsweise günstigen Kondition fixiert sind. Die deutlich gestiegenen sonstigen Inputpreise haben sich in diesem Jahr weitgehend an die Kunden weitergeben lassen, so dass es für unsere Unternehmen trotz der aktuellen Risikolage insgesamt gut aussieht. Erhebliche Sorgen machen wir uns allerdings mit Blick auf 2023 und die Folgejahre: Müsste man die sprunghaft gestiegenen Strom- und Gaspreise zu aktuellen Preisen für das kommende Jahr kontrahieren, dann hätte das für energieintensivere Unternehmen extrem belastende Auswirkungen. Hier gibt es noch keine Lösungen. Man darf das Thema Preisniveau für industrielle Kunden angesichts des starken Fokus auf die Versorgungssicherheit bei Gas nicht unterschätzen. Das kann zu relativ starken Wettbewerbsnachteilen gegenüber der internationalen Konkurrenz führen. Dazu kommen die Konsumentenzurückhaltung, signifikant angestiegene Zinsen und die damit verbundenen Rezessionsrisiken.

VC Magazin: Laut dem German Private Equity Barometer von KfW und BVK kühlt die Stimmung unter den Investoren weiter ab. Wie bewerten Sie die aktuelle Marktsituation im Private Equity-Umfeld?

Futterlieb: Der Markt hat sich angesichts der diversen Unsicherheiten überraschend lange sehr stabil gehalten. Bei Assets, die wenig Exposure zu den dargestellten Risiken haben, bleibt er nach wie vor funktionsfähig und auch sehr aktiv. Insgesamt sehen wir noch keinen signifikanten Rückgang des Dealflows aber bereits wesentliche Unsicherheiten und Verzögerungen in laufenden Projekten. Zudem sind die Akquisitionsfinanzierer deutlich zurückhaltender.

VC-Magazin: ESG ist nicht nur durch den Klimawandel ein allgegenwärtiges Thema. Inwiefern setzen Sie sich mit dem Thema auseinander?

Futterlieb: ESG ist für uns ein sehr wichtiges Thema, an dem wir intensiv arbeiten. Wir haben mit einer unternehmensinternen Task Force ESG-Aspekte in unsere Investitionsstrategie, unser Wertekonzept und unsere Arbeitsprozesse eingearbeitet. So wird ESG ein fester Bestandteil des Strategieentwicklungsprozesses auf allen Ebenen werden. Uns ist wichtig, mit unserer Arbeit wirkungsvolle Impulse zu geben aber auch verantwortungsvoll und realistisch mit dem Thema umzugehen. Für den Erfolg ist es entscheidend, nachhaltige Transformationsprozesse anzustoßen aber auch Menschen und Organisationen inhaltlich und mit realistischem Erwartungs- und Zeithorizont mitzunehmen.

VC Magazin: Welche Erwartungen hinsichtlich der Investmenttätigkeiten im Private Equity-Segment haben Sie für die zweite Jahreshälfte?

Futterlieb: Die Vielfalt der aktuellen Themen machen die Bewertung von Neuinvestments zunehmend schwerer. Aktuelle Unternehmenszahlen sind durch Auswirkungen von Coronanachholeffekten, Preiseffekten aber auch aufgrund des Aufbaus von Vorratsbeständen wesentlich beeinflusst. Dazu kommt häufig die Unsicherheit, mit welchen Energiekosten das Akquisitionsobjekt ins nächste Jahr startet. Dies erschwert die Ableitung eines nachhaltigen Cashflows wesentlich. Wir gehen mithin insgesamt eher von einer steigenden Zurückhaltung der Marktteilnehmer aus. Allerdings bietet der Mittelstand genug Geschäftsmodelle, die von den umfangreichen Transformationsprozessen der kommenden Jahre nachhaltig profitieren werden und die auch in schwierigen Zeiten spannende Investments darstellen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zum Interviewpartner:

Christian Futterlieb ist Managing Partner und Geschäftsführer bei der Frankfurter Beteiligungsgesellschaft VR Equitypartner und verantwortlich für Akquisition und Wertsteigerung von Direktbeteiligungen/Mezzanine-Finanzierungen.