Interview mit Jürgen Böhm und Jürgen Gallmann, Business Angels, und Dr. Marcus Gulder, BayBG

VC Magazin: Sie haben in evidanza und HolidayInsider zusammen mit der BayBG investiert. Welche Vorteile sehen Sie in der Kooperation mit einem institutionellen Investor?

Gallmann: Ich bringe sicher jede Menge unternehmerische und Managementerfahrung mit, aber ich bin kein Finanzierungs- und kein Rechtsexperte. Deswegen bin ich froh um einen Partner, der diese Seite des Start-up-Geschäfts beherrscht. Ich sehe die gemeinsame Investition mit der BayBG als Arbeitsteilung zwischen Spezialisten.
Böhm: Es ist einfach hilfreich, wenn ein Partner da ist, der Wert auf andere Aspekte legt, als man es selbst tut. Das ergänzt sich meist sehr gut. Für HolidayInsider haben wir zudem bewusst einen Investor wie die BayBG gesucht, der einen langfristigen Finanzierungshorizont mitbringt, weil kein exitgetriebener Fonds dahintersteht. Wir wollten außerdem einen lokalen Partner an Bord holen, der vor Ort ansässig ist und als Sparringspartner für das Unternehmen zur Verfügung steht.

VC Magazin: Wie läuft die Zusammenarbeit mit der BayBG in der Praxis ab?

Gallmann: Wir sitzen gemeinsam im Aufsichtsrat der evidanza AG. Wir tauschen uns regelmäßig telefonisch über aktuelle Entwicklungen aus und treffen uns mehrfach im Jahr auch persönlich zu Aufsichtsratssitzungen und Investorenmeetings. Wir haben 2012 auch ein mögliches weiteres Investment gemeinsam geprüft und uns dann doch gegen ein Investment entscheiden müssen. Das war trotzdem eine sehr gute und effiziente Zusammenarbeit in der Due Diligence: die BayBG hat eine Menge Expertise und tiefes Verständnis für die benötigte Finanzierung mitgebracht und diese strukturiert. Ich habe mich auf die Beurteilung der Software-Produkte, deren geplante Weiterentwicklung und die geplante Vertriebsstrategie konzentriert.
Böhm: Ich empfinde die Zusammenarbeit als sehr positiv und unterstützend. Ich kann mich auf die Themen konzentrieren, bei denen ich die Unternehmen mit meiner Erfahrung weiterentwickeln kann und die mir Spaß machen. Natürlich können Venture-Investor und Business Angel auch mal unterschiedlicher Meinung sein, und es kann auch einmal zum Streit kommen, aber dann findet man im Interesse des gemeinsamen Investments vernünftige Kompromisse und arbeitet danach weiter gut zusammen.
Gulder: Wir betrachten die Zusammenarbeit mit Business Angels ebenfalls als Arbeitsteilung und Ergänzung der jeweiligen Kompetenzen. Wir machen im Neugeschäft und im Portfolio mehr als zehn Finanzierungsrunden im Jahr und verfügen daher über eine große Transaktionserfahrung. Wir kümmern uns generell um die Strukturierung von Finanzierungsrunden inklusive Optionsprogrammen für das Management und unterstützen die Firmen z.B. auch beim Einwerben von Fördermitteln und Fremdfinanzierungen. Die Angels wiederum bringen ihre Branchen- und Marktexpertise ein. Diese Kompetenzen ergänzen sich schon vor dem Abschluss einer Beteiligung beispielsweise bei der Due Diligence, vor allem aber natürlich später in der operativen Begleitung des Unternehmens. Die strategischen Fragestellungen diskutieren und entscheiden wir gemeinsam mit dem Management.

VC Magazin: Herr Gulder, welche Rolle spielen Business Angels als Co-Investoren für die BayBG?

Gulder: Gerade in den vergangenen drei Jahren hat ihre Bedeutung enorm zugenommen. Noch vor vier Jahren war ein gemeinsames Investment mit einem Business Angel bei uns die Ausnahme. 2012 haben wir vier unserer fünf neuen Beteiligungen an der Seite eines Privatinvestors abgeschlossen. Der Trend ist klar: Klassische Venture Capital-Fonds ziehen sich insbesondere in den frühen Unternehmensphasen immer mehr zurück. Gleichzeitig ist es gerade in der Internetbranche möglich, bereits mit vergleichsweise kleinem finanziellem Einsatz Geschäftsmodelle zum Laufen zu bringen und damit bieten sich interessante Investitionsmöglichkeiten für Business Angels. Business Angels sind in den letzten Jahren für die Seed- und Start-up-Finanzierung ein wichtiger Finanzierungsbaustein geworden. Neben dem bereitgestellten Kapital sind die von den Privatinvestoren eingebrachte unternehmerische Erfahrung und ihre Netzwerke für die jungen Unternehmen besonders wertvoll. Nicht zuletzt ist es auch für unsere eigene Investmententscheidung ein wichtiges Signal, wenn sich ein branchenerfahrener Business Angel und Fachexperte mit uns an einem jungen Unternehmen beteiligt und damit die Umsetzbarkeit des Geschäftsmodells für realistisch hält.