„Nur gemeinsam können wir etwas bewirken“

Interview mit Nico Rosberg

Interview mit Nico Rosberg
Interview mit Nico Rosberg

Bildnachweis: © Tom Ziora.

Früher war Nico Rosberg für schnelle Runden auf dem Hockenheimring, in Monte Carlo oder Spa bekannt. Nach seinem Rücktritt ist der ­ehemalige Formel-1-Weltmeister unter anderem als Investor, Juror bei der „Höhle der Löwen“ und Festival-Mitveranstalter aktiv.
VC Magazin: Mobilität, nachhaltige Konzepte, Mode et cetera – worauf liegt Ihr aktueller Investitionsfokus?

Rosberg: Ich investiere in Firmen und Fonds, die neben dem kommerziellen auch den gesellschaftlichen Gewinn im Blick ­haben. Das sind vor allem Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit. Dazu gehören natürlich nachhaltige Mobilitätskonzepte aus dem Bereich der E-Mobilität, aber auch umweltfreund­liche Baustoffe, Energieträger oder biologische ­Nahrungsmittel. Ich bin beispielsweise in ein Start-up namens nu company inves­tiert, das vegane Schokoriegel herstellt. Vom Gewinn werden soziale Projekte und Aufforstungen finanziert. Mich ­interessiert bei meinen Investments immer auch, wie sie die Welt besser machen. Dies ist auch im Bereich Mode und Kosmetik unheimlich spannend. Hier tut sich ja gerade jetzt unheimlich viel.

VC Magazin: Investieren Sie bevorzugt allein oder auch in Konsortien?
Rosberg: Gemeinsam kommt man weiter – deswegen investiere ich häufig gemeinsam mit anderen Investoren in Unternehmen. Jeder hat andere Erfahrungen, Fähigkeiten und Kontakte. Wenn man sich zusammenschließt, kann man auf einem ganz anderen Level weiterkommen als allein.

VC Magazin: Wie gehen Sie bei der Auswahl der Targets vor? Wer berät Sie beim Sourcing und im Beteiligungsprozess?
Rosberg: Ich habe ein Team von erstklassigen Beratern, die mir in solchen Sachen den Weg weisen. Die grobe Auswahl gebe ich vor, teile meine Interessen mit oder was mich genau anspricht. Oft stolpere ich im Internet über spannende Projekte. Und ­natürlich hilft auch mein Greentech Festival ungemein, auf dem wir jährlich die innovativsten Start-ups und Unternehmen aus dem Bereich der Nachhaltigkeit präsentieren und küren.

VC Magazin: Beeinflussen die Corona-Pandemie und ihre Herausforderungen Ihre Investitionsstrategie?
Rosberg: Natürlich ist es gerade eine besondere Zeit, die besondere Herausforderungen mit sich bringt. Aber als Investor birgt jede Krise auch eine Chance. Ich bin der festen Überzeugung, dass gerade nachhaltig orientierte Unternehmen, die einen ­Fokus auf wertebasierte Strategien legen, langfristig gestärkt aus der Krise hervorgehen. Deshalb versuche ich mit Mut, posi­tive Veränderungen voranzutreiben.

VC Magazin: Wissenschaftler sind sich einig, dass Investments, die neben finanziellen Erträgen auch positive soziale und ökologische Wirkung erzielen, ganz erheblich zu einer globalen Transformation beitragen könnten. Wie viel Veränderungswille steckt in Ihrer Strategie?
Rosberg: In der Wirtschaft wird sehr viel Kapital bewegt. Durch globale Kooperation und den Einfluss von starken Marken kann man enorm viele Menschen inspirieren. Wenn wir deutlich ­machen können, dass Gewinn auch bedeutet, dass wir positive Werte schaffen und die Welt zu einem besseren Ort machen, dann schaffen wir es, eine neue Art des Kapitalismus aufzu­zeigen. Einen, der von gemeinsamen Werten geprägt ist und dem Willen, etwas zu verändern. Natürlich bedeutet das eine Disruption. Das sieht man gerade im Bereich der Mobilität. Mein persönlicher Schwerpunkt liegt auf zukunftsorientierten Technologien, die einen nachhaltigen Lebensstil fördern. Ich glaube, wir müssen uns auf die Innovationskraft und die Möglichkeiten konzentrieren, die uns neue Technologien bieten, um zum Beispiel Emissionen zu reduzieren, Energie zu sparen und Abfall zu vermeiden. Ein globales Wertebewusstsein hilft total dabei, Akzeptanz für solche Technologien zu bekommen.

VC Magazin: Sie hatten ins Auge gefasst, eine Stiftung zu gründen – welchen Schwerpunkt würde die Stiftung haben?
Rosberg: Ganz klar: nachhaltige Projekte in der ganzen Welt zu unterstützen und den Klimawandel zu bekämpfen, finanziert durch Beteiligungen an Unternehmen, die ihrerseits für positiven Wan­del einstehen. Auch durch meine Jurorenrolle bei „Die Höhle der Löwen” bekomme ich mit, was es für geniale Unternehmen gibt, denen es meist jedoch an finanzieller Unterstützung fehlt. Es ist einfach spannend, zu sehen, mit welchen Erfindungen oder Services man der Menschheit in Sachen Nachhaltigkeit weiterhelfen kann. Daher würde ich gerne solchen Firmen helfen und sie mit einer Stiftung unterstützen.

VC Magazin: Stiftungen und öffentliche Einrichtungen legen ihre Gelder, trotz schlechter Verzinsung, noch immer sehr traditionell an; das Misstrauen gegenüber neuen Modellen ist groß. Bieten Impact Investing oder die Beteiligung an nachhaltigen Unternehmen in Ihren Augen eine Lösung?
Rosberg: Sicher birgt dies ein viel größeres Risiko als traditionelle Anlagemodelle. Und gerade Stiftungen trifft bei dem Umgang mit ihren Geldern eine besondere Verantwortung, da sie viele Pro­jekte unterstützen, die auf ihre Hilfen angewiesen sind. Ich glaube dennoch, dass man mit einer smarten Anlagestrategie beides machen kann: gewinnbringend investieren und Gutes tun.

VC Magazin: Haben Sie einen Vorschlag, um diesem Dilemma zu entkommen?
Rosberg: Sicher ist wie überall ein diversifiziertes Portfolio mit einer breiten Streuung eine gute Wahl. Aber auch bei den Impact Investments gibt es ja viele langfristig sichere Möglichkeiten, nachhaltige Projekte zu fördern, zum Beispiel durch ETFs oder Impact-Fonds. Ich bin z.B. an Future Positive Capital beteiligt. Da geht es darum, europäische Deep-Tech-Unternehmen zu finan­zieren und sich mithilfe von künstlicher Intelligenz, Robotik, synthetischer Biologie, Genetik und anderen Technologien mit der nachhaltigen Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung, der Bekämpfung des Klimawandels und dem Umgang mit einer alternden Bevölkerung zu befassen.

VC Magazin: Sie sind seit 2019 auch am Greentech Festival beteiligt. Neben der Verleihung der Green Awards treffen sich Vordenker und Wirtschaftsgrößen, um gemeinsam zu diskutieren. Welche Ergebnisse können solche Veranstaltungen erzielen?
Rosberg: Generell geht es beim Greentech Festival darum, dass sich Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler sowie andere einflussreiche Persönlichkeiten vernetzen können. Das bringt einen Wissenstransfer, Austausch und vor allem die Inspiration, gemeinsam etwas zu bewegen. Gerade Unternehmen profitieren ungemein von dieser Plattform. Auf dem Greentech Festival zeigen wir die innovativsten nachhaltigen Technologien sowie Produkte und dass ein grüner Lifestyle nicht mit Verzicht und Ideologie verbunden ist, sondern total cool und faszinierend sein kann. Allgemein ist es mir extrem wichtig, dass wir so viele Leute, wie nur möglich auf die aktuelle Situation aufmerksam machen – denn nur gemeinsam können wir etwas bewirken und schließlich auch etwas verändern. Es ist für mich super inte­ressant, andere Meinungen zu hören, zu sehen, wie andere das Thema angehen. Ich lerne unheimlich gerne, und gemeinsame Diskussionen tragen natürlich dazu bei.

VC Magazin: Welche weiteren Personen zum Beispiel aus Wirtschaft und Sport würden Sie in diesem Bereich künftig gerne mitwirken ­sehen?
Rosberg: So viele wie nur erdenklich möglich! Bei unserem Greentech Festival haben wir immer eine äußerst interessante, breit gefächerte Auswahl an Personen aus Wirtschaft, Sport und dem öffentlichen Leben. 2020 hatten wir zum Beispiel Ursula von der Leyen, Robert Redford, Jane Goodall, Sting, Stefanie Giesinger oder André Schürrle dabei. Jedes Jahr bekommen wir mehr Aufmerksamkeit und erreichen somit auch immer mehr Leute. Die virtuelle Konferenz zog mehr als eine Mio. ­aktive Zuschauer an und erreichte weltweit über eine Mrd. Menschen, was mich natürlich sehr stolz macht.

VC Magazin: Herr Rosberg, haben Sie herzlichen Dank für das ­Interview.

Nico Rosberg war von 2006 bis 2016 Formel-1-Rennfahrer. Wenige Tage nach dem Gewinn des Weltmeistertitels beendete er 2016 seine ­Karriere. Heute ist er Nachhaltigkeitsunternehmer, Juror bei der „Höhle der Löwen“ und einer der Macher hinter dem Greentech Festival.

Das Interview führte Bettina Model. Sie berät seit 2019 mit Ihrer ­eigenen Agentur Unternehmen und Menschen, die Ihre Kom­munikation und Ihr Netzwerk verändern oder optimieren wollen. www.bmcommunication.de